Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
von der Falknerei?“
Lucius lächelte. „Gerade genug, um einen Vogel von herausragenden Qualitäten erkennen zu kö n nen. Als ich ein Kind war, gab es auf dem Gut me i nes Vaters ein paar Vögel, die allerdings bessere Zeiten gesehen hatten.“
„Wie alles da,“ setzte er in Gedanken hinzu und fuhr fort: „Denn unser Hauptaugenmerk lag auf der Zucht von Pferden.“ Der Fürst wirkte interessiert.
„Welche Rasse?“
„Keine der hier bekannten, Hoheit. Sie waren etwas größer als die Pferde deines Landes, schlank, von bräunlicher Farbe. Sie waren ausdauernd, aber nicht so wendig wie eure Tiere.“
Es entspann sich ein Gespräch über die Vorzüge der verschiedenen Pferderassen und von da zu den Eige n schaften der einzelnen Tiere, die Bocchus und Lucius je geritten hatten. Sehr vorsichtig, ja verl o gen umkreisten sie ihr eigentliches Thema. Aber es gelang ihnen auch nicht, ein völlig anderes G e spräch zu beginnen, und so erzählte Lucius von Ventus dem ersten, dem zweiten und von ihren Nachfolgern, von den Reiterübungen auf dem Marsfeld und den Pferd e rassen des römischen Re i ches. Genau da hielt er inne und begann wieder mit Fragen nach Bocchus Lieblingspferden. Auch di e ser schaffte es immer wieder kurz vor dem unausg e spr o chenen Kernpunkt ihrer Unterhaltung zu we n den und unverfängliche Themen anzuschneiden. So ging der Abend dahin und die beiden hatten, ohne es wörtlich zu erwähnen, von nichts a n derem g e sprochen, als von den beiden Reitergefechten, in denen Jugurthas Kava l lerie fast völlig aufgerieben worden war.
So war Mitternacht schon lange vorüber, als Lucius um die Erlaubnis bat sich zurückziehen zu dürfen. Der Fürst entließ ihn huldvoll und lud Lucius für den kommenden Abend ein erneut sein Gast zu sein. Di e ser bedankte sich mit einer tiefen Verne i gung.
Viele Abende verbrachte Lucius am schimmernden Bassin, eingehüllt vom schweren Duft der gestrei f ten Rosen. Noch tief in der Nacht lag die Luft dicht und warm in dem abgeschiedenen Innenhof, denn anders als in der Wüste brachte die Dunkelheit hier kaum A b kühlung. Er trank eisgekühlte Scherbets und aß R a gouts, die mit getrockneten Früchten und Honig gesüßt w a ren. Der Hof war erfüllt von der leisen Musik, die mit ihrem drängenden Rhythmus das Raunen und Flü s tern des Hofstaates begleitete. Er sprach über Musik und erzählte von Theater und Gladiatorenkämpfen. Und immer wieder fragte der König nach Pferden. Vorsichtig umkreisten sie ihr eigentliches Thema, und wie zwei meisterliche Musiker ihre Instrumente mit feinstem Sinn aufei n ander einstimmen, so stimmten sie sich im Ton und in den Gedanken aufeinander ein.
Schließlich wagte Lucius einen Vorstoß. Nachdem er wieder einmal die Freuden und Zerstre u ungen der Hauptstadt geschildert hatte, seufzte er tief und blickte gedankenvoll zum Nach t himmel empor.
„Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich meine Heimat vermisse,“ sagte er. „Ich bete jeden Abend zu Minerva, sie möge diesen elenden Krieg in N u midien beenden und uns nach Hause zurückführen oder mir zumindest einen ruhmvollen Tod in der Schlacht bestimmen.“
„Ihr wollt nicht hier bleiben, wenn der Krieg zue n de ist?“ Lucius jubilierte innerlich, der Fürst hatte den Faden aufgegriffen.
„Nein, niemals! Selbst wenn ich das wollte, Rom hat noch niemals größere Truppenverbände in den von ihm befriedeten Gebieten belassen.“
„Und wie kann Rom dann sicher sein, dass der Frieden von Dauer ist?“
„Indem die Macht dort in die Hände erfahrener und weiser Männer gelegt wird, die den Frieden ebenso sehr lieben wie Rom selbst.“
Lucius hätte das Thema zu gerne weiter vertiefet, doch der König winkte einen Sklaven herbei.
„Lieber Freund, versuch diese Frucht, sie ist so süß wie die Liebe.“
Lucius lächelte schief und nahm ein Stück der r o senr o ten Frucht. Der König schien nicht g e neigt, mehr über die diplomatischen Züge Roms hören zu wollen, und es dauerte einige Abe n de, bis Bocchus von sich aus darauf zurückkam.
Es war Lucius schwer gefallen, seinen Eifer zu z ü geln, er wusste, dass er ganz nah an einem Ergebnis war, aber er wusste auch, dass jedes noch so kleine Zeichen der Ungeduld als Schwäche gewertet we r den würde. Deswegen hielt er sich mit aller Macht zurück, so groß auch sein Drang war, wieder vom Krieg zu sprechen. Endlich wurde er für seine G e duld b e lohnt.
„Du bist ein ehrenhafter Mann, Sulla!“,
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