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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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Zeichen von ihm, um auch hinauslaufen zu können, aber Byron hob die Hand, und sie sanken stöhnend wieder zurück.
    »Er ging zu Bett, fiel um wie ein Brett und kam morgens nicht mehr auf die Beine«, sang Thierry.
    Als er hörte, dass alle wieder im Haus waren, erhob er sich langsam. Er hatte seine paar Habseligkeiten in zwei große Taschen gepackt. Sobald der Regen ein bisschen nachließ, würde er sich auf den Weg machen.
    Eine Tür knallte. Über ihm erschallten plötzlich laute Opernarien mit voller Orchesterbegleitung. Diese CD hatte er schon zuvor ein paar Mal gehört. Byron konnte hören, wie Kitty stöhnte: »O nein, nicht das schon wieder!« Dann wurde ein Fenster geschlossen, und der Gesang drang nur noch gedämpft zu ihm hinab.

    Byron holte einen Stift heraus und schrieb eine kurze Nachricht, die er behutsam auf den Heizkessel legte. Dann saß er in der zunehmenden Dunkelheit und wartete.
     
    »Nicholas?«
    »Hast du sie bekommen?« Er musste gar nicht fragen, wer dran war.
    »Sie sind wunderschön«, sagte sie sanft, »einfach herrlich. Ich habe sie kurz vorm Abendessen bekommen.«
    »Ich hab mir Sorgen gemacht, dass er vielleicht … Aber du hast ja gesagt, dass …«
    »Er ist nicht da. Ich weiß nicht, wo er sich rumtreibt, aber er ist kaum noch da.« Sie verriet nicht, dass sie den Wagen ihres Mannes im Wald hatte stehen sehen, als sie mit dem Hund draußen war. »Warum parkst du nicht gleich vorm Großen Haus? Das wäre ehrlicher«, hätte sie am liebsten zu ihm gesagt.
    »Ich wollte eigentlich Rosen schicken, aber das wäre vielleicht zu offensichtlich gewesen.«
    »Die meisten Rosen heutzutage duften sowieso nicht mehr.«
    »Die Verkäuferin hat gemeint, Lilien wären schön. Aber sind das nicht typische Begräbnisblumen?«
    Er wollte ihr zeigen, wie viel Gedanken er sich um das Geschenk gemacht hatte. Das bedeutete ihr viel. »Pfingstrosen sind meine Lieblingsblumen. Woher wusstest du bloß?«
    »Na ja, ich hab’s erraten. Du sollst wissen, dass ich die ganze Zeit an dich denke. Ich will dich nicht drängen, aber …«
    »Ich werde mich bald entscheiden, Nicholas.«
    »Ich weiß.«
    »Es ist nur … Das geht alles so schnell. Aber ich verspreche dir, es wird nicht mehr lange dauern.«
    Sie saß auf der Bettkante und schaute auf ihre linke Hand, auf den dicken Diamantring, den ihre Eltern für vulgär hielten.
Aber war ein vulgärer Ehering nicht immer noch besser als eine ehebrechende Tochter? »Es ist kompliziert. Mit meinem Sohn und allem.«
    »Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst.«
    Sie wünschte, er wäre da gewesen. Wenn er bei ihr war, wenn er ihre Hand hielt, wenn sie in sein Gesicht sah, die ehrlichen Gefühle darin, dann war sie sicher, was ihren neuen Kurs betraf. Aber wenn sie allein war, wenn Matts ständige Abwesenheit einen Schatten übers Haus legte, wenn beim Gedanken ans Spanische Haus ihre Fantasie mit ihr durchging, fühlte sie sich schrecklich. War er gerade dort? Lachte er über sie? Schlief er mit dieser Frau?
    Im Dorf konnte sie sich kaum noch blicken lassen. Der kleine Einkaufsladen der Vettern war noch immer geschlossen. Seit Matts Streit mit Asad schauten ihr die Leute kaum noch ins Gesicht, als wäre sie irgendwie mitschuldig, bloß weil sie seine Ehefrau war. Mit ihren Freundinnen konnte sie sich auch nicht treffen: Sie war noch nicht bereit zu verraten, was mit ihrer Ehe passierte. Passiert war. Sie lebte lange genug hier, um zu wissen, dass sie und ihre Geschichte bald die Runde machen würden.
    Etwas tropfte ihr aus dem Auge, eine überraschende Träne, die auf ihre Hose fiel, wo sie einen dunklen Fleck bildete, der einsickerte.
    »Können wir uns immer noch sehen, am Dienstag?«
    »Ach, Nicholas«, sagte sie und wischte sich über die Augen, »wie kannst du bloß fragen?«
     
    Es war das erste Mal, dass es regnete und nichts undicht war, nirgends Wasser reinlief. Und Isabel, die es längst aufgegeben hatte, irgendetwas für selbstverständlich zu halten, betrachtete dies als kleines Wunder. Vielleicht war Matt ja doch nicht ganz nutzlos. Das Gewitter hatte die Atmosphäre gereinigt, drinnen wie draußen, die Dinge in eine andere Perspektive
gerückt, sodass sie Rechnungen, Verrat, Laurent und dergleichen vorübergehend vergessen und sich am kreischenden Toben ihrer Kinder erfreuen konnte, nach Tagen drückender Hitze den kühlen Regen auf ihrer Haut genoss. Heute wollte sie mal nicht schimpfen, nicht mal, als die Kinder einander mit nassen Socken bewarfen

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