Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Laptop in ihre Richtung. Die Unterhaltung war kurz, und Vendela wollte zu sprechen beginnen, als Ebba den Finger hob.
»Bevor du anfängst, Vendela. Ich will betonen, dass ich deine kühnen Gedanken und deine Fantasie als Polizistin zu schätzen weiß. Du zögerst nicht, auch noch die wahnsinnigsten Überlegungen zu prüfen. Das ist mutig. Also.«
Vendela lachte. »Dass du einem auch immer jegliche Freude rauben musst. Svante, denn ihn habe ich angerufen, konnte mir keine Antworten geben. Er erreichte nicht die richtigen Leute, um die Einzelheiten von Carolines Geburt in Erfahrung zu bringen. Wir müssen uns also gedulden.«
»Gehen wir einmal davon aus, dass Caroline Raouls und Helenas heimliches Kind ist. Kann etwas Schlimmeres geschehen, als dass Vater und Tochter eine Beziehung eingehen, die eventuell noch zu einer Schwangerschaft führt? Da Caroline und Raoul ihre Affäre diskret betrieben haben, ist den Beteiligten erst sehr spät aufgegangen, was Sache war. Wie haben wir dann die Reaktionen der anderen zu deuten?«
»Plötzlich erhalten wir ganz neue Mordmotive. Lass uns mit Helena anfangen. Der Verrat könnte gar nicht größer sein. Sie hat ihre Beziehung alle diese Jahre geheim gehalten, und ihre Eltern haben ihre gemeinsame Tochter großgezogen. Gleichzeitig hat sie sich nach Raoul gesehnt und darauf gehofft, dass er sie erwählen würde. Stattdessen hat dieser sich in ihre eigene Tochter verliebt, hat heimlich eine Affäre mit ihr begonnen und versucht, sie zu schwängern. Als Helena das entdeckt, läuft das Fass über, sie bringt ihn um, um dem Leiden ein Ende zu setzen, sowohl ihrem als auch Carolines.«
Ebba saß nachdenklich da, und Jakob holte tief Luft, Vendela fuhr fort: »Dann haben wir Caroline. Vermutlich ganz schön abtörnend, zu erfahren, vom eigenen Vater verführt und vielleicht noch dazu geschwängert worden zu sein. Vor allen Dingen dieser Verrat, sich über beide Ohren zu verlieben und dann einzusehen, dass er der Letzte auf Erden war, mit dem sie sich hätte einlassen sollen. Was für einen Ekel sie empfunden haben muss. Dazu kommt, dass sie ohnehin labil ist und an starken Stimmungsschwankungen leidet. Vielleicht ist das alles ausreichend, um ihrem Daddy dearest einen Ambidexterdrink zu servieren.«
»Dexofen«, berichtigte sie Jakob, aber Vendela fuhr einfach fort: »Und Anna und Louise? Unter diesem Gesichtspunkt hätten sie ein schwächeres Motiv.«
»Peder hingegen«, kommentierte Jakob, »könnte der Umstand, dass Caroline sein Kind abgetrieben hatte und stattdessen von ihrem eigenen Vater schwanger geworden war, angewidert haben. Er räumt diesen also aus dem Weg, um vielleicht eine zweite Chance mit Caroline zu bekommen.«
»Das setzt allerdings voraus, dass Peder von dem Schwangerschaftsabbruch wusste.«
»Dieser Gedanke hat etwas für sich«, meinte Ebba mit einem nachsichtigen Lächeln, »wirkt aber ein wenig weit hergeholt.«
Vendela ließ sich ihre Enttäuschung nur durch ein leichtes Schulterzucken anmerken.
»Bevor du das Kind mit dem Bade ausschüttest, sollten wir noch etwas länger über diese Theorie nachdenken. Ich interessiere mich für genau diese Art von Verbindungen zwischen den Beteiligten. Bestehen ungeklärte Konflikte? Alte Enttäuschungen werden auf Svalskär aufgefrischt. Alle hatten eine gemeinsame Geschichte, außer Caroline vielleicht, sie stellt eher den Katalysator dar. Es gibt Dinge, die wir noch nicht sehen. Geschehnisse, Worte, Wunden, die nicht verheilt sind.«
»Ich finde, wir haben jeden Stein umgedreht«, seufzte Jakob.
»W ir müssen zeitlich weiter zurück. Es lässt sich noch vieles herausfinden. Vergesst nicht, dass sie die schwerwiegendsten Geheimnisse so lange wie möglich zurückhalten.«
»Du meinst also, dass wir dem, was bislang gesagt wurde, keine zu große Bedeutung beimessen sollen?«, wollte Vendela wissen.
»Im Gegenteil. Ihr sollt die Aussagen aus vier Perspektiven deuten: Was ist so offensichtlich, dass es sich nicht verschweigen lässt? Was betonen sie besonders? Was geben sie nur unter Druck preis? Und schließlich: Was haben sie bislang noch nicht zugegeben?«
Es wurde einen Augenblick still, während sie die Worte verarbeiteten. Nach einer Weile übernahm Ebba wieder das Kommando: »Es gibt eine Person, mit der wir uns bisher noch nicht sonderlich beschäftigt haben. Ich frage mich, warum wir sie ganz spontan außen vor gelassen haben. Vermutlich, weil sie so alltäglich ist.«
»Du meinst Anna?«, fragte
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