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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dersch
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dann erneut auf. Doch es hatte sich nichts verändert! Der Anblick war immer noch der gleiche: Seine linke Ferse war von Schnittwunden übersäht. Kurze dünne Schnitte zogen sich durch die Haut wie ein unregelmäßiges Fischernetz. Sie waren bereits verkrustet, schienen jedoch frisch zu sein. Außerdem war sein Fußballen dreckig. Der Dreck sah aus wie…
    Wie ERDE, die Erde im Keller!
    Wieder begann das Bild vor seinen Augen zu flackern, wie ein Fernseher, der bald kaputtgehen würde. Am Ende würde man nur noch einen weißen Punkt erkennen und . . . .
    Und?
    Rogers Gedanken stockten. Und was? Was würde geschehen? Roger dachte an Ärzte in weißen Kitteln, die auf ein Klemmbrett starrten und Linda erklärten, dass ihr Ehemann, Roger Bonfield, ER, verrückt geworden war. Dass er seinen Verstand verloren hatte, so wie manche Menschen Schlüssel oder Geldtaschen verlieren?
    Reiß dich zusammen, das darf nicht passieren? DAS DARF NICHT PASSIEREN!
    Doch der Gedanke ging unter in einem schwarzen Meer aus Angst. Roger klammerte sich an den Rand des Bettes, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Gleichzeitig konnte er hören wie seine Zähne aufeinander klapperten, wie spanische Kastagnetten. Er zitterte am ganzen Körper und sein Magen hatte gerade den Schleudergang eingelegt. Er war kurz davor sich zu übergeben.
    Obwohl die Deiche der Vernunft bereits dicke Risse hatten, zwang er sich dazu aufzustehen. Er torkelte ins Bad und desinfizierte die Wunde an seiner Ferse. Der brennende Schmerz zog ihn an unsichtbaren Fäden allmählich wieder zurück in die Realität.
    Anschließend stieg er unter die Dusche und das heiße Wasser spülte das Zittern allmählich aus seinen Gliedern. Die Angst jedoch blieb. Sie hatte sich in einen Winkel seines Verstandes auf die Lauer gelegt wie ein tollwütiger Hund, der nach einer Gelegenheit gierte, um nach ihm zu schnappen.

16.

    Roger hatte sich dazu gezwungen einige Bissen zu essen, ehe er Linda einen Abschiedskuss gab und verfrüht den Weg ins Büro antrat. Er hatte zwar noch ein bisschen mehr Arbeit als ihm lieb war, aber das war nicht der Grund, dass er ging. Er wollte einfach nur raus an die frische Luft. Er wollte sich hinter das Steuer seines Wagens klemmen und darüber nachdenken was passiert war.
    Bis in die Stadt war es zwar nicht weit, aber ihm gefiel der Gedanke sich in seinem Büro zu verkriechen, weit weg von den bohrenden Blicken von Linda, die schon immer gemerkt hatte, wenn etwas nicht mit ihm stimmte. Doch diesmal handelte es sich nicht um nahende Erkältung oder einen faulen Backenzahn. Diesmal war es…es war…
    Wahnsinn!
    „ Du musst schon los ?“, fragte Linda, während Roger mit zittrigen Händen seine Krawatte band.
    „ Ja, Schatz“, sagte Roger, „heute haben sich viele neue Klienten angekündigt und außerdem habe ich um halb elf einen Termin bei Gericht. Zwei neue Anträge müssen eingereicht werden und ein gewisser Mr. Simmons will sein Testament zum dritten Mal in nur einem Monat ändern.“
    „ Ach, du Armer“, sagte Linda und umarmte Roger. Es tat ihm gut ihren warmen Körper an seinem zu spüren. Er gab Linda einen Kuss und verließ das Haus.
    Er hatte gerade erst die Ausfahrt verlassen, als er sich daran erinnerte, dass er vergessen hatte Wilcox Werkzeug in den Wagen einzuladen. Doch bei dem Gedanken erneut in den Keller hinab zu steigen, krallte er sich so fest an das Lenkrad seines Wagens, dass alles Blut aus seinen Fingerknöcheln verschwand und sie fahl und kränklich aussahen, wie die Finger eines Toten. Anstatt noch einmal umzudrehen, beschleunigte er seinen Wagen nur noch und blickte dabei in den Rückspiegel, so als suchte er nach unsichtbaren Verfolgern. Er konnte sich nicht erinnern wann er das letzte Mal so große Angst gehabt hatte.
    Erst als er auf der Hauptstraße in den Verkehr einscherte, ging er vom Gas und seine Aufregung legte sich wieder. Die Angst legte sich wieder auf die Lauer um für den nächsten Angriff neue Kräfte zu schöpfen, dachte Roger und seufzte dabei.
    Er griff in seine Manteltasche und kramte die Visitenkarte hervor, die ihm der Bruder des Klempners gegeben hatte. Brian.
    Wenn er schon nicht wie versprochen das Werkzeug vorbei brachte, wollte er sich zumindest dafür entschuldigen. Oder noch besser: Den Bruder darum bitten das Zeug selbst zu holen. Warum? Ihm würde schon etwas einfallen, dachte er. Vielleicht würde er den Bruder darum bitten sich das Loch in der Wand noch einmal anzusehen – er würde

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