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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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vorbei den Gang entlang. Durch eine Schwingtür gelangte er in den Erste-Klasse-Rauchersalon mit seinen reichen Stuckverzierungen an der Decke und den filigran geschnitzten Wandvertäfelungen und Möbeln.
    Richard hielt verblüfft inne und traute seinen Augen kaum: Da saßen doch tatsächlich Männer in vornehmen Anzügen und spielten Karten! Ein paar von ihnen trugen Schwimmwesten, andere hatten sie abgelegt. Der Whiskey stand bedenklich schräg in ihren Gläsern. Sie rauchten und versuchten wohl, die Welt um sie herum zu ignorieren. Oder begriffen sie noch immer nicht, wie es um die Titanic bestellt war?
    Der Instrumentenbauer warf einen Blick auf den Steinway -Flügel, der eine gravierende Schräglage aufwies, aber noch immer an dem Platz stand, den Norah und Mr Andrews für ihn ausgesucht hatten, da auf die sonst üblichen Rollen an den Füßen verzichtet worden war. Allerdings warf sich der Teppich unter dem Flügel in unzähligen Wellen auf.
    Richard wandte sich sprachlos über die Gelassenheit dieser Leute ab. Wollten die Herren sich gegenseitig etwas beweisen? Entsprach ihr Tun dem Ehrenkodex der höheren Gesellschaft: stoisch alles hinzunehmen, keinen inneren Aufruhr zu zeigen? Richard wusste darauf keine Antwort. Er betrat wieder den hier luxuriös breiten Korridor. Hilflos drehte er sich einmal im Kreis, ehe er sich für eine Richtung entschied, in die er weiterlief. Sein Orientierungssinn ließ ihn einmal mehr im Stich, und seine zunehmende Angst half ihm nicht gerade dabei, sich in den verwirrenden Gängen zurechtzufinden. In Gedanken sah er sich schon mit dem Schiffskoloss untergehen.
    Nein! Kämpferisch ballte er die Hände zu Fäusten. Noch gab es für ihn die Möglichkeit zu entkommen. Für einen kleinen Moment erlaubte er sich, an Norah zu denken. Sie würde an seiner Stelle sicher beten, fiel ihm ein, und während er dies nun auch versuchte, lief er planlos weiter. Dabei entfernte er sich unwissentlich immer mehr von dem nächsten Ausstieg, der ihn auf das Promenadendeck führen würde.

Kapitel 39
    Adam wechselte von der Steuerbord- auf die Backbordseite, als dort das letzte Rettungsboot, die Nummer 15, abgefiert worden war. Er sah, wie im Heck, im Bereich der zweiten Klasse, das Boot Nummer 16 zu Wasser gelassen wurde, und machte sich auf den Weg zum Bug, wo die Wasseroberfläche dem Bootsdeck inzwischen bedenklich nahe kam. Rettungsboot 2 und 4 wurden hinuntergelassen.
    Adam stieg aufs Bootsdeck hinauf und kletterte von dort auf das Dach der Offizierskabinen. Auf diesen befanden sich zwei noch festgezurrte Engelhardt-Halbklappboote 17 . Er half einigen weiteren Matrosen, das verkehrt herum befestigte floßartige Boot aus seiner Verankerung zu lösen und auf das Bootsdeck hinunterzulassen. Mit vereinten Kräften wurde es an die nun verwaisten Davits gehängt und in aller Eile mit Frauen, Kindern, drei Männern und drei Besatzungsmitgliedern besetzt.
    Völlig überraschend strömten plötzlich immense Menschenmassen aus allen verfügbaren Türen an Deck. Das Gedränge nahm zu, panische Rufe erfüllten die Luft. Passagiere, die einzig mit ihren Schlafanzügen und den Rettungswesten bekleidet waren, mischten sich unter diejenigen, die die Zeit gefunden hatten, sich anzuziehen. Manche von ihnen trugen Bündel oder gar einen Koffer, während andere krampfhaft ihre Liebsten an den Händen hielten. Die Masse derer, die auf das von den Rettungsbooten geleerte Deck quollen, wollte kein Ende nehmen. Die Gesichter, die fahl vom Sternenlicht beleuchtet wurden, wirkten unwirklich blauweiß, die Augen vor Panik weit aufgerissen, die Münder zu verzweifelten Rufen geöffnet. Sie alle taumelten ohne Ziel über die Holzbohlen des Decks, schubsten und bedrängten einander. Mütter verloren ihre schreienden Kinder aus den Augen, Eheleuten wurde der Liebste entrissen, und nur gelegentlich konnten sie sich sehen, jedoch nicht mehr zueinanderkommen. Die flehentlichen Rufe in Richtung der davonrudernden Rettungsboote, sie sollen umkehren und noch mehr Menschen mitnehmen, wurden zunehmend lauter, schriller … und wurden doch nicht erhört.
    Adam keuchte erschrocken auf. Wo kamen diese Menschen alle her? Hatten sie jetzt erst ihren über mehrere Stockwerke verlaufenden Weg an Deck gefunden? Deshalb also waren ihre Rufe nach weiteren Frauen und Kindern, mit denen sie die Boote füllen wollten, so oft unbeantwortet geblieben!
    Der Matrose wurde abgelenkt. Das Schiff neigte sich jetzt rasant weiter und das Wasser stieg in

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