Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
tauchte einen Löffel in den Topf. Sie betrachtete Raoul, warf einen kurzen Blick auf Helena und sah dann wieder Raoul an. Mit einer Hand unter dem Löffel trat sie auf Raoul zu.
»Mund auf«, flüsterte sie und schob ihm den Löffel in den Mund. Erwartungsvoll harrte sie seines Urteils. Konzentriert und mit halb geschlossenen Augen schluckte er.
»Perfekt«, sagte er genüsslich.
»Nicht zu viel Salz?«, fragte Anna.
»Genau richtig und perfekte cremige Konsistenz«, meinte Raoul und zog sie an sich, »genau wie du.«
Anna kicherte verzückt und legte ihm einen Arm um den Hals. »Ich wusste, dass es dir schmecken würde.«
Helena drehte sich um, um deutlich zu machen, dass diese Dreieckskonstellation unter ihrer Würde war. Trotzdem nahm sie mit klopfendem Herzen die Fortsetzung aus den Augenwinkeln wahr.
»Anna, Anna … tischst du uns heute Abend Fisch auf?« Er legte ihr einen Arm um die Taille, und seine Hand berührte fast ihre Brust.
»Ja. Fischsuppe mit Lachs, Seeteufel, Muscheln und Krabben.«
»Du weißt, womit man mich verführen kann.« Er kniff ihr in die Hüfte und tat schockiert, als seine Finger im Weichen versanken. »Hoppla, Anna, ein wenig hast du seit dem letzten Mal wirklich zugenommen.«
Anna setzte eine gespielt beleidigte Miene auf. »Nein wirklich, wie kannst du es nur wagen!«
»Es steht dir, und ich habe es nur gesagt, um dich anfassen zu dürfen.«
»W er hat hier eigentlich ein paar Kilo zugenommen?«, erwiderte Anna und deutete mit dem Löffel auf seinen Bauch. Sofort zog er ihn ein. »Ich glaube, dass dein Gürtel auch schon mal enger war. Vielleicht solltest du anfangen, im Central Park zu joggen. Dann kannst du dich ja für den New York Marathon anmelden, statt mit den Orchesterchefs in den Luxusrestaurants zu schlemmen. Beim Geigespielen verbraucht man nicht viele Kalorien. Ich weiß das. Ich bereue bereits, dass ich Advanced Violin Scales Systems gekauft habe. Ich dachte, das sei eine neue Diät.«
Er lachte, umarmte sie und schob sie dann sanft, aber nachdrücklich von sich weg. Anna ging zum Herd zurück und rührte einige Male hastig im Topf.
»Isst du denn Muscheln und Krabben?« Caroline drehte sich mit verschränkten Armen zu ihm um.
»Meinetwegen braucht ihr nicht koscher zu kochen. Ich esse Schalentiere viel zu gerne, um orthodox sein zu können. Ich zieh die Grenze bei Schweinefleisch.«
»Du bist schließlich kein Kannibale«, murmelte Helena und deckte an der Stelle, an der Anna aufgehört hatte, weiter den Tisch. Konzentriert platzierte sie Messer und Gabel rechts und links vom Teller. Dieser Aufgabe widmete sie sehr bemüht ihre gesamte Aufmerksamkeit, da die Gedanken in ihrem Kopf in die verschiedensten Richtungen strebten.
»Jetzt ist alles fertig!« Anna nahm den Topf mit beiden Händen. Raoul streckte die Hände aus, um ihr zu helfen.
»Soll ich?«
Anna schüttelte nur den Kopf, und Raoul beeilte sich, stattdessen einen Untersetzer auf den Tisch zu legen, damit sie den schweren Topf abstellen konnte.
»Ich habe mein Leben lang Töpfe herumgewuchtet. Trotzdem vielen Dank«, sagte sie.
Louise reichte ihr mit ihrer unverletzten Hand Teller, und Anna servierte.
»Morgen machen Raoul und Caroline das Mittagessen. Wir wechseln uns ab, aber ich kann mich leider nicht beteiligen«, meinte Louise zufrieden. Caroline warf ihr einen irritierten Blick zu, und Louise wandte sich mit lauter Stimme an sie, damit alle es hören konnten: »Ihr müsst einander kennenlernen. Ihr seid die beiden wichtigsten Personen in meinem Leben, und es würde mich sehr freuen, wenn ihr euch verstehen würdet.« Das ärgerte Caroline nur noch mehr. Raoul verzog den Mund.
»Möchtest du meine gute Freundin werden, Caroline?«
Sie zuckte, ohne ihn anzusehen, mit den Achseln. »Klar.«
»Und du versprichst, mir beim Kochen keine Pfanne überzuziehen?«
Caroline zog die Brauen hoch und warf Raoul einen reservierten Blick zu, aber dieser hatte seinen Blick bereits Annas Dekolleté zugewandt, das gerade in seiner unmittelbaren Nähe auftauchte.
Helena nahm gegenüber von Louise Platz, und Louise zog Caroline auf den Stuhl neben sich. Anna setzte sich ans Tischende, und Raoul stellte etwas missvergnügt fest, dass Helena seine Tischdame werden würde. Indem er seinen Stuhl etwas zur Seite drehte, machte er deutlich, dass er vorhatte, sie nicht weiter zu beachten. Er spürte jedoch trotzdem ihre Nähe. Er hasste die Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte. Plötzlich wurde er
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