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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zur Tropengrippe tauchen an Bord alle denkbaren Wehwehchen auf, nicht gerechnet die hysterischen Erkrankungen, mit denen unternehmungslustige Damen den Schiffsarzt nerven.
    »Wenn ich wieder an Land bin«, hatte Dr. Schmitz einmal gesagt, »brauche ich erst mal sechs Wochen Erholung. Dann fahre ich in die Berge. Und wehe dem, der mir von Wasser oder Meer erzählt. Selbst an den Rhein gehe ich nicht.«
    Was das bedeutet, kann nur einer verstehen, der wie Dr. Schmitz ein Kölner ist.
    Er atmete deshalb auf, als die Bordband ihre letzte Nummer gespielt hatte, einen Tusch hinterherschickte und dann die Instrumente weglegte. Den ›Abgesang‹ in der Bar sparte er sich; er entschuldigte sich mit der frommen Lüge, er habe im Hospital zwei Herzkranke liegen, die er noch einmal ansehen müßte, und verschwand nach unten in seine dem Hospital angegliederte Wohnung.
    Mit wahrem Genuß duschte er sich, rollte sich darauf ins Bett, streckte sich aus und lobte den unbekannten Erfinder der Matratze. Sehr schnell kam der Schlaf, tief und traumlos.
    Irgend etwas ließ ihn wieder erwachen … ein Geräusch, Stimmengewirr, Türenklappen. Dr. Schmitz schnellte aus dem Bett, zog seinen Bademantel an und eilte in den Vorraum des Hospitals. Dort war schon Schwester Emmi, eine resolute Person, in eine heftige Diskussion mit dem Sicherheitsoffizier Hellmut Dornburg und einem Matrosen verwickelt. Sie schien erlöst, als sie Dr. Schmitz kommen sah.
    »Was ist denn hier los?« rief Dr. Schmitz empört, ohne jemanden zu Wort kommen zu lassen. »Was wollt ihr im Hospital? Mitten in der Nacht! Ihr seid wohl betrunken?«
    Die Frage war berechtigt, denn wenn es an Bord eine Einrichtung gab, die mit einem Tabu belegt war, dann war es das Hospital. Was Schmitz allerdings irritierte, war die Anwesenheit von Dornburg, mit dem er befreundet war.
    Der Matrose, der gerade zu Schwester Emmi gesagt hatte: »Nun reg' dich nicht auf, Spritzenmäuschen!« kam zuerst zu Wort. Breit grinsend teilte er mit:
    »Herr Doktor, wir suchen den Klabautermann!«
    »Raus!« sagte Dr. Schmitz scharf. »Raus! Ihr Idioten!«
    »Halt einen Augenblick die Luft an und hör zu.« Dornburg kam einen Schritt auf Dr. Schmitz zu. »Was wir hier tun, geschieht auf Befehl von Hartmann. Jeden Winkel des Schiffs durchsuchen … dazu gehört auch das Hospital. Lutz, ich kann nichts daran machen. Dürfen wir mal in die Krankenzimmer sehen?«
    »Nein!«
    Das war eine knappe, deutliche Antwort. Und um sie zu unterstreichen, fügte Schwester Emmi im gleichen Ton hinzu: »Nein!«
    »Und warum nicht?« fragte Dornburg verwundert.
    »Wenn ihr euren ›Blinden‹ sucht, dieses Phantom eurer Einbildung – bei mir ist er nicht. Ich weiß, wer und was sich in meinen Krankenzimmern befindet. Nichts und niemand!«
    »Und wenn der Klabautermann unterm Bett liegt, Herr Doktor?« fragte der grinsende Matrose.
    »Auch das nicht!« Dr. Schmitz hob bedrohlich die Stimme. »Hat man so eine Dämlichkeit schon gesehen? Sofort raus aus meinem Hospital, sag ich … Sofort!«
    »Lutz …« Dornburg versuchte es noch einmal mit Güte. »Ich kann doch nicht dem Kapitän melden: Dr. Schmitz weigert sich, die Durchsuchung des Schiffes zu unterstützen. Wir waren schon überall, du bist mit deinem Hospital der Letzte. Die Mannschaftskabinen, die Decks, die Bunker bis zur Kiellinie, die Küche, die Bäckerei, die Magazine, die Druckerei, das Fotoatelier, die Schneiderei, die Tischlerei, die Schlosserei, den Maschinenraum, die Tanklager – alles ist schon durchsucht worden.«
    »Auch eure Offizierswohnungen?«
    »Die zuerst. Wir sind mit fünfzig Mann unterwegs. Nichts haben wir ausgelassen. Du bist wirklich mit deinem Hospital der Letzte.«
    »Und überall Fehlanzeige.«
    »Ja. Nichts. Absolut nichts.«
    »Und in den Passagierkabinen?«
    »Wir haben keine freie Kabine, also kann auch kein ›Blinder‹ dort wohnen.«
    »Und bei mir soll er sein?« fragte Dr. Schmitz beleidigt.
    »Natürlich nicht. Aber wir müssen, korrekt wie wir sind, auch das Hospital überprüfen. Das siehst du doch ein, Lutz?«
    »Das sehe ich zwar nicht ein, aber bitte!« Dr. Schmitz machte eine weite Handbewegung. »Gehen wir alle Hospitalräume durch, damit ihr mit eurer Sturheit zufrieden seid.«
    Nach kaum zehn Minuten hatten sie die Krankenzimmer, die beiden Ordinationsräume, die Schwesternzimmer, die Apotheke und das kleine Labor durchsucht. Etwas spöttisch sah Dr. Schmitz seinen Freund Dornburg an.
    »Zufrieden, Hellmut? Doch halt!

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