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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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wozu begebt Ihr Euch in Gefahr, um mich dies wissen zu lassen? «
    Naiman stöhnte in Todesangst und flüsterte dann mit dem Mut eines Verzweifelten: »Damit Ihr die beiden umbringen könnt!« Da der Dolch sich nicht rührte zum raschen Schnitt, setzte er frech hinzu: »Das ist doch Euer heimliches Ziel, Bretone, sonst wärt Ihr ja wohl kaum mit von der Partie!«
    Der Preis für seine unverschämte Unterstellung war, dass sich die Hand des Bretonen verkrampfte, Naiman bekam kaum noch Luft. Yves ließ den Wicht zappeln, außer sich vor Zorn, doch er bezwang sich.
    »Nehmt an, eine solche Tat zu vollbringen sei mein Begehr«, sagte der Bretone bedächtig, »warum sollte ich Euch zum Mitwisser haben?!«
    Das Schlottern Naimans nahm wieder zu, bis zur Erbärmlichkeit. »Um den Preis meiner Unversehrtheit - «
    Yves lachte bitter. »Was außer Hinkebein und Schielauge könnte man Euch noch zufügen?!«
    »Lasst mich mit meinen Gebrechen leben, das ist der Strafe genug«, seufzte Naiman Mitleid heischend. »Ich vertraue Eurer Ritterlichkeit gegenüber Krüppeln und Schwachen, und so geb' ich Euch den geheimen Ort bekannt, in dessen nächstem Umkreis Ihr Roc und Yeza finden könnt - «
    »Ich warne Euch, Naiman, ich bin weder Ritter noch Mörder!«
    Der Agent des Sultans fühlte sich jetzt seinem Ziel nahe. »Es ist die Burg Mard' Hazab!«, brachte er seine sich selbst gestellte Aufgabe stolz zum Abschluss.
    »Geht zum Teufel!«, sprach der Bretone, der seine Ruhe wie-

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    dergefunden hatte. Mit einem kräftigen Fußtritt beförderte er den windigen Naiman ins Dunkel zurück, aus dem er gekommen. Nicht ohne Genuss vernahm er am Scheppern der Steine, dass der Kerl sich nicht auf den Beinen hatte halten können, er lauschte dem sich entfernenden Schlurfen. Die mongolischen Wachen hatten von dem Zwischenfall nichts mitbekommen.
    Yves legte sich nicht wieder schlafen, sondern hockte grübelnd in der Dunkelheit. Mard' Hazab! Damit waren R05 und Yeza zwar so gut wie gefunden, befanden sich aber gleichzeitig in größter Gefahr. Denn eines würde Sundchak sich nicht ausreden lassen: seinen erhaltenen Freibrief zur Liquidierung aller männlichen und weiblichen Bewohner der Burg nicht voll auszunutzen. Und wenn das Königliche Paar tatsächlich auf Mard'
    Hazab Zuflucht gesucht haben oder in Gefangenschaft geraten sein sollte, würde dieser tüchtige General mit größter Genugtuung beide Augen zudrücken, nicht um Roc und Yeza zu retten, sondern um sie - ein Versehen! -
    flugs mit allen anderen über die Klinge springen zu lassen. Die Vollmacht, die Sundchak erhalten hatte, musste außer Kraft gesetzt werden! Das konnte nur eine Gegenorder Kitboghas.
    Yves schlich sich zum Schlafplatz von Khazar und weckte ihn, ihm gleich die Hand auf den Mund legend.
    »Du musst auf der Stelle zum Hauptheer zurückreiten und deinem Onkel ausrichten, das Königliche Paar wird auf einer Burg namens Mard' Hazab gefangen gehalten, der allgemeine Tötungsbefehl muss sofort ausgesetzt werden. Das soll er dir schriftlich geben, gerichtet an seinen General Sundchak!«
    Khazar hatte leuchtenden Auges zugehört, aber mit der Erwähnung des Generals kamen ihm Bedenken. »Wie soll ich mich unerlaubt von der Truppe entfernen? «
    »Das nehm ich auf meine Kappe«, erklärte Yves mit fester Stimme, dabei war ihm klar, dass er den jungen Mongolen in größte Schwierigkeiten bringen konnte. Aber es blieb ihm keine Wahl. Khazar wusste um die besondere Stellung des Bretonen und war stolz, von ihm für diese wichtige Mission erwählt zu sein. Yves geleitete ihn selbst zum Hauptmann der Wachen und befahl, dass

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    man Khazar das beste Pferd geben sollte. Dann schickte er den stämmigen Burschen los.
    Am frühen Morgen, bevor noch von den Wachen Meldung gemacht werden konnte, betrat Yves das Zelt des Generals, der sofort schlaftrunken von seinem Lager auffuhr.
    »Ich habe heute Nacht von meinen Befugnissen als Vize-General Gebrauch gemacht - « Sundchak grummelte sein Missfallen schlecht verbergend, was Yves nicht aufhielt. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass der Emir von Mayyafaraqin uns am Tigris mit großem Truppenaufgebot einen Hinterhalt legen will«, phantasierte der Bretone, entgegen seiner sonstigen, eher einsilbigen Art, wild drauflos. »Ich habe daher einen Boten zum Hauptlager zurückgeschickt, damit der Atabeg von Mossul, der sich in unserem Gewahrsam befindet, Anweisung an seine Leute gibt, uns mit dem notwendigen Material zu versorgen, um an anderer

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