Der Keller
trat ihm auf die Stirn und er versuchte sich zu beruhigen. Doch gerade in diesem Augenblick begannen sich seine Beine von selbst zu bewegen.
Schritt für Schritt widersetzten sie sich seinem Willen und steuerten unablässig dem Loch in der Wand entgegen. Ich Gang war langsam und abgehackt und ähnelte dem eines Untoten. Rogers Füße waren völlig taub und fühlten sich an wie morsche Baumstümpfe. Obwohl er seine ganze Willenskraft aufbrachte, so gelang es ihm nicht dagegen etwas auszurichten. Er lief dem Loch immer weiter entgegen. Er fühlte sich wie eine Marionette, die an unsichtbaren Fäden zu einem Abgrund dirigiert wurde. Roger bekam Angst. Sie sprudelte in ihm hoch, wie Milch, die auf einem Herd überkochte. Doch seine Beine blieben davon völlig unbeeindruckt. Schritt für Schritt stapften sie in Richtung des Loches.
Schließlich kam er direkt vor dem Loch zu stehen und ihn überkam wieder das eigenartige Gefühl, dass irgendetwas darin Interesse an ihm gefunden hatte und ihn beobachtete. Keine Ratten mit schwarzen Augen, sondern etwas das jenseits der Grenzen lebte, durch die Rogers Verstand abgesteckt war.
Er starrte in die Dunkelheit und konnte nichts erkennen außer einem dünnen Lichtkreis, der vom Keller in das Loch drang. Doch dann nahm er im Loch eine Bewegung war. Etwas hatte sich darin bewegt. Was genau wusste er nicht und wenn er ehrlich war, dann wollte er es auch gar nicht wissen. Doch gerade als Roger erneut versuchte seine Beine zu bewegen, erstrahlte im Inneren des Loches ein Augenpaar. Wie zwei rote Murmeln leuchtete es aus der perfekten Schwärze des Loches. Der Blick war starr auf Roger Gerichtet wie das Gewehr eines Erschießungskommandos. Mit gleichgültiger Bestimmtheit. Für einen Augenblick war sein Herzschlag das einzige, was Roger hörte. Er klang wie eine aufgebrachte Buschtrommel in den alten Abenteuerfilmen aus seiner Kindheit.
Dann hörte er den Schrei. Er hörte ihn nicht mit den Ohren, sondern tief in seinen Gedanken. Es klang, als würde man mit den Nägeln über eine Schieferplatte kratzen. Es war ein Geräusch bei dem er sich am Liebsten so hart auf die Zähne gebissen hätte, bis sie unter lautem Knacken in Stücke brachen. Und bis der rostige Geschmack des Blutes das Ganze Denken einnahm und das Grauen verdrängte.
Roger hielt sich die Ohren zu, so fest er konnte. Doch es half nichts. Stattdessen wurde der Druck in seinem Schädel nur noch größer und seine Augen drohten ihm aus den Höhlen zu springen. Er war kurz davor das Bewusstsein zu verlieren, als der Schrei zu verebben begann. Es erstarb mit einem kehligen Gurgeln.
Roger starrte noch immer in das Loch, als die roten Augen darin größer zu werden begannen. Das Ding aus dem Loch kam auf ihn zu! Die Anspannung verließ seinen Körper wie durch ein Ventil und er fügte sich seinem Schrecken. Seine Gedanken jedoch wirbelten herum wie buntes Herbstlaub.
Oh mein Gott, es kommt auf mich zu!
Wach auf, wach auf VERDAMMT!
Es kommt, ES kommt, es…
Sein Gedanke brach ab wie ein dünner Faden, als die Kreatur in den Lichtkreis trat. Roger wollte schreien und sich herumwirbeln. Er wollte wegrennen, die Arme vor dem Gesicht verschränken. Er wollte…
Doch stattdessen blieb er erstarrt stehen, unfähig sich zu regen und unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Sein Verstand wurde von der Angst erdrückt und der schreckliche Anblick sickerte auf den Grund seines Verstandes, wie auf den eines trüben Teiches.
Z uerst erkannte er ein Gesicht. Dann sah er zwei Pranken, die sich an den Rand des Loches krallten. Sie waren schneeweiß und an jedem Finger waren lange, nach innen gebogene, schwarze Klauen, die an die Füße eines riesigen Greifvogels erinnerten. Das schlimmste aber war die Fratze, die aus den Schatten getreten war. Der Blick der blutroten Augen bohrte sich in sein Gehirn, wie ein rostiger Nagel. Und obwohl die Angst Rogers Brust umschloss wie eine glühende Kette, erkannte er auch den Rest des entstellten Gesichtes.
Es war genauso blass wie die Klauen, so als flösse im Körper der Kreatur kein einziger Tropfen Blut. Unter den Augen verlief eine dünne Nase, auf der die Haut Falten warf wie auf den Lefzen eines bösen Hundes. Und darunter…
DARUNTER…
… kam ein Haifischmaul zum Vorschein, das zu einem breiten Grinsen geöffnet war. Riesige spitze Zähne ragten aus dem schwarzen Zahnfleisch des Maules, das an eine Bärenfalle erinnerte. Die Eckzähne waren länger als die Anderen und nach hinten
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