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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dersch
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dem Loch kam. Roger ging in die Knie und spähte um die Ecke, die zwischen ihm und dem Loch war. Er konnte nichts erkennen und setzte seinen Weg fort. Wenige Schritte später stand er direkt vor dem Loch und starrte in die Dunkelheit dahinter.
    Im Keller war es völlig still und Rogers Sinne waren wieder scharf wie ein Rasiermesser. Wäre in diesem Moment eine Stecknadel zu Boden gefallen, er hätte sie gehört. Doch ganz egal wie lange er auch lauschte – es tat sich absolut nichts. Nur ein kleiner Lichtkegel drang in das Innere des Loches und offenbarte den gleichen Boden aus festgetretenem Erdreich wie im Rest des Kellers. Ansonsten war nichts zu erkennen. Keine Bewegung, kein Geräusch. Nichts. Dennoch überzog eine Gänsehaut seine Unterarme und sein Puls gab plötzlich Gas, als wollte er die Straßensperren seines Verstandes durchbrechen und ihn aus dem Keller jagen. Seine Müdigkeit verflog schlagartig und die Zahnräder seines Verstandes begannen wieder ineinander zu greifen.
    Auf einmal fühlte er sich beobachtet. Ihm schien als würde ihn etwas aus dem Keller ansehen und sich jede seiner Bewegungen genau einprägen. Vielleicht starrte er den nächtlichen Besuchern geradewegs in die Augen, dachte er und bei diesem Gedanken verwandelte sich die feine Gänsehaut auf seinen Armen zu einem zu einem großen Schleifpapier. Er dachte an kleine Schwarze Augen, die im Dämmerlicht der schwachen Glühbirne rötlich wurden und ihn anstarrten. Für einige Augenblicke wagte er sogar nicht mehr zu atmen. Doch es dauerte nicht lange, bis diese Anspannung verflog und mit ihr auch die Gänsehaut. Schließlich lehnte die Spaltaxt gegen die Kellerwand und gab somit die Jagd auf. Sein Puls legte sich wieder und er richtete sich auf.
    Er dachte erst gar nicht daran die Kisten und Kartone im Keller nach einer Taschenlampe zu durchsuchen, mit der er ins Loch leuchten konnte. Er wollte einfach nur noch so schnell wie möglich ins Bett. Dennoch beruhigte ihn die Vorstellung so viele geschlossene Türen wie möglich zwischen sich und den Keller zu bringen.
    Er stieg die Kellertreppe hinauf und knipste das Licht aus. Die Scherben der Christbaumkugeln lagen immer noch auf dem Kellerboden.

14.

    Roger schloss die Schlafzimmertüre und versperrte sie anschließend. Dann schlich er sich auf Zehenspitzen ins Bett, um Linda und Sam nicht zu wecken. Er starrte einige Minuten an die Decke, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Gedanken kreisten durch seinen Kopf wie Geier. Es waren allesamt Fetzen des vergangenen Tages, die vor seinem inneren Auge für Sekundenbruchteile aufleuchteten wie Sternschnuppen. Langsam wurden seine Augen müde und bald verlangsamte sich sein Atem, als er die unsichtbare Grenze zum Land der Träume passierte. Doch der verdiente Schlaf brachte keine Erlösung.
    Roger träumte davon, dass er mitten in der Nacht aufwachte. Er lag im Schlafzimmer im Bett und glaubte Lindas leises Atmen zu hören. Alles im Zimmer war an seinem Platz und auch sonst fehlten die ansonsten so typischen Wirren, die sich manchmal durch Träume zogen. Keine fliegenden Pferde, keine Gespräch mit seiner verstorbenen Großmutter. Nur das Schlafzimmer.
    Dennoch wusste er auf Anhieb, dass es ein Traum war. Das lag daran, dass er im Zimmer alles ganz genau erkennen konnte, obwohl die Fensterläden in Wirklichkeit zu waren und es eigentlich stockdunkel hätte sein müssen. Er sah das Schlafzimmer klar und deutlich, auch wenn die Farben blass aussahen, so als wäre der ganze Raum zu oft gewaschen worden. Der Bettvorleger war nur noch ein verwelktes Grün und Lindas schwarze Frisierkommode hatte auch ihren Braunton verloren. Chico lag am Fußende des Bettes schlief; nur ein dunkler Farbtupfer, der sich kaum vom Boden abhob.
    Der andere Grund für Rogers Gewissheit war, dass die Schlafzimmertüre weit offen stand. Er kramte in seinen Gedanken wie in alter Wäsche und ihm fiel ein, dass er die Türe geschlossen und abgesperrt hatte. Doch die Tür in seinem Traum stand sperrangelweit offen.
    Instinktiv richtete er sich auf und starrte durch die Türe in den Gang. Sie zog seinen Blick geradezu magisch an und für den trägen Verstand des Schlafenden glich sie dem Portal in eine andere Dimension.
    Er streifte die Bettdecke ab und legte die Füße auf den kalten Parkettboden. Dann stand er auf und lief zur Türe. Er blieb einen Augenblick lang im Türrahmen stehen und schaute sich um. Alle anderen Türen waren verschlossen und als er sich nach

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