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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Benutzung den langwierigen Marsch erheblich erleichtert hätte, führte allerdings wenige Meilen weiter südlich über die sagenumwobene Stadt Palmyra. Doch dort herrschte eine Sekte fanatischer Derwische, Freunde der Sundchak sowieso verhassten Assassinen, außerdem galten sie allen Fremden gegenüber als unfreundlich, wenn nicht feindlich eingestellt. Ihre Macht stützte sich auf kriegerische Beduinenstämme in der Umgebung, und ein Brechen ihres Widerstands hätte einen längeren Krieg bedeutet. Den durfte sich der General schon aus Zeitgründen nicht aufzwingen lassen. Sein Auftrag lautete, schnellstmöglich den Emir von Mayyafaraqin seiner gerechten Bestrafung zuzuführen. Also hatte Sundchak zähneknirschend den unbequemen Weg querfeldein gewählt.
    Yves der Bretone gab zu der Entscheidung keine Stellungnahme ab. Für ihn galt nur das Ziel, das er sich gesetzt hatte, der Weg dorthin war ihm ziemlich gleichgültig, solange nicht blanke Unvernunft ihn bestimmte. So schwieg er verbindlich, hielt aber seine Augen offen.
    Insgeheim war Sundchak nicht unglücklich über den ihm aufgezwungenen Begleiter. Diese Franken verfügten über eine jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit diesen Beduinen, Türken oder Arabern, wussten, wie man sie zu behandeln hatte oder wie man sie sich vom Leibe hielt.
    Der Bretone hingegen musste sich immer wieder über die fast kindlichen Vorstellungen seiner Gastgeber wundern - Bulldogge Sundchak allen voran! -, die da allen Ernstes meinten, dass die unterworfenen Muslime nichts sehnlicher erhofften, als die Einführung der pax Mongolica in ihren Ländern - anstelle der Lehre des Propheten! Den Mongolen waren deren Aufsässigkeit beziehungsweise unzuverlässigen Bündnisse völlig fremd, ja unverständlich. So beriet sich der mongolische General, ohne seine Befehlsgewalt aufzugeben, zunehmend mit Yves, seinem unliebsamen Begleiter.

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    Khazar, den Neffen seines Oberbefehlshabers, hingegen schloss Sundchak bewusst von solchen Besprechungen aus. Der junge Mann sollte ihm weder in die Karten schauen dürfen noch seinem Onkel Wesentliches über die Vorgehensweise seines Generals berichten können.
    Das nächste Etappenziel stellte zweifellos das Erreichen des Euphrat dar. Darüber waren sich beide derart einig, als sie spätabends im besten Einvernehmen auseinander gingen, sie hatten getrunken, dass Sundchak den Franken im Scherz zum Vize-General ernannte. Yves lächelte nur, und sie begaben sich zur angesagten Nachtruhe.
    Yves der Bretone lagerte wie immer abseits und so, dass er die verglimmenden Feuer der Mongolen im Auge behielt, auch wenn er auf diese Weise sich außerhalb der Ronde befand. Der Bretone verließ sich mehr auf seinen leichten Schlaf als auf die Wachsamkeit der eingeteilten Posten.
    Yves lag noch lange wach. Seine Gedanken durcheilten das Land, das vor ihnen lag, Wüste, mächtige Flüsse und schließlich das unwirtliche Gebirge. Die Tatsache, dass Roc und Yeza bisher niemandem nachweislich zu Gesicht gekommen waren, sprach sehr für die unüberschaubaren Felstäler Kurdistans. Hier musste das Königliche Paar sich nicht einmal verstecken, sondern wurde von der schroffen Wildnis selbst vor Ausschau haltenden Augen im Verborgenen gehalten.
    Yves dachte noch über die Schlüssigkeit seiner Gedankenkette nach, als er hinter sich ein leises Knacken vernahm. Seine Hand tastete nicht zu seinem Langschwert, sondern zum kurzen Dolch in seinem Stiefelschaft.
    Langsam krümmte er den Rücken und zog das Bein an. Der Unsichtbare hinter ihm verharrte, Yves konnte seinen Atem hören, und der verriet weit mehr Angst als Angriffslust - und außerdem die genaue Position des Mannes. Der Bretone schnellte hoch wie ein Python, seine langen Arme stießen vor und schlangen sich unerbittlich um den Hals des Unglücklichen. Sein klammernder Griff zwang den Schleicher in die Knie, gleichzeitig seinen Kiefer so weit auseinander, dass er angstvoll keuchen konnte:

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    »Naiman!«, stieß er gepresst hervor. »Ich bin Naiman«, würgte er verschwörerisch hinzu, »im Dienst des Sultans von Kairo.« Yves lockerte den Griff nur so weit, dass er mit der anderen Hand den Dolch an die Kehle des bekannten Agenten setzen konnte. Der schmächtige Naiman begann zu schlottern. »Die Kinder«, stieß er hervor,
    »ich kann Euch verraten, Herr Yves, wo Ihr das Königliche Paar finden könnt - «
    Der Druck von Yves' kräftiger Hand ließ nach, aber die Klinge presste sich kalt gegen die Halsschlagader. »Und

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