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Der Klang der Sehnsucht - Roman

Der Klang der Sehnsucht - Roman

Titel: Der Klang der Sehnsucht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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wählte Suresh Bhai die Nummer eines Telefonhäuschens in einem Dorf in der Nähe von Maltis Dorf an. Ihr Vater und ihre Mutter mussten eine Stunde zu Fuß zu diesem Häuschen gehen, wo sie auf den Anruf ihrer Tochter warteten. Sie sprachen nur wenige Minuten, höchstens fünf. Dann machte Suresh Bhai eine Drehbewegung mit den Zeigefingern, als würde er Garn aufwickeln, um anzuzeigen, dass die Zeit gleich um war.
    Die letzten Male hatte ihre Mutter immer erwähnt, dass es Zeit würde, an Maltis Hochzeit zu denken, aber Malti hatte das nicht ernst genommen. Sie dachte, ihre Mutter sei nur beunruhigt, weil sie sah, wie die Jungen und Mädchen im Dorf miteinander schäkerten – ein Scherz hier, ein Seitenblick da, eine Hand, die einen aufmüpfigen Zopf berührte. In der Jugend ihrer Mutter war es sicher auch nicht viel anders gewesen.
    Außerdem war sie daran gewöhnt, dass ihre Mutter von ihrer künftigen Verheiratung sprach. Jede ihrer Ermahnungen begann mit dem Satz: »Was soll deine Schwiegermutter von mir denken, wenn sie sieht, dass du …?«
    Aber Malti fühlte sich noch nicht bereit für die Ehe.
    Der Erbsenberg wuchs. Jede der kleinen, grünen Kugeln, die sie auf seinen Gipfel fallen ließ, bahnte sich einen Weg hinunter, bis sie scheinbar zufrieden zwischen den anderen Erbsen liegen blieb.
    Vielleicht, dachte Malti, vielleicht ist es gar nicht so schlecht, verheiratet zu sein. Sie würde wieder in einer Familie leben. Und einen Mann haben. Er brauchte nicht gut auszusehen, solange er einen gütigen Charakter hatte. Sie hoffte, dass er sie mit der Zeit lieben würde und sie ihn. Dann würden sie eines Tages Kinder bekommen. Zwei kleine Jungen. Sie würden unar
tig sein, aber intelligent, und wenn sie sich wehgetan hatten, würden sie zu ihrer Mutter gelaufen kommen, um sich trösten zu lassen.
    »Oho, unsere zukünftige Braut!« Zwei der anderen Dienstmädchen kamen in die Küche. Sie hätten gar nichts zu sagen brauchen, schon ihr breites Grinsen verriet, dass sie Bescheid wussten. Die beiden Mädchen umtanzten Malti und sangen Hochzeitslieder, bis Brahmanji sie entrüstet wieder an ihre Arbeit scheuchte.
    Unter ansteckendem Gelächter baten sie Malti, ihnen den Sari zu zeigen, den sie tragen würde, und kümmerten sich nicht um Brahmanji, der über »alberne Gören« schimpfend zurückblieb.
    *
    Ganga Ba wies die Bediensteten an, draußen im Schatten des Frangipani für ihre Gäste zu decken. Sie fand, es wäre unverfänglicher für alle, wenn sie im Garten saßen statt in ihrem Haus.
    Obwohl die Partie für Maltis Familie vorteilhaft wäre, war sie selbst sehr viel wohlhabender als die Bewerber. Es war besser, die Dinge nicht allzu sehr zu vermischen. Gleichmacherei brachte für gewöhnlich mehr Schwierigkeiten mit sich, als es wert war.
    Als die Gäste eingetroffen waren und Platz genommen hatten, brachte Malti das obligatorische Tablett mit Wasser. Sie hielt die Lider gesenkt, wartete, bis Ganga Ba sie aufforderte, sich zu setzen, bevor sie durch die Wimpern die Eheleute betrachtete, die vielleicht ihre neuen Eltern sein würden. Die Frau war schlank, ihr Mann ein bisschen dicker. Er hatte ein Muttermal auf einer Wange. Die Frau sah älter aus und lächelte nicht ein einziges Mal in Maltis Gegenwart.
    »Kannst du kochen, Mädchen?« Die Frau hatte eine etwas schrille Stimme, aber ihr Ton war nicht unfreundlich, eher schroff.
    »Ja. Ich helfe hier in der Küche, und meine Mutter hat es mir auch beigebracht.« Sie versuchte, ruhig zu bleiben. Der weiche Stoff ihres Saris schmeichelte ihr, und sie wusste, dass sie sehr gut aussah. Die anderen Mädchen hatten ihr sogar rosa Blumen ins Haar gesteckt, dennoch schien die Frau nicht sonderlich beeindruckt. Malti hielt die Hände im Schoß gefaltet.
    »Und wie sieht es mit der Arbeit aus?«
    Ganga Ba antwortete, bevor Malti es tun konnte. »Sie ist sehr fleißig, und ich habe ihr ein wenig Lesen und Schreiben beigebracht. Sie ist weit gebildeter, als man vermuten würde. Ich habe sie gern bei mir. Natürlich wird sie weniger Stunden hier sein, wenn alles gutgeht, aber sie haben doch sicher keine Einwände, dass sie weiter bei mir arbeitet?«
    Die Frau presste die Lippen aufeinander, und der Mann starrte Malti schweigend an.
    »Das ist sehr großzügig von Ihnen, vielen Dank, aber falls wir uns einig werden, wird sie nicht mehr arbeiten müssen. Mein Sohn verdient recht anständig. Die Eltern des Mädchens haben nicht erwähnt, dass …«
    Es entstand eine

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