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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Gestalten das Rund des Raumes. Sie trugen allesamt kardinalsrote lange Gewänder, die oben in steife, spitze Kapuzen übergingen. Gemessenen Schritts nahmen sie, ein jeder in seiner Nische, auf den Steinbänken Platz. Stechend waren die Augenlöcher der überhohen Hüte auf mich gerichtet.
    »Satansdiener William von Roebruk«, eröffnete die in der Mitte thronende Gestalt, der Patriarch, wie ich sofort an der Stimme erkannte, die Verhandlung. »Gesteht, dass Ihr im Wissen um den so genannten Großen Plan nach diesem handelt und Euch somit außerhalb des Segens und des Schutzes der allein selig machenden Kirche gestellt habt!?«
    Ich wusste, dass ich mein Leben verloren hatte, denn es bedurfte wohl nur des Schnippens seiner Finger, und ich würde so lange unter Wasser getaucht werden, bis mein Geist als letzte Luftblase blubbernd aus mir weichen sollte. Das machte mich widerborstig. »Ich folge seinem Befehl, ohne ihn zu kennen«, sagte ich mannhaft. »Ich bin stolz darauf, ihm zu dienen!«
    Das eisige Schweigen, das mir entgegenschlug, ließ mir den Quell unter meinen Füßen von wohliger Wärme erscheinen.
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    »Ihr wisst also nicht, wo dieses ketzerische Pamphlet verborgen gehalten wird?« Langsam senkte sich mein Zuber dem Brunnenschacht entgegen, das kalte Wasser trat glucksend durch das offene Spundloch ein und umspülte schnell meine Füße bis zu den Knöcheln, doch das reizte meine Aufsässigkeit erst recht.
    »Das will ich Euch gern verraten«, stieß ich mutig hervor, »denn nie werdet Ihr Eure ringgeschmückten Tentakel auf dieses exemplum purum et divinum legen können: Die Botschaft vom Heil der Welt, die Kunde vom Kommen der Friedenskönige tragen die wissenden Hüter längst in ihrem Herzen!«
    Es erging kein Signal, mit dem Absinken meines Bottichs innezuhalten, mir wurde es arschkalt, vor allem ums Gemachte herum, was weit unangenehmer war. Die Herren wirkten völlig versteinert, endlich ergriff der Inquisitor das Wort. »Herzen kann man herausreißen«, sagte er trocken, »doch Eures, William, wird Euch bald zwischen Beinen und Arsch hängen!«
    »Dort spüre ich schon nichts mehr«, entgegnete ich mit klappernden Zähnen, »wenn Ihr noch etwas Nützliches von mir zu erfahren wünscht, dann zieht mich rasch wieder hinauf - oder ertränkt mich zur Gänze!«
    Ich vernahm ein meckerndes Lachen. »Seht Ihr, William, wir kommen uns schon näher.« Tatsächlich hob sich der Bottich, das Wasser lief plätschernd aus dem Spundloch, ich verspürte das Bedürfnis, mich meiner nassen Hosen zu entledigen, nur war es dazu viel zu eng. »Ihr berichtet dem hier versammelten hohen Tribunal jetzt alles, was Ihr über die angebliche >Bedeutung< des Königlichen Paares wisst, über seine so genannte
    >Bestimmung    Ich besann mich nicht lange, eh mir mein armer Speivogel gänzlich abfror, war ich gewillt, ihnen Mäuler und Ohren mit den Gerüchten voll zu stopfen, die mir höchst unterschiedlich bislang zu Gehör gekommen waren. Ein keineswegs nachweisbares Wissen um die Herkunft von Roc und Yeza konnte dem Inquisitor wenig
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    nützen, hingegen meinen Lieben kaum schaden. Auch wenn ich den sinistren Spitzhüten das Erfahren der kostbaren Blutslinie eigentlich nicht vergönnte - und diesem ungehobelten Patriarchen schon gar nicht -, irgendein Opfer musste gebracht werden!
    »Die Geschichte von der jungfräulichen Kastellanin der Ketzerburg Montsegur«, hub ich an zu erzählen.
    »Esclarmunde mit Namen - nicht zu verwechseln mit der berühmten Hüterin des Gral - «
    »- die damals schon längst nicht mehr lebte!«, unterbrach mich Herr Guy unwillig, doch sachkundig.
    »Zur Hölle gefahren!«, schnaubte der Patriarch, was mich nur anstachelte.
    »Als die Bedrohung Okzitaniens und seines freien, >reinen< Glaubens -« Seinen Zorn kaum verbergend, stieß der Daumen seiner beringten Hand zitternd nach unten, worauf sofort wieder kaltes Quellwasser meine Gliedmaßen umspülte. »Als die Bedrohung des >reinen< Glaubens durch Rom und Frankreich«, keuchte ich dagegen an, »immer größer wurde.« Der junge Inquisitor setzte sich durch, mein Bottich stieg noch einmal, und ich fuhr bibbernd fort: »- machte sich die junge Esclarmunde zusammen mit ihrem greisen Vater auf, den Stauferkaiser

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