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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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versuchte, sich frei zu winden. Um sie herum hatte sich bereits eine johlende Menge gebildet. „Entschuldige dich, Cracker. Das bist du ihm schuldig.“
    „Ihr seid ja beide übergeschnappt. Wir sind heil nach Hause gekommen, oder? Dank mir.“ Cracker drängte sich durch die Menge.
    Beinahe hätte Walt Frank losgelassen und Cracker selbst eine verpasst. „Arroganter Idiot.“
    „Du sagst es“, meinte Louis mit ernster Miene.
    Abe nickte. „Wer Mist baut, sollte auch dazu stehen.“
    Endlich sahen auch die anderen Crackers wahres Gesicht, aber es fühlte sich nicht so gut an wie erwartet, ihn von seinem Podest gestürzt zu sehen. Nicht, wenn sein Patzer beinahe achtzehn Männern das Leben gekostet hätte.
    Walt merkte, wie Franks Arme schlaff wurden. „Nach dem letzten Krieg hat mein Vater nur noch zur Flasche gegriffen. Und jetzt weiß ich auch, wieso.“

Kapitel 21
    Riverside, 7. November 1942
    Allie stieg aus dem Bus und schlang fröstelnd die Arme um sich. Ein älteres Ehepaar an der Haltestelle lächelte sie voller Anerkennung an. Allie dachte an die Rot-Kreuz-Uniform, die sie trug – ein graues Kleid mit weißem Kragen und Manschetten, dazu eine weiße Haube mit grauem Stoffschleier – und lächelte stolz zurück. Die Uniform war untrennbar mit Clara Barton verbunden, die sich auf den Schlachtfeldern des Bürgerkriegs um die Verwundeten kümmerte. Sie stand stellvertretend für Jahrzehnte der Kriegsfürsorge und Katastrophenhilfe. Und für Allies kleines Opfer.
    Sie beschleunigte ihren Schritt. Dieses Viertel war alles andere als schön. Es wurde bereits dunkel und nirgendwo leuchtete eine Straßenlaterne oder schien Licht aus einem Fenster. Wenn doch, gab es sofort Ärger mit den Kontrolleuren vom Zivilschutz. Die Kontrolleure gingen so streng vor wie nie, seitdem japanische Flugzeuge im September zweimal Brandbomben auf den Wald von Oregon abgeworfen hatten.
    Allie versuchte mit zusammengekniffenen Augen die Hausnummern zu entziffern. Ihr Stolz von eben kam ihr auf einmal wenig rühmlich vor. Konnte man ihre Arbeit überhaupt ein Opfer nennen? Sie las den Männern nur vor, half ihnen beim Briefeschreiben, schenkte Kaffee aus und spielte im Aufenthaltsraum Klavier. Weder kam sie ins Schwitzen noch machte sie sich die Hände dreckig. Von echter Gefahr wie der, in der sich Walt, Jim Carlisle oder Louise Morgans Mann Larry befanden, konnte keine Rede sein. Gefahr hatte sie bisher höchstens im Traum erlebt. Zweimal hatte sie davon geträumt, dass Walts Flugzeug beschossen wurde. Vom ersten Traum hatte sie Walt berichtet und es schon in dem Moment bereut, in dem sie den Brief in den Kasten geworfen hatte. Wie unangemessen, einem Mann zu schreiben, von ihm geträumt zu haben.
    Allie blieb stehen. Cressies Haus war so ziemlich das kleinste, das sie je gesehen hatte. Mehr als ein Wohnzimmer, eine Küche, ein Schlafzimmer und ein Bad konnte es nicht haben. Trotz der Dämmerung konnte sie erkennen, dass das Haus gelb war – nicht dezent, sondern knallgelb wie Schwefel.
    Was würden die feinen Damen von der St. Timothy’s wohl denken, wenn sie sähen, wie Mary Millers Tochter in so ein Haus ging? Allie lachte in sich hinein und klopfte an. Das würde sowieso nicht passieren, weil keine der Damen jemals ihren wohlbeschuhten Fuß in dieses Viertel setzen würde.
    „Allie? Bist du’s? Komm rein, Liebes.“
    Allie riss erschrocken den Mund auf. Cressies winziges Wohnzimmer war voller Frauen. Sie erblickte Cressie, Daisy, Opal Morris, Mabel Weber – den ganzen Frauenkreis.
    „Überraschung! Happy Birthday!“
    Happy Birthday? Allie traten Tränen in die Augen. Ergriffen legte sie eine Hand auf ihre Brust und spürte dabei Walts Kette mit dem Kreuz. Sein Geschenk war vor einer Woche gekommen, aber Allie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, ihm von ihrem Geburtstag erzählt zu haben.
    Cressie umarmte Allie wie ein Schraubstock. Dann sah sie sie prüfend an. „Du siehst aus, als wäre jemand gestorben.“
    Allie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Was für eine Überraschung! Ich danke euch allen. Danke, Cressie.“
    Cressie winkte ab und ging in Richtung Küche. „Das war Daisys Idee, Liebes. Alles Daisys Idee. Wir haben nur jeder ein bisschen Butter und Zucker gespendet für deine Torte.“
    Beschämt wandte sich Allie an Daisy, deren Schmalzlocke der Schwerkraft trotzte. „Oh, das war doch nicht nötig. Ich brauche keine Torte.“
    „Natürlich brauchst du eine. Wenn ich daran

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