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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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des weiteren Schreibens enthält, als habe er sich die schmutzigen Finger gequetscht und verbrannt!«
    »Eure Vorstellungen vom Wirken der Heiligen Inquisition sind immer noch von Daumenschrauben und
    Scheiterhaufen geprägt!«, schlug der streitbare Beichtvater zurück, »doch will ich der Kirche noch einmal zu Gefallen sein!« Er legte eine Pause ein. »Ist dieser Auftrag jedoch erledigt«, sagte er leise, »entbindet Ihr mich meines Gelübdes?! Den Rest meines Lebens will ich als Ritter bestreiten, mit dem Schwert in der Hand!«
    Das sonderliche Angebot schien dem Patriarchen überlegenswert, zumindest des Versuchs einer kleinen Erpressung. »Da ist dann noch diese Ketzerbrut!«, brach eine wohl lang angestaute Gehässigkeit hervor. »Diese verdammten Kinder des Gral müssen beseitigt werden, ehe sie die Herrschaft Satans in Gottes eigenem Land errichten, auf dem heiligen Boden, den der Fuß unseres Herrn Jesus Christus berührte! Sie müssen verschwinden, oder der Leib des Heilands findet keine Ruhe mehr in seinem Grabe!«
    Diesmal zog sich das Schweigen noch länger hin. »Dafür besorgt Euch jemand anderen!«, sagte dann Guy de Muret. »Ich bin kein Assassine - und selbst auf die Gefahr hin, dass Ihr mir
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    die Exkommunikation androht, bin ich nicht gewillt, mein neues Leben als Meuchelmörder zu beginnen, meine Ehre als Ritter zu besudeln!«
    »Noch seid Ihr keiner!«, fauchte Jakob Pantaleon.
    »Ihr irrt, Monsignore, aufgrund meiner noblen Herkunft bin ich es immer schon gewesen! Das könnt Ihr mir nicht nehmen!«
    Der Patriarch lenkte ein. »Chronik gegen -?« Er verstummte, bevor er sein Angebot formuliert hatte, denn im Refektorium, wo die beiden saßen, wurden fremde Stimmen laut, offensichtlich waren neue Gäste eingetroffen.
    Ich hatte eigentlich genug gehört, meine Beine drohten mir einzuschlafen. Ich wünschte, Gundolyn oder der Mohr würden mich jetzt wieder runterlassen, aber anscheinend hatten sie mich vergessen - oder waren anderweitig beschäftigt. Wütend - laut werden durfte ich ja nicht - rüttelte ich an dem Seil, dass der Bottich mit mir tanzte, aber niemand kümmerte sich um mich und mein übles Los.
    Der Patriarch und sein unwilliger Inquisitor hatten sich erhoben, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Das Stimmengemurmel entfernte sich. Ich trat im Bottich von einem Bein aufs andere. Ich schlug mit der Faust an die Holzwand, an das Eisengitter über meinem Kopf. Plötzlich, ich hatte schon jegliche Hoffnung aufgegeben, setzte sich mein Gefährt ruckartig in Bewegung. Ich glitt abwärts, dem Weinkeller entgegen, wo sicher die liebe Gundolyn und mein guter Mohr meiner harrten, denn ohne ihre Hilfe konnte ich mich ja nicht aus dem vergitterten Bottich befreien. Langsam senkte sich das hölzerne Gefäß im Schacht durch die Decke des Gewölbes, doch dann sah ich keinen von den beiden auf mich warten, keine Spur! Und das Schlimmste war: Der Bottich hielt nicht inne in seiner Abwärtsbewegung. Ich wollte schreien, aber eine entsetzliche Angst schnürte mir die Kehle zu - Stück für Stück versank ich in der Tiefe, völliges Dunkel umfing mich in der Enge feuchten Mauerwerks. Zitternd vor Furcht lauschte ich wenigstens auf irgendein Geräusch - außer dem trockenen Knarzen des Seils, an dem ich herabgelassen wurde. Unsichtbare Fäuste schienen es zu bedienen, dann vernahm ich unter mir das leise Plätschern
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    von Wasser - ein unterirdischer Saal tat sich zu meinen Füßen auf, kreisrund, an seinen Wänden blafften Fackeln ringsherum und tauchten den Raum in flackerndes Licht, steinerne Sitzbänke waren im Schatten der Nischen zwischen den Säulen erkennbar. Mein Bottich kam zum Stillstand. Ich baumelte nur einen Fuß hoch über dem Wasserspiegel des unterirdischen Quells, der als Brunnen gefasst sich inmitten des Raumes erhob. Keine Menschenseele ließ sich sehen, nur die gespenstischen Schatten der flackernden Fackeln huschten über die Wände. So konnte ich mir den Vorraum zur Hölle vorstellen, wenngleich das Wasser zu meinen Füßen weder dampfte noch kochte, im Gegenteil, es wirkte eher eiseskalt in seiner tiefdunklen Klarheit. Nach allem, was mir der Patriarch zugedacht hatte, tat ich auch wohl gut daran, mit dem Schlimmsten zu rechnen. Meine einzige Hoffnung war die Unlust dieses ehemaligen Inquisitors. Mein Blick fiel hinunter zu meinen Füßen, und ich bemerkte mit Schrecken, dass jemand den Spundhahn aus meinem hölzernen Bottich entfernt hatte. Schweigend betraten vermummte

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