Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Augenblick, ehe sie antwortete: »Ich glaube nicht, dass ich das so ausgedrückt habe, dass wir ein Paar werden würden. Aber uns verband etwas sehr Spezielles. Wir hatten viel Spaß zusammen. Niemand aus dem Quartett stand ihm so nahe wie ich, nicht einmal Louise. Wenn Sie wüssten, wie sehr ich über diese Tage auf Svalskär nachgedacht habe. Immer und immer wieder. Ich hoffte vielleicht, dass er zu mir zurückkehren würde, aber das tat er ja nicht. Er liebte nicht mich, jedenfalls nicht auf diese Art. Das haben wir vermutlich alle eingesehen.«
Ebba entschied sich dafür, rasch weiterzufragen: »Hatten Sie Gelegenheit, noch mehr über den Abend nachzudenken, an dem Raoul starb? Erinnern Sie sich an irgendwelche Unterhaltungen und Begegnungen an diesem Abend? Etwas, was bislang nicht erwähnt worden ist?«
Der Wendepunkt des Gesprächs war deutlich, und es hatte den Anschein, als hätte Anna darauf gewartet. Sie richtete sich auf und sah Ebba an.
»An diesem Abend geschah sehr viel. Ich hörte, dass Raoul und Caroline im Studio stritten. Sie spielte Bach, und er ging zu ihr rein. Da ich gerade in der Küche Tee kochte, konnte ich ihre Stimmen hören, aber nicht, was sie sagten. Ich muss zugeben, dass mich ihr Streit irgendwie freute. Ich hoffte, dass sie Schluss machen würden. Ich wollte aber auch nicht lauschen, also zog ich meine Jacke über und machte einen Spaziergang. Ich brauchte frische Luft zum Nachdenken. Nach einer Weile setzte ich mich in die Laube auf dem Hügel neben dem Haupthaus. Dort hat man seine Ruhe. Da die Bäume schon kein Laub mehr hatten, war die Sicht recht gut. Ich sah Raoul ins Atelier gehen. Wenig später ging auch Helena dorthin. Sie waren eine ganze Weile dort, aber ich weiß nicht, worüber sie redeten. Dann kam Caroline aus dem Haus und ging ebenfalls ins Atelier. Sie blieb nicht sonderlich lange, vielleicht fünf oder zehn Minuten. Aber dann brach die Hölle los. Es wurde geschrien, und Türen wurden zugeknallt. In Tränen aufgelöst lief Caroline zurück zum Haupthaus.«
»W issen Sie, wie spät es da war?«
Sie trank einen Schluck aus dem Wasserglas, das Vendela ihr hingestellt hatte. »V ermutlich gegen acht.«
»Hatten Sie an diesem Tag gemeinsam zu Abend gegessen?«
»Nein, irgendwie war niemandem danach. Niemand empfand das Bedürfnis, alle um einen Tisch zu versammeln, alle machten sich also irgendwann ein Brot. Wir wollten ohnehin am nächsten Tag Svalskär verlassen. Jan und Louise fanden, sie hätten genug Material für die CD . Wir mussten also nicht wieder ins Studio. Das wäre bei der herrschenden Stimmung außerdem vollkommen unmöglich gewesen. Louise und Caroline begegneten einander mit Eiseskälte, Helena redete mit niemandem, und sobald Raoul erwähnt wurde, gab es Streit. Da blieb nur eines, und zwar nach Hause zu fahren und alles hinter sich zu lassen.«
Jetzt war es wieder Zeit für die zentrale Frage. Ebba fand es wichtig, dass Anna sowohl vorbereitet als auch ausreichend entspannt war. Wieder verblüffte sie die Ruhe, die Anna ausstrahlte. Ihr Blick war weder ratlos noch nervös.
»Erzählen Sie von Ihrer letzten Begegnung mit Raoul.«
Dass Anna auf diese Frage vorbereitet schien, war offensichtlich. Sie räusperte sich und setzte sich zurecht.
»Nachdem ich eine Weile in der Laube gesessen hatte, begann ich zu frieren und kehrte ins Haus zurück. Ich ging in die Küche, um etwas zu essen. Louise war mit Jan und Kjell im Esszimmer immer noch mit den Aufnahmen beschäftigt. Ich konnte leise ihre Stimmen durch die Türen hören. Im Übrigen war es im Haus vollkommen still. Helena kam zurück und ging direkt in den Salon. Als ich aus dem Fenster schaute, sah ich Raoul aus dem Atelier kommen.«
Ebba nickte ihr aufmunternd zu.
»Es war ziemlich dunkel und man sah nicht recht, was geschah, aber unten am Steg war Peder bei den Booten mit irgendetwas beschäftigt. Ich glaube, Peder rief Raoul zu sich, weil dieser plötzlich vom Weg zum Haupthaus abbog und stattdessen zu Peder ging. Ihre Diskussion wurde nach einer Weile immer hitziger, und sie drohten einander mit den Fäusten. Selbst aus der Ferne war zu sehen, dass sie stritten. Ich war den ganzen Streit so leid, dass ich ihnen nicht weiter zusehen mochte. Also ging ich auf mein Zimmer, um zu lesen. Und abzuwarten, bis wir am nächsten Tag fahren würden.«
»Haben Sie gesehen, ob sie sich geprügelt haben?«
Anna dachte kurz nach.
»Nein. Aber das würde mich nicht weiter verwundern. Denn es
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