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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Hüften gegürtet. Er blieb im Halbdunkel stehen, um die Nachfolgenden vorzulassen. Es war eine schöne Frau, das Gesicht nur zur Hälfte von einem Schleier gegen den Staub verdeckt, dicht gefolgt von einem hochgewachsenen Ritter in leichter Rüstung, einem Lederkoller, wie ihn die ägyptischen Mamelucken tragen.
    Trotz des schwarzen, tief in die Stirn gezogenen Turbans erkannte ich den edlen Sohn der Wüste sofort: der Rote Falke! Ritter des unvergessenen Kaisers Friedrich und Sohn des legendären Großwesirs von Kairo!
    »Welche Freude!«, rief ich erleichtert. »AI tahryat aleikum, Fassr ed-Din!«
    Die kühne Frau an seiner Seite war Madulain, Prinzessin der Saratz, der heute noch meines Herzens nie erloschene Zuneigung gilt, wenn auch längstens in geziemender sublimatio tief gefühlter Verehrung! Ich stellte den beiden meine Gefährten vor, die äußerst erleichtert waren, in den Ankömmlingen nichts Bedrohlicheres als alte Freunde ihres umtriebigen William zu finden. Der Knabe hieß Ali. Später erfuhren wir, dass er der Sohn des gestürzten Sultans

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    von Kairo war, der seiner Heimat hatte entfliehen müssen. Es stellte sich bald heraus, dass sowohl David, unser einarmiger Templer, als auch Jalal al-Sufi den Emir kannten, der eine als >Konstanz von Selinunt<, mit Verleihung dieses Prinzentitels vom großen Staufer dereinst zum Ritter geschlagen, der andere unter dem bekannteren nom de guerre >Roter Falke<. Selbst Joshua erinnerte sich, ihm schon mal begegnet zu sein.
    Madulain in ihrer resoluten Art bewirkte schnell, dass unser Patron, der Zimmermann, hinabstieg, um aus dem besten Fass des Patriarchen einen besonders köstlichen Tropfen zu zapfen, während Jalal al-Sufi unsere Becher ausspülte, mit dem heiligen Schwur, dass dies das letzte Wasser sein sollte, mit dem wir heute in Berührung kämen.
    »Oh, Träger des göttlichen Trankes«, begrüßte er den die Treppe hinaufächzenden Joshua, »Vertreiber der Nüchternheit, Wasser reinigt, stillt den Durst des Leibes«, summte er beglückt vor sich hin, »doch nur Wein erquickt die Seele, erfüllt sie mit Liebe - «
    Der Rote Falke hatte inzwischen Platz genommen. Ich wunderte mich, dass er den jungen Ali als Stiefelknecht benutzte, um seine Füße vom staubigen Schuhwerk der Reise zu befreien. Der Knabe bediente ihn mit ausdrucksloser Miene, schielte allerdings zu Madulain hinüber, die sich rasch abwandte, als sie meinen forschenden Blick wahrnahm.
    Ich berichtete dem Emir, welche Gerüchte uns über das Schicksal von Roc und Yeza zu Ohren gekommen waren, wusste ich doch, dass er einst zu den ersten Hütern der »Kinder des Gral< gezählt hatte, die dereinst unter Einsatz ihres Lebens das Königliche Paar aus dem Montsegur retteten, in der Nacht bevor die Gralsburg von ihren Feinden erobert wurde, - schließlich war der tumbe, völlig ahnungslose Franziskanermönch William von Roebruk damals mit dabei gewesen.
    Ich verschwieg auch nicht, dass uns Zweifel plagten, was wir von diesem Hörensagen halten, wie wir uns verhalten sollten. Zu unser aller Erstaunen warf sich der Rote Falke sogleich zum glühenden Fürsprech der Königlichen Kinder auf, verlangte von uns -es klang wie ein militärischer Befehl -, wir sollten auf der Stelle 63
    alles stehen und liegen lassen! Unser Zaudern sei ihm unverständlich, wandte er sich an sein Weib, das nur Augen für den jungen Ali hatte, ihrem Mann aber sofort zustimmte. Mich hingegen fragte er barsch, wieso wir hier noch untätig unsere Zeit vertäten, anstatt uns längstens auf die Suche gemacht zu haben? Von meinen Gefährten fielen der Zimmermann und David der Templer in betroffenes Schweigen, während Jalal al-Sufi so tat, als ginge ihn das alles nichts an, dabei hatte er meine Neuigkeiten doch als Erster begeistert aufgenommen.
    Wenigstens erließ der Derwisch uns, jetzt einem weiteren Rumi lauschen zu müssen. Ali, den ich die ganze Zeit über genau im Auge behielt - törichte Alterseifersucht! -, hing an den Lippen des Roten Falken, kaum dass die Namen von Roc und Yeza gefallen waren. Sein Blick hatte etwas von einem Reptil. Mir war er unangenehm.
    Nachdem der Emir praktisch das Kommando übernommen hatte, fügte sich unsere kleine Schar seiner Führung: Jahwe und dem Suff ergeben der Zimmermann, obgleich unser nun bevorstehender Auszug ihn für lange Zeit von den lieb gewordenen Fässlein des Patriarchen fern halten würde. Mit militärischem Gehorsam, den er so lange hatte vermissen müssen, David der einarmige

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