Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
illustrieren können als diese verschwender i sche Zurschaustellung von nichts anderem als nur Wasser. Die Wachen waren den Ei n druck g e wohnt, den der Anblick bei allen Gästen machte und ließen den Besuchern ein wenig Zeit zum Staunen. Dann erst führten sie die Abordnung über den Kiesweg zur Halle am Ende des Hofes.
Der große Raum war von einer Kuppel aus fein gegli e dertem Stuck überwölbt. Die Wölbung war in Hunde r te, ja Tausende kleiner und kleinster Unte r gewölbe gegliedert, zwischen denen das Licht wie gefiltert in den Raum drang und die Szenerie in einen goldenen Schimmer tauc h te. Der Fußboden aus Marmor war mit farbigen Teppichen und Po l stern belegt, auf denen ein i ge Männer lagerten. U n schwer identifizierte Lucius den Mann in der Mitte als König Bocchus. Er ging wohl auf sein sechzi g stes Lebensjahr zu, war von schlanker Statur, mit einem schm a len, gelblich braunen Gesicht, das von der Schwere der königlichen Würde gezeichnet schien. Die Oberlider bedeckten die großen gelben Augäpfel zur Hälfte und die Unterlider hingen in schweren Tränensäcken herab. Sogar die Mun d wi n kel des Mannes zogen sich in einer Kurve nach unten, was dem schmalen Mund einen hoheitsvollen Au s druck verlieh. Auf der Faust des Mannes saß ein kleiner Falke, den er Fleischstückchen von se i ner Hand krö p fen ließ. Der Falkner kniete daneben und reichte ihm die zugeschnittenen Happen. Als die Gesandten den Raum betraten, übernahm der Falkner den Vogel und setzte sich mit ihm an den Rand des Saales.
Die beiden mauretanischen Botschafter sanken in die Knie, Lucius verneigte sich mit der Hand auf der Brust und Manlius begnügte sich damit, nach militärischer Art die rechte Hand zum Gruß zu e r heben. Bocchus musterte die kleine Gruppe und begrüßte sie in schle p pendem Latein mit starkem Akzent. In einer nur ang e deuteten Geste hob er die Hand, worauf sich der Grossteil des Hofstaates unverzüglich entfernte. Eine weitere Geste lud die römischen Bo t schafter ein, sich zu setzen und Luc i us folgte, ebenfalls in gemessener Bewegung der Einl a dung, als er entsetzt bemerkte, dass Manlius stehen blieb und in scharfer Knappheit grüßte.
„Das Volk von Rom grüßt König Bocchus.“
Lucius konnte nicht mehr aufstehen, sondern be o bac h tete aus seiner sitzenden Haltung, wie Manlius einen Schritt vortrat und dem Fürsten die Schrif t rolle mit den Bevollmächtigungen reichte. Aber anstatt einige ve r bindliche Worte zu finden oder zumindest respektvoll zu schweigen, blaffte er den Fürsten in Befehlston an: „Gaius Marius, Konsul Roms und Oberb e fehlshaber der römischen Tru p pen, hat mich beauftragt, euer G e such zu beantwo r ten. Die Botschaft lautet, dass wenn ihr euch Rom anschließt und in Zukunft darauf ve r zichtet, den Ve r räter Jugurtha zu unterstützen, euch Rom euer bisheriges Verhalten verzeihen wird. Bedi n gung dafür ist allerdings, dass ihr euch sofort entsche i det und als Zeichen eures guten Willens mehrere Ge i seln königlichen Blutes ausliefert.“
Lucius war während dieser Ansprache zu Eis e r starrt. Wie konnte sich Manlius nur so gehen la s sen, wie konnte er nur mit ihren wahren Absichten herauspla t zen. Nur wegen seines ve r letzten Stolzes musste es nun bei erster Gelegenheit den starken Mann markieren. Lucius sah die versteinerten Mi e nen der Zuhörer und wusste nicht, wie er reagieren sollte. Weder konnte er Manlius zu sich auf die Po l ster ziehen, noch wollte er jetzt aufstehen und sich neben ihn stellen. Fieberhaft überlegte er, wie er dem Gesagten die Spitze nehmen konnte, doch sein Verstand war wie eingetrocknet. Das bleierne Schweigen zog sich hin. Die Gesellschaft war wie erstarrt. Um sich irgendwie aus der lähmenden Ve r legenheit zu befreien, wandte sich L u cius dem Falkner zu. Der kleine Vogel auf dessen Faust pl u sterte sich nervös auf. Lucius b e rührte mit dem Finger den scharfen, gebogenen Schnabel. Der V o gel ließ ein leises Zischen hören, doch Lucius wagte es, dem Falken das Brustgefieder zu streicheln, was sich der Vogel gefallen ließ und was ihn wieder b e ruhigte. Endlich hatte Lucius seine innere Gela s senheit wenigstens teilweise wieder gefunden. Er sah auf, und seine Augen begegnetem dem schw e ren Blick Bocchus. Der Fürst betrachtete ihn einen Moment nachdenklich, dann winkte er wor t los und hoheitsvoll mit der Hand, und die Wachen beeilten sich, die beiden Botschafter Roms aus dem Saal zu bringen.
Als sie vor der
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