Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
zweimal rasch nacheinander eine Braue.
»Ich bin unverbesserlich. In jeder Beziehung«, erwiderte er grinsend.
»W ie auch immer«, unterbrach Ebba, »ich hätte gerne gewusst, ob du Louise einen Mord zutraust.«
Pontus dachte nach. »Schwer zu sagen«, begann er. »Ist es uns nicht allen zuzutrauen? Trotz allem? Es kommt doch nur auf die Motivation an.«
Es klopfte und Vendela öffnete. Herr und Frau Liebeskind standen in Begleitung eines Polizeianwärters vor der Tür. Ebba bot ihnen die Stühle vor dem Schreibtisch an. Pontus erhob sich und begrüßte sie ernst und bewies seine Diplomatie, indem er Ebba nicht anschaute, als er sich als stellvertretender Polizeichef bezeichnete, ehe er verschwand und die Tür hinter sich schloss.
Ebba begann damit, dem Ehepaar ihr Beileid auszusprechen.
»Ich bin dankbar, dass Sie gekommen sind«, fuhr sie fort. »Natürlich wollen Sie wissen, wie unsere Arbeit fortschreitet. Ich kann so viel verraten, dass wir uns schon ein viel deutlicheres Bild machen können, aber es steht noch keine Festnahme bevor. Man muss sich sehr sicher sein, um diesen Schritt zu tun.«
»Aber Sie haben einen Verdacht?«, wollte Ruth wissen und sah Ebba an.
»Ich vermute so einiges und würde gerne an Ihren Gedanken teilhaben«, entgegnete Ebba. »Sie werden meine folgenden Worte vermutlich ungeheuer provozierend finden, aber die Frage lässt sich einfach nicht elegant verpacken. Ich möchte mich also schon jetzt für den Zorn entschuldigen, den Sie berechtigterweise empfinden werden. Sie kannten Raoul am besten, denn er war Ihr Sohn.«
Sie spürte die Augen der beiden auf sich und ihre zunehmende Besorgnis.
»Haben Sie eine Idee, was hinter Raouls Tod stecken könnte? Ergibt diese Geschichte irgendeinen Sinn? Ich meine natürlich nicht, dass Raoul sein schreckliches Schicksal verdient hätte, sondern ob er an etwas beteiligt war, das zu dem … Mord führen konnte?«
Sie verstummte und sah eine Weile zur Seite, um sie nicht unnötig zu bedrängen. Es bestand kein Zweifel daran, dass die Frage sie wie erwartet aus der Fassung gebracht hatte. Leonard begann vorsichtig: »Sie sagen, dass wir unseren Sohn kannten, und das stimmt natürlich. Aber er war erwachsen, und erwachsene Kinder erzählen ihren Eltern nicht mehr alles.«
»Er war unter Freunden!«, rief Ruth und hob die Hände. »W ie konnten sie einander nur so etwas antun?«
»Anna war oft bei uns zu Hause, als die beiden verlobt waren«, fuhr sie fort, »und Louise war wie eine Tochter für uns.«
Sie hatten beide einen leichten Akzent, aber ihr Schwedisch war tadellos. Ebba tippte auf Polen oder ein anderes slawisches Land, was Leonard betraf. Vermutlich war er wie so viele andere schwedische Juden während des Zweiten Weltkrieges eingewandert. Die Satzmelodie seiner Gattin war eindeutig ungarisch. Vielleicht hatten sie ihren Sohn aus Dankbarkeit nach Raoul Wallenberg benannt.
»Ihr Sohn war ein sehr charismatischer Mann. Ich habe ihn selbst auf der Bühne erlebt und besitze einige seiner Platten. Ein großartiger Musiker und Künstler lässt einen nicht unberührt. Ich glaube, dass Raoul in seiner Umgebung viele Gefühle auslöste. So eine steile Karriere führt auch negative Spannungen mit sich. Und gekränkte Gefühle. Außerdem war er eine Person, falls Sie mir den Ausdruck gestatten, mit einer starken erotischen Ausstrahlung. Frauen waren von ihm sehr eingenommen.«
»Ja, ja«, meinte Leonard mit einem etwas widerwillig stolzen Lächeln auf den Lippen. »Raoul war ein Herzensbrecher, natürlich war er das. Das ist uns auch klar, aber ihm waren seine Mitmenschen wichtig. Er hatte ein gutes Herz, unser Raoul.«
»W as würden Sie über seine Ehe mit Joy sagen? War er glücklich?«
Die Eheleute wechselten einen raschen Blick, und Leonard zog die Brauen hoch. Dann sah er zu Boden und ließ seine Frau antworten: »Joy und Raoul waren über zehn Jahre verheiratet«, sagte Ruth. »Sie waren zu Anfang sehr glücklich, zumindest kam es uns so vor. Aber die letzten Jahre waren für sie ziemlich hart. Sie versuchten, ein Kind zu bekommen, was ihnen nicht gelang. Ich glaube, dem war ihre Ehe nicht gewachsen.«
»Aber sie waren noch verheiratet, als Raoul starb?«
»Ja, das waren sie. Joy ist Raouls Witwe. Soweit wir wissen, war auch keine Scheidung geplant«, meinte Ruth, und Leonard ergänzte: »Es würde uns aber nicht erstaunen, falls sie darüber gesprochen hätten.«
»Es ist klar, dass es uns enttäuschte und traurig stimmte,
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