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Der Klabautermann

Der Klabautermann

Titel: Der Klabautermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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jeden, der in den vergangenen Stunden Brückendienst hatte. Wenn ich eine Mannschaft habe, die nicht nur aus Feiglingen besteht, dann soll er sich sofort bei mir melden!«
    »Jawohl, Herr Kapitän.« Hartmann nahm Hellersen die Bananenschale aus der Hand und warf sie über Bord. Verblüfft blickte Hellersen ihr nach, wie sie in den Bugwellen verschwand.
    »Was machen Sie denn da, Hartmann?« schrie er. »Ich brauche sie doch als Beweisstück! Sie können doch keine Beweisstücke über Bord werfen! Was herrschen denn neuerdings auf diesem Schiff für Zustände …«
    Jens Hartmann, der schon seit vielen Jahren gemeinsam mit Hellersen zur See fuhr – als Kapitän und Leitender Erster Offizier bildeten sie ein schon sagenhaft gewordenes Gespann –, versuchte mit einem Witz die peinliche Situation zu retten. »Das ist alles Schuld des Klabautermanns«, sagte er, leicht grinsend.
    Solche Späße sind bei einem ausgerutschten Kapitän nicht angebracht; das stellte auch Hartmann sofort fest, als er Hellersens Gesicht sah. Doch bevor er sich entschuldigen konnte, stand er schon mitten im Gewitter.
    »Jetzt fangen auch Sie mit diesem Unsinn an!« donnerte Hellersen los. »Eine Schlamperei ist das, weiter nichts! Eine saumäßige Schlamperei! Ich glaube, ihr alle, einschließlich der Offiziere, seid reif für eine richtige Katastrophenübung! Die wird euch wieder munter machen!«
    »Aber die Passagiere erschrecken, Herr Kapitän.« Hartmann nahm vorsichtshalber eine straffere Haltung an. »Wenn die gesamte Mannschaft an den strategischen Stellen Posten bezieht und nach der Alarmsirene die Boote zu Wasser gelassen werden … wie soll man da noch unsere Gäste beruhigen …?«
    »Das ist ja euer Glück!« Hellersen blickte wütend hinunter auf das Vorschiff, wo der Sicherheitsoffizier Hellmut Dornburg gerade mit einem Matrosen sprach. Sie standen an der linken Ankerwinde, kontrollierten irgend etwas, Dornburg klopfte dem Matrosen auf die Schulter und ging davon. Aber er machte nur zwei Schritte … beim dritten rutschte er aus, fuchtelte mit den Armen durch die Luft, suchte Halt und fiel dann auf den Rücken. Er brauchte etwas längere Zeit als Hellersen, wieder auf die Beine zu kommen, bückte sich dann und hob etwas vom Boden auf. Hellersen beugte sich über die Nock.
    »Was ist los, Dornburg?« rief er zum Vorschiff hinab. »Eine Bananenschale …?!«
    »Jawohl, Herr Kapitän.« Dornburg hielt die Schale hoch und schwenkte sie durch die Luft. »Eine Schale …«
    Mit einem Schwung drehte sich Hellersen zu Hartmann um. Der Leitende Erste biß die Lippen zusammen. Was jetzt kam, brauchte man nicht zu raten.
    »Ist das nun eine Sauerei oder nicht?« brüllte Hellersen. »Hier latscht einer im Schiff herum und verstreut Bananenschalen! An der Ankerwinde … der Beweis, daß es sich um einen aus der Mannschaft handelt, denn aufs Vordeck kommt kein Passagier.« Hellersen holte tief Luft und sah seinen Ersten mit geneigtem Kopf an. »Kommen Sie mir jetzt bloß nicht wieder mit Ihrem Klabautermann … jetzt nicht! Ich sehe Ihnen an, was Sie sagen wollen, Hartmann!«
    »Nein, Herr Kapitän. Ich denke nicht an den Klabau… Pardon, Herr Kapitän.« Hartmann warf einen Blick auf den Sicherheitsoffizier, der die Schale auch ins Meer schleuderte. »Ich denke jetzt nur an etwas anderes: Wenn wir doch einen ›Blinden‹ an Bord haben … das bietet sich ja an. Der Kerl könnte sich nachts auf dem Vorschiff verstecken, zum Beispiel. Und ißt dort eine Banane. Es gibt tausend Winkel auf einem Schiff, wo sich ein einzelner Mensch verstecken kann.«
    »Und die Bananenschale hier auf der Nock?« Hellersen zeigte auf den Fleck, auf dem er ausgerutscht war. »Sie glauben doch wohl nicht, daß nachts hier ein ›Blinder‹ steht, den Sternenhimmel genießt und dabei Bananen ißt. Und keine Wache sieht ihn!«
    »Möglich ist alles, Herr Kapitän«, sagte Hartmann stockend.
    »Da haben Sie recht.« Hellersens Stimme war dick voll Hohn und laut vor Groll. »Bei der Mannschaft!«
    Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, ging Hellersen zurück auf die Brücke und durch die Verbindungstür in seine Wohnung. Hartmann wartete, bis er verschwunden war, und betrat dann den Steuerraum. Der Rudergänger und der Wachoffizier blickten ihm betreten entgegen.
    »Der hatte aber Dampf drauf«, sagte der Offizier. Er war neu an Bord; seine erste Fahrt mit Hellersen. »Ist der Alte immer so?«
    »Nur, wenn er auf Bananenschalen ausrutscht.« Hartmann nahm seine

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