Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
Ihre beiden Führer quartierten sie in das Gästehaus einer Karavanserei ein und verschwa n den, jedoch nicht ohne den beiden Römern zuvor ei n zuschärfen, sich nur ja nicht von diesem Haus wegz u bewegen, bis sie Nachricht aus dem Palast erhielten. Lucius und Manlius, die nicht wussten, wie lange sie hier festsitzen würden, richten sich so gut wie möglich in ihrer neuen Umgebung ein. Sie nutzen die Zeit, um abwec h selnd in ein nahe gel e genes Bad zu gehen oder stundenlang in ihren Zimmern zu dösen. B e vor sie noch ungeduldig werden konnten, wurden sie nach einigen Tagen im Morgengrauen von zwei Männern geweckt. Hastig kleideten sie sich an und folgten den Männern zum Palast.
Das Tor zur Festung war von mehreren Wachen mit blanken Schwertern scharf bewacht. Nachdem Lucius und Manlius den Durchgang passiert ha t ten, glaubten sie in einer anderen Welt zu sein. Hier gab es keine engen und verwinkelten Gassen wie in der Stadt, hier gab es weite Flächen, die von Pa l men und aufgespan n ten Tüchern beschattet waren. Eine unübe r sehbare Menge an Menschen drängte sich hier, Händler, Handwerker, Sklaven und W a chen. In mehreren Öfen wurde Brot gebacken und Fleisch über offenem Feuer gegart. In einer Ecke hatte ein Schmied eine kleine Esse installiert und setzte Waffen und Messer instand. Die Wärme war am frühen Morgen bereits ziemlich dr ü ckend und Lucius fragte sich, wie diese Menschen es hier in der Glut der steigenden Sonne aushalten kon n ten.
Ihre beiden Boten gingen zielstrebig durch das G e wühl, die Bewohner der Burg wichen r e spektvoll zurück. So gelangten sie zu einem Eingang, der zu den inneren Teilen der Burg füh r te. Sie betraten einen großen, dämmrigen Raum, dessen weniges Licht lediglich durch die be i den Türöffnungen an den gegenüberliegenden Wänden fiel. Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an das Halbdunkel der Kammer, und nach und nach erkannten sie Einze l heiten ihrer Umgebung. Die Wä n de waren mit M o saiken verziert, die aus blauen, weißen und grünen K a chelstückchen gefügt waren. Gekachelte Bänke zogen sich an den Mauern entlang, und die Mitte des Raumes zierte in kleiner Springbrunnen der mit leisem Geplätscher die Stille durc h brach. Je länger sie in dem Raum warten mussten, umso deutlicher trat die Pracht der Umg e bung hervor, die hier im Zwielicht verborgen lag. Die Luft in dem Raum war angenehm kühl und ungewöhnlich feucht, fast modrig, ein G e ruch, den Lucius seit Monaten nicht mehr in der Nase gehabt hatte. Sie hatten lange Zeit, die Umgebung zu bewundern. Lucius setzte sich und genoss die Kühle, Manlius allerdings wu r de immer gereizter, je länger man sie hier in der Kammer warten ließ ohne sie zu beachten.
„Was denken sich diese Wilden? Wir sind Bo t schafter Roms!“ Wütend ging er im Kreis. „Wenn das die Wer t schätzung ist, die wir hier genießen, dann kehren wir am besten gleich wieder um.“
Lucius versuchte ihn zu beruhigen. „Setz dich hin: G e nieße doch die schöne Kühle. Es wird sicher nicht mehr lange dauern.“
Doch es dauerte noch eine ganze Weile. Denn erst als der Vormittag bereits fortgeschritten war, kam eine Wache und führte sie durch die zweite Tür nach dra u ßen, ins Innere der Burg. Lucius fühlte, dass Manlius kochte, doch er hatte keine Geduld und keine Lust seinen Mitg e sandten zu beruhigen.
Das helle Sonnenlicht traf ihre Augen wie ein Schlag. Sie mussten einige Augenblicke blinzeln, um die Ble n dung abzuschütteln und ihre Augen wieder umzug e wöhnen. Dann standen sie e r starrt vor der Pracht und dem Luxus, der sich ihnen da r bot. Sie waren in einen riesigen, rechteckigen I n nenhof getreten, der aus we i ßem Marmor gebaut war. Die stirnseitige Begrenzung bildete eine von einer Kuppel überwölbte Halle. An den beiden Längsseiten liefen kiesbestreute Wege, g e säumt von zwei Reihen Rosenbüschen, deren rot und weiß gestreifte Blüten einen schweren Duft verströ m ten. Lucius hatte noch niemals eine vergleichbare Blüte gesehen und wäre begeistert davon gewesen, wenn nicht etwas anderes seine ganze Aufmerksamkeit bea n sprucht hätte: Die größte Fläche, fast die g e samte Bre i te des Hofes wurde nämlich durch eine blau schi m mernde Wasserfläche eingenommen. Der Anblick des Bassins voll des rein s ten und klarsten Wassers war nach all den Monaten in der Wüste einfach überwältigend, und nichts hätte in dieser Gegend den Reichtum und die Macht eines Fürsten besser
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