Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
verläuft, hat etwas Beruhigendes. Die Menschen schoben sich die Bürgersteige entlang, die blauen Busse schaukelten über die Straßen, und Lichter und Scheinwerfer erhellten den nebligen Herbstmontag. Trost und Resignation gleichzeitig.
Ebba war bereits früh vor Sonnenaufgang in Vasastan gewesen, um die Hunde bei ihrer Tochter abzuholen. Es war immer noch recht wenig Verkehr, als sie zu ihrer Jugendstilvilla im Vanfridsvägen in Djursholm fuhr. Minna und Cosima rasten über das Parkett und waren froh, wieder zu Hause zu sein. Sie kontrollierten die Wasser- und Futternäpfe, um zu sehen, worauf sie sich im Verlauf des Tages freuen konnten.
Jetzt saß Ebba wieder im Auto. Sie hielt an einer roten Ampel, und ihr Blick fiel auf eine Schlagzeile an einem Tabakgeschäft: »W eltstar tot in den Schären.« Daneben ein Porträtfoto von Raoul Liebeskind. Ein Gesicht, das Aufmerksamkeit gewohnt war, mit verwegenem Blick in die Kamera. Ebba konnte sich nicht von dem Bild losreißen. Schließlich wurde hinter ihr gehupt, und sie musste weiterfahren.
Sie parkte in einer Tiefgarage an der Birger Jarlsgatan und ging mit raschen Schritten Richtung Norrmalmstorg. Im ehemaligen Gebäude der Kreditbank nahm sie den Fahrstuhl zur Kanzlei »Zylberstein, Armstahl & Söderqvist« und meldete sich als Ebba Schröder ohne Berufsbezeichnung an. Am Empfang saß eine junge Frau in einem engen weinroten Kostüm und einer beigen Bluse aus Crêpe de Chine. Sie betrachtete Ebba diskret geschäftsmäßig und teilte mit, Peder Armstahl befände sich in einer Telefonkonferenz und dürfe den ganzen Vormittag keinesfalls gestört werden.
»Ich bin davon überzeugt, dass mein Besuch für ihn Vorrang hat«, erwiderte Ebba. Die Sekretärin zögerte, griff dann aber zum Telefonhörer und wählte eine Nummer. Sie brachte mit leiser, etwas heiserer Stimme ihr Anliegen vor, erhielt eine einsilbige Antwort und beendete das Gespräch. Mit einem kühlen Lächeln wandte sie sich an Ebba, sie dürfe durchgehen, dritte Tür links.
Peder Armstahl saß hinter einem riesigen Schreibtisch aus Eichenholz, der mit dunkelgrünem Leder bezogen war. Ein paar Bücher lagen seitlich ordentlich auf Stapeln. An den Wänden hingen zwei Porträts aus dem 17. Jahrhundert sowie ein größeres Schlachtengemälde in einem prächtigen, barocken Goldrahmen. Vor dem Schreibtisch standen zwei mit rotem Samt bezogene Lehnstühle.
»T reten Sie ein«, sagte er. Er war hinter seinem Monitor fast nicht zu sehen. »Könnten Sie so freundlich sein, die Tür hinter sich zu schließen?«
Ebba nahm so auf jenem Stuhl Platz, der unbehinderte Sicht auf Peder gewährleistete.
»Ich dachte, wir seien nach dem Mittagessen verabredet«, begann Peder. Er trug einen dunklen Anzug und eine perfekt gebundene stahlgraue Krawatte mit einem helleren Paisleymuster. Seine gestärkten Manschetten ragten aus den Ärmeln seines Jacketts hervor und wurden von relativ großen königsblauen Manschettenknöpfen mit Goldankern geschmückt. Der Unterschied zu seiner sportlichen Erscheinung auf der Insel war markant, aber beide Stile ließen sich mit seiner klassischen Ausstrahlung vereinbaren.
»Das stimmt«, antwortete Ebba. »Der Termin für Ihr Verhör steht auch weiterhin.«
Seine Miene verfinsterte sich etwas, als sie diese unangenehme Bezeichnung für ihre bevorstehende Begegnung wählte. Ebba schenkte ihm ein kleines Lächeln.
»Als Sie mir auf Svalskär Ihre Telefonnummer aufschrieben, fiel mir auf, dass Sie Linkshänder sind.«
»Ja«, antwortete er und breitete die Arme aus. »Heutzutage gilt das als recht normal.«
»Natürlich. Ich maß dem auch erst keine Bedeutung bei. Aber als ich dann sämtliche Informationen zusammenstellte, fiel mir auf, dass diesem Umstand bei der Aufklärung von Raoul Liebeskinds Tod besondere Bedeutung zukommt.«
»Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen«, erwiderte Peder ungeduldig.
»Kein Mitglied des Furioso Quartetts ist Linkshänder. Das geht auch gar nicht, wenn man ein Streichinstrument in einem Orchester spielen will. Beim Fechten ist es allerdings von Vorteil. Sie waren schwedischer Juniormeister im Florettfechten.«
»Ja … und?« Er lächelte amüsiert. Seine Stimme war aber immer noch wachsam.
»Sie sind sportlich, Peder. Starke Hände, reaktionsschnell«, meinte Ebba. »Besonders unter Druck, wenn die Gefühle aufwallen.«
»Kommen Sie zur Sache.«
Ebba lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander.
»Raoul Liebeskind zog sich an dem
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