Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Verspätung zu entschuldigen. Sie nahm an ihrem Schreibtisch Platz. Jakob setzte sich auf den Stuhl davor, hinter ihm schlenderte Vendela ins Zimmer.
»Also, womit beschäftigen wir uns heute?«, begann Ebba. »Als Erstes mit Anna.« Ihr Blick fiel auf Vendela, und sie nickte ihr auffordernd zu. »W issen wir mehr über Carolines Geburt?«
Vendelas Miene verfinsterte sich, hatte aber auch etwas Selbstironisches.
»Nein, über die Geburtsurkunde weiß ich immer noch nichts. Das Einzige, was die Datenbanken preisgeben wollten, ist, dass Caroline af Melchior am 3. April vor vierundzwanzig Jahren im Karolinska Sjukhuset zur Welt gekommen ist. Falls Britt-Marie die Mutter war, war sie zu diesem Zeitpunkt dreiundvierzig Jahre alt und bei Helenas Geburt neunzehn. Eine junge Mutter, die ihr Kind alleine großziehen musste.« Sie schüttelte den Kopf. »Das wäre so, als hätte ich ein siebenjähriges Kind.«
»Man kann sich ihre Erleichterung vorstellen, als sie den Baron in der Bar kennenlernte«, meinte Ebba und klappte ihren Laptop auf. »V endela, ich übertrage dir eine Aufgabe, die deinem adligen Fingerspitzengefühl entspricht.«
Vendela lächelte gönnerhaft in Jakobs Richtung.
»Ich habe begonnen, Peder und Louise etwas zu überprüfen, aber wir benötigen noch mehr über ihren Hintergrund. Schau, was sich in Erfahrung bringen lässt. Sag mir Bescheid, wenn du Zugang zu gesperrten Datenbanken erhalten möchtest.«
Vendela nickte und Ebba fuhr fort: »Heute will ich bestimmte Fragen klären, die die Chronologie betreffen. Wir müssen einen wahrscheinlichen Verlauf für den Tod Raoul Liebeskinds entwerfen. Wann geschah was, und wo befanden sich die verschiedenen Beteiligten? Wir müssen mit dem Ende beginnen: mit dem Auffinden der Leiche. Kjell fand sie gegen neun Uhr. Da hatte sie maximal eine Stunde lang im Wasser gelegen. Raoul ist frühestens um acht Uhr gestorben, wahrscheinlich gegen Viertel nach. Kurz darauf hat ihm jemand zwei Spritzen verabreicht. Anschließend hat man die Leiche ins Wasser geworfen. Bedenkt man, dass ein Schuh dreißig Meter vom Ufer entfernt entdeckt wurde, liegt es nahe, dass man die Leiche mit dem Boot in tiefere Gewässer brachte, dann ist sie vom Wind und der Strömung wieder ans Ufer gespült worden.«
Sie nahm die kleine Plastiktüte mit den Ringen aus ihrer Handtasche und hielt sie Jakob hin.
»W as ist das?«, fragte er verblüfft.
»Peder Armstahls Siegel- und Ehering. Svante soll nachprüfen, ob sie mit der Verletzung auf Raouls linker Wange übereinstimmen. Ich hätte gerne umgehend einen vorläufigen Bescheid.«
»Okay.« Er nahm die Tüte und verließ mit ihr das Büro. Auf der Schwelle traf er Karl-Axel Nordfeldt. Ebba lehnte sich zurück und winkte ihn ins Zimmer. Er war vierundsechzig, und sein Gesicht besaß eine leichte Graufärbung, als hätte ihn sämtliche Kraft verlassen. Und das, obwohl er gerade aus dem Wochenende kommt, dachte Ebba.
»W illkommen zu Hause«, begann er. »Gut, dass ihr hier seid. Um elf kommen die Eltern Raoul Liebeskinds und seine Frau. Wir sprechen gemeinsam mit ihnen. Wir haben sicher auch noch Zeit für einen Status vor der Pressekonferenz vor dem Mittagessen.«
»Pressekonferenz?«, erwiderte Ebba verständnislos.
»Um halb drei. Du führst das Wort. Aber erst … « Karl-Axel warf einen raschen Blick auf einen Notizzettel. »Leonard und Ruth Liebeskind«, erklärte er, drehte sich um und verließ das Büro.
»Der Tropfen lief über und höhlte den Stein schließlich aus«, murmelte Ebba halblaut. Dann sah sie Vendela an. »Das war wirklich interessant. Ein Glück, dass man alles immer so rechtzeitig erfährt.«
»Und was sollen wir den Journalisten sagen?«
»So einiges«, meinte Ebba. »Es gibt einige schöne Brocken, die wir den Zeilenschindern hinwerfen können.« Als sie Vendelas ratlose Miene sah, meinte sie: »Ihr ahnt gar nicht, wie so etwas eine Ermittlung in Schwung bringen kann. Unsere Verdächtigten werden nervös und beeilen sich damit, Wahrheiten um sich zu streuen, aus Angst, schuldig zu wirken …«
Mit frisch gewaschenem, glänzenden Haar, in einem schicken Nadelstreifenanzug und einem dünnen Rollkragenpullover aus Wolle betrat Anna Ebbas Büro. Dieses Mal trug sie sorgfältiges Make-up mit einem Lippenstift, der zu ihrem Teint passte. Ihre Augen leuchteten ausgeschlafen. Der Unterschied zum Vortag war auffallend. Ebba bot ihr einen Stuhl an.
»Danke, dass Sie kommen konnten«, begann sie. »Ich hatte das
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