Der Kelim der Prinzessin
vertraulichen Gespräch«, teilte mir mein kraushaariger Gewährsmann mit, »mit Guy de Muret, dem Beichtvater der Fürstin von Antioch, einem Dominikaner!«
Also ein Renegat, wahrscheinlich ein abtrünniger, reumütiger ehemaliger Ketzer aus Okzitanien, ging es mir durch den dicken Kopf. Das sind die Schlimmsten!
»Und worüber reden sie?«, fragte ich mehr, um mich des eifrigen Informationsflusses würdig zu erweisen, interessieren tat mich das Geschwätz von zwei Klerikern nicht im Geringsten.
»Sie sprechen übel von einem Königlichen Paar!«, ließ mich Gundolyn wissen, die meine neugierig
erscheinende Frage mitbekommen hatte. »Auch über dich ziehen sie her«, lachte mich die Maid aus.
»Mehr noch scheinen sie höchstlich interessiert an der Chronik, an der du so fleißig schreibst!«, setzte Firuz grienend hinzu. »Du solltest es mit eigenen Ohren hören, William von Roebruk!«, stachelte er mich scherzhaft an, wechselte dabei mit der Küchenmagd einen Blick belustigten Einverständnisses.
»William im Eimer?!«, fragte Gundolyn zweifelnd glucksend zurück und betrachtete mich recht abschätzend, wo ich ihr doch als Stößer durchaus willkommen gewesen, »wenn der das Gewicht aushält?!«
Die beiden winkten mir, ihnen wieder in den Keller zu folgen.
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Diesmal ging es an den Weinfässern vorbei zu einem Brunnenschacht, der tief in den Felsen geschlagen schien, und auch nach oben verlief seine dunkle Röhre, reichte hoch hinauf ins Mauerwerk, wie ich feststellte, als ich meinen Kopf in die Höhle steckte. Ich hörte gedämpft die Stimmen der beiden disputierenden Geistlichen, auch fiel auf halber Strecke ein Lichtschein in den Schacht. An einem dicken Seil hing ein hölzerner Bottich. Ich begriff sofort, dass dies der Wasseraufzug war, mit dem auch mein Turmzimmer versorgt wurde, - ein wohlüberlegter, nie versiegender Trinkwasserquell für den Donjon der Burg in Belagerungszeiten! Ich stieß mich nicht an dem schweren Eisengitter, das ihn wie eine große Haube krönte.
»Also steigt ein!«, forderte mich mein Leibmohr auf. »Haltet Euch gut am Seil fest!«
Ich stieg in den hölzernen Bottich, er nahm mich nur stehend auf und schwankte heftig in seiner Halterung. Der Mohr verschloss die Gitterhaube, ich kam mir vor wie ein Vogel im Käfig, allerdings musste ich den Kopf einziehen, um nicht an die Eisenstäbe über mir zu stoßen.
»Bequem ist es nicht!«, frohlockte Gundolyn und kniff mich Wehrlosen herzhaft in den Hintern. Dann zogen sie mich mit vereinten Kräften nach oben in den dunklen Schacht. Ich glitt an der Küche vorbei, wo auf dem Herdfeuer zwei Fische in der Pfanne schmurgelten - noch dufteten sie lieblich, doch würden sie wohl bald verkohlt sein, wenn die tüchtige Magd sich nicht sputete. Ich gönnte sie weder dem Jakob Pantaleon noch seinem Gast, diesem Dominikaner. Dann hielt mein Bottich vor einem hölzernen Paneel, und dahinter konnte ich jetzt Wort für Wort vernehmen, was sich die beiden zu sagen hatten, als säße ich mit ihnen am Tisch.
»... ich wusste, dass ich mich auf einen so exzellenten canis Domini wie Euch verlassen konnte, Guy de Muret!«, gab sich die süffige Stimme des Älteren jovial, die ich dem Patriarchen zuordnete. »So wie Ihr mir jetzt diesen unseligen Chronisten beigebracht habt, werdet Ihr unserer sancta ecdesia auch zur eisernen Hand gehen, um ihn seine ketzerischen Texte auswendig singen zu machen, die uns zu Jerusalem entgangen sind.« Der hohe Herr rülpste höchst
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vulgär, sein Gegenüber nicht zu Wort kommen lassend. »Haben wir den Fettwanst erst ausgewrungen wie einen Scheuerlappen, wird es an Euch sein, jegliche Spur von diesem elenden Minoriten zu tilgen - «
»Corpus mortuus?! Nicht mit mir!« Diese Aussage des Dominikaners beruhigte mich, doch nicht lange.
»Diente Guy de Muret nicht seinem obersten Herrn und Hirten, dem Papst, mit weitaus weniger Skrupeln als erfolgreicher Inquisitor? !«, höhnte der Patriarch. »Wollt Ihr den Nichtsnutz in vitam erhalten!?« Sein Spott troff ihm von den Lippen. »Bitte, er gehört Euch!« Der hohe Würdenträger lachte roh. »Mir geht es einzig darum, dass Ihr Eure geschätzten Fähigkeiten am noch Lebendigen zur Verfügung stellt!« Er redete jetzt mit eindringlichem Eifer auf den Dominikaner ein. »Diese Kunst des Erforschens verstockter Seelen und sich sträubender Leiber verlernt man nicht! Wichtig ist der Kirche nur, dass der Kerl die bisher verfasste Chronik herausrückt und sich von nun an
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