Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
mein Extrabruder, Raoul, und Caroline liebe ich über alles.« Sie schmiegte sich an ihn, und er legte ihr einen Arm um die Schultern.
»Sie ist eine bissige kleine Furie, aber wenn du sie dir ausgesucht hast, dann muss sie schon etwas ganz Besonderes sein.« Louise lachte erleichtert und schmiegte sich noch enger an Raoul.
»Caroline ist das Beste, was mir je passiert ist. Wir haben so viel … worauf wir uns freuen können. Ich weiß nicht, ob ich es dir schon erzählen soll. Später. Ich will, dass sie dabei ist, wenn ich es sage.«
Raoul hob kurz den Kopf und ließ ihn dann wieder auf Louises Schulter sinken. »Jetzt werde ich wirklich neugierig.«
Aber Louise lächelte nur geheimnisvoll, obwohl sie vor Ungeduld fast platzte. Raoul strich ihr vorsichtig über den Verband.
»Da ist noch etwas, woran ich gedacht habe«, begann er. Seine Stimme klang leicht bekümmert, und Louise erstarrte. »Du weißt, ich finde, dass dein Quartett ein fantastisches Potenzial besitzt, insbesondere jetzt, wo Caroline dabei ist. Sie bringt wirklich frische Kraft in euer Spiel. Aber … «
»Aber?«
Raoul verschränkte die Arme, holte tief Luft und fuhr dann fort: »Ihr solltet euch nach einer neuen Bratschistin umsehen. Helena zieht euch alle runter.«
Louise antwortete erst einmal nicht, sondern kaute an ihrer Unterlippe.
»Gegen Helena als Person ist wirklich nichts einzuwenden«, meinte Raoul, »aber ehrlich gesagt ist sie nicht gut genug. Es hat mich in der Tat schockiert, wie schlecht sie spielt.«
»Findest du das wirklich?« Louise runzelte die Stirn. »Ich meine, ich weiß auch, dass sie nicht so gut ist, wie sie einmal war. Wie könnte sie das auch sein? Sie hat schließlich als Ärztin alle Hände voll zu tun.«
»W ill man ein guter Kammermusiker sein, muss man sich darauf konzentrieren. Das funktioniert nicht als Hobby nebenher.«
»Dann hat sie ja auch noch die Familie. Zwei Kinder und einen Ehemann, Gäste, Einladungen … Ich begreife nicht, wo sie die Kraft hernimmt. Natürlich leidet ihr Spiel darunter.«
»Gott, ja, Martin … ich habe nie verstanden, was sie von dem will.«
Louise entgegnete nichts, es herrschte angestrengtes Schweigen.
»Aber ich kann sie nicht so ohne Weiteres rauswerfen. Helena ist eine meiner besten und ältesten Freundinnen. Das würde sie mir fürchterlich übel nehmen.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber du musst das pragmatisch sehen, Louise. Wenn du willst, dass das Quartett richtig groß rauskommt, und ich glaube, dass das möglich ist, dann musst du früher oder später in den sauren Apfel beißen. Du beherrschst diese Sache auf eine Weise, wie Anna und Caroline es nicht können. Du musst diesen Beschluss fassen. Und ich weiß, dass du es tun wirst, wenn sich die Gelegenheit ergibt.« Er trank einen Schluck Whisky. »Ich will dich nicht unter Druck setzen.«
Louise nickte, als sie die Tragweite seiner Worte realisierte.
»Okay … ich weiß … ich werde darüber nachdenken«, sagte sie und trank den letzten Rest ihres Whiskys. »Aber ich werde das erst nach der Aufnahme ansprechen.«
Raoul küsste sie sanft auf den Scheitel.
In der Eingangshalle stand Helena, den Mund leicht geöffnet, die Hand erstarrt auf der Türklinke des Salons. Sie atmete lautlos.
Als sie Schritte aus dem Salon hörte, wich sie zur Treppe zurück und tat so, als käme sie von dort, während Raoul den Raum verließ. Sie sah ihn überrascht an und ging dann eilig weiter zur Haustür.
»Helena … «, begann Raoul und folgte ihrer Richtung, während er sich mit einem schnellen Blick davon überzeugte, dass sie allein waren.
»Nicht jetzt.« Helena schluckte und begann ihre Stiefel anzuziehen. In der Eile verhedderte sie sich im Stiefelschaft, da stand er schon neben ihr.
»Helena«, sagte er erneut, dieses Mal in seiner fatal einschmeichelnden Stimme, »willst du nicht mit rausgehen und Brennholz holen?« Als sei er auf dem Weg nach draußen gewesen und nicht sie, so einfach übernahm er die Kontrolle über die Situation. »Hast du den Holzschuppen schon mal gesehen? Sie haben einen wunderbaren Holzschuppen hier auf Svalskär.«
»Hör schon auf«, fauchte Helena. Er war ihr so nahe gekommen, dass sie seine Wange hätte berühren können. Stattdessen strich er ihr über den Arm. Seine Hand glitt leicht über den Ärmel ihres dicken Wollpullovers, trotzdem konnte sie seine feinfühligen Finger auf der Haut spüren.
»Helena«, er sprach ihren Namen genüsslich aus, »warum bist du so
Weitere Kostenlose Bücher