Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
handelte sich um alles andere als eine normale Unterhaltung.«
Ebba gönnte sich einen Moment stiller Zufriedenheit, weil sie korrekt auf einen Streit zwischen Raoul und Peder geschlossen hatte. Sie war auf der richtigen Spur.
»W ie handhabte Louise den Konflikt mit Caroline?«
»Louise«, begann Anna, »gehört nicht zu den Leuten, die sich einem anvertrauen. Sie ist nicht unfreundlich oder so, aber was ihre innersten Gedanken und Gefühle angeht, teilt sie sich niemandem mit. Oder zumindest nicht mir. Und ich habe das Gefühl, zu ihren besten Freunden zu gehören. Am Tag vor Raouls Tod ließ sie allerdings etwas von ihrer Unruhe erkennen. Dann fand sie offenbar heraus, wie die Dinge lagen, denn am Tag der Aufnahme verhielt sie sich allen gegenüber ausgesprochen kühl und gefühllos. Vermutlich aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Sie schien sich von allen Konflikten abschirmen und die Aufnahme um jeden Preis durchziehen zu wollen. Helena flippte vollkommen aus und warf eine volle Kaffeetasse nach mir. Ich glaube, sie war wahnsinnig in Raoul verliebt. Genauer gesagt weiß ich das, weil Raoul es mir erzählt hat. Ich habe Helena nie so unkontrolliert erlebt. Sie ist sonst in allen Lebenslagen so wahnsinnig perfekt und cool. Aber das mit Caroline und Raoul machte sie vollkommen fertig.«
Sie hielt inne und trank einen weiteren Schluck Wasser. Ebba ließ ihr etwas Zeit, damit sie sich sammeln konnte und fragte dann: »Hat Sie das auch vollkommen fertiggemacht, Anna?«
Anna schluckte und sah eine Weile zu Boden. Als sie wieder aufschaute, lag ein vorsichtiges Lächeln auf ihren Lippen.
»Ich will nicht verschweigen, dass ich eifersüchtig war. Es ist keine Freude, wenn einem eine schöne und begabte, zwanzig Jahre jüngere Frau den Rang abläuft. Was hatte ich dem schon entgegenzusetzen? Caroline verdrehte Raoul vollkommen den Kopf. Natürlich war das für mich nicht schön. Ich sah ein, dass es für mich keine Hoffnung mehr gab.«
Der Schmerz ergriff wieder von ihr Besitz, aber als ihr ihr Selbstmitleid bewusst wurde, setzte sie sich wieder auf. Mit den Zeigefingern wischte sie sich die Tränen weg, ohne dabei ihre Wimperntusche zu verschmieren.
»Keine Hoffnung für Sie oder für Ihre Beziehung?«
»Spielt das eine Rolle?« Sie zuckte mit den Achseln. »Raoul war für mich ein abgeschlossenes Kapitel. Ich hätte das schon viel früher einsehen sollen. Aber jetzt war es mehr als überdeutlich. Obwohl es nicht schön war, so mit der Wahrheit konfrontiert zu werden, so öffnete es mir die Augen. Jetzt konnte ich das alles hinter mir lassen.«
Sie holte Luft, um deutlich zu machen, dass sie mit ihrem Bericht am Ende war. Eine Weile wurde im Zimmer geschwiegen, bis Ebba mit ruhiger Stimme fragte: »Können Sie mir erzählen, wie Raoul starb, Anna?«
Anna sah sie an. Ebba betrachtete ihr Gesicht, ob sich vielleicht etwas darin verbarg, aber wieder hatte sich Anna unerwartet schnell gefasst.
»W enn ich das nur wüsste. Ich lag in meinem Zimmer und versuchte, mir alle Gefühle zu verbieten. Ich versuchte, ihn zu verdrängen. Dann fand man seine Leiche, und da kam es mir so vor, als hätte man mich um meinen Abschied von ihm betrogen. Es wäre schöner gewesen, gar nicht erst zu erfahren, dass er Caroline liebte. Einfach nur die Erinnerung daran zu haben, was uns einmal verbunden hatte. Oder zumindest, was ich mir einbildete.«
Das geht alles etwas zu glatt, dachte Ebba und schlug rasch eine andere Bahn ein.
»Haben Sie abends ein Glas Wein getrunken, Anna?«
Ganz richtig stutzte Anna bei dieser unerwarteten Frage.
»W ein?«
»W elchen Wein haben Sie an diesem Abend getrunken?«
Einen Augenblick lang wirkte sie fassungslos. Als sie zu sprechen begann, hatte sie Mühe, die richtigen Worte zu finden.
»T ja, was kann das gewesen sein … keine Ahnung. Jedenfalls Rotwein. In der Küche stand eine geöffnete Flasche, und ich goss mir einfach ein Glas ein und nahm es mit auf mein Zimmer.«
Es klopfte. Nordfeldt öffnete wie immer, ohne das Herein abzuwarten.
»Die Eltern und die Ehefrau sind jetzt da, Ebba.«
Sie versuchte, sich ihre Verärgerung über sein Hereinplatzen nicht anmerken zu lassen, nickte und hielt Anna lächelnd ihre Hand hin.
»V ielen Dank, dass Sie gekommen sind. Ich werde mich nochmals mit Ihnen unterhalten müssen, wie Sie sicher verstehen werden.«
Anna erhob sich und nahm Ebbas Hand. Ganz kurz glänzte etwas in ihren Augen auf, als bemerke sie Ebbas Verwunderung über das
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