Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Jakob.
Ebba nickte. »Genau. Warum ist Anna so uninteressant?«
Vendela antwortete: »Sie kommt einem irgendwie so … lächerlich vor. Liegt einem mit ihrer Liebe von früher in den Ohren, damit, dass sie sich wiedergefunden hätten, wo es doch vollkommen offensichtlich ist, dass es um Caroline und Raoul geht.«
»Sie ist etwas farblos«, meinte Jakob.
»W ir sollten aber nicht vergessen, wie Louise sie darstellt. Eine sozial kompetente Person, die dafür sorgt, dass es den Mitgliedern des Quartetts gut geht. Außerdem ist sie eine recht gute Violinistin und gerade zur Konzertmeisterin der Philharmonie ernannt worden. Das ist ein sehr wichtiger Posten, den nur sehr kompetente Musiker bekleiden.«
»V ielleicht spielt sie ja gut, aber sie ist keine besonders leidenschaftliche oder auffällige Person«, gab Jakob zurück.
»Ich sehe das folgendermaßen: Wow! Den Konzertmeisterposten. Sie muss eine wahnsinnig gute Violinistin mit Führungsqualitäten sein«, meinte Vendela. »T rotzdem erweckt sie nicht diesen Anschein.«
»Obwohl sie eine Führungsperson ist, haltet ihr sie für harmlos und etwas simpel«, meinte Ebba. »Mit anderen Worten … eine widersprüchliche Persönlichkeit. Das müsste doch unsere Neugier wecken, nicht wahr?«
»W illst du sie zu einem weiteren Verhör vorladen?«
»Ich will morgen um zehn mit Anna sprechen. Nach dem Mittagessen kommt Peder mit seinem Anwalt.«
Vendela seufzte. »Und ich dachte, wir dürften morgen ausschlafen. Wir haben schließlich das ganze Wochenende gearbeitet.«
»Ha! Wir haben es mit einem Mordfall zu tun. Vergiss das Ausschlafen. Morgen um neun bei mir im Büro.« Ebba faltete die Hände und streckte die Arme aus. »Jetzt gehe ich in meine Kabine und ruhe mich aus. Jakob, du bestellst Anna zum Verhör ein. Trag es in meinem Computer in meinen Kalender ein.«
Jakob zog sein Handy hervor und rief Anna an. Er öffnete den Kalender auf dem Bildschirm, während er darauf wartete, dass Anna abhob.
Als sie ihm dabei zusah, wie er diese beiden Dinge parallel erledigte, kam es Ebba plötzlich in den Sinn.
»V erdammt!«, rief sie und schlug mit den flachen Händen auf den Tisch. Jakob unterbrach die Verbindung, und er und Vendela sahen ihre Chefin an. Ebba stand auf und eilte ans Fenster.
»W ie weit sind wir schon?«, fragte sie und schaute nach draußen. »Sind wir schon an Möja vorbei?«
Vendela suchte den Kapitän auf und war wenig später zurück.
»W ir befinden uns südlich von Grinda«, sagte sie. Ebba seufzte verärgert.
»Mist! Wir können jetzt nicht kehrtmachen«, sagte sie. »Aber Kaj ist doch wohl noch dort?«
Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern griff zu ihrem Handy. Ungeduldig trommelte sie mit den Fingern auf den Tisch, bis Kaj am Apparat war.
»Kaj«, sagte sie. »W ir haben Teile des Stegs bereits abgesperrt. Sperr auch noch den Rest ab. Lass jeden Quadratzentimeter um die Bank herum untersuchen und schraub auch die Bank selbst ab. Es könnten Haare, Haut oder Blut an ihr kleben. Eventuell auch am Holz des Stegs. Ja, ich weiß, wir sind dort rumgetrampelt. Mach es einfach!«
Sie klappte ihr Handy zu und begab sich dann sofort in ihre Kabine. Sie legte sich in die Koje, war aber immer noch so aufgedreht, dass sie sich nicht entspannen konnte. Die Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf. Dann nahm sie ihr Handy und Peders Visitenkarte hervor, überlegte es sich aber anders. Er würde stattdessen unerwartet Besuch erhalten.
Sie ließ beide Arme sinken und spürte, wie die Müdigkeit ihren Körper endlich schwer werden ließ. Ein weiteres Mal ergriff sie die Trauer, dass es diesen fantastischen Violinisten nicht mehr gab. Sie wusste, und darin stimmte sie Caroline zu, dass es um mehr als nur seine einzigartige Musikalität ging. Es war seine erotische Ausstrahlung, die ihn von den wenigen anderen Topmusikern unterschied. Er war auf der Bühne einzigartig präsent gewesen, ein Mann, der einfach berühren musste. Genau wie Helena gesagt hatte. Was hätte sie selbst getan, wenn sie die Gelegenheit erhalten hätte? Hätte sie gezögert, eine heimliche Affäre mit Raoul Liebeskind zu beginnen, wenn sie an ihrer Stelle gewesen wäre?
Sie wäre ihm direkt in die Arme gelaufen. Und das wäre ihr sicher einige Opfer wert gewesen.
Montag, 19. Oktober
O bwohl Stockholm nur einige Dutzend Kilometer von Svalskär entfernt lag, kam es einem vor, als kehre man aus dem Ausland zurück. Eine Hauptstadt, deren Leben immer in den gleichen Bahnen
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