Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
von ihrem warmen Atem an seinem Ohr überrascht.
»Reichst du mir bitte das Aioli?« Ihre Stimme war klar, und das Bittere ihrer vorherigen Unterhaltung war verflogen. Immer wenn er zu wissen meinte, wie er mit ihr dran war, veränderte sie sich. So war es bei Helena immer gewesen. Er bewunderte sie, allerdings widerwillig, und nach all den Jahren hatte sie ihn und sein Begehren immer noch in der Hand. Ob das bewusst oder unbewusst war, konnte er nicht entscheiden. Ihm war klar, dass er nicht mit ihr leben konnte, deswegen hatte er sich auch nie zu ihrer Beziehung bekannt und ihr auch nie einzureden versucht, dass aus ihnen je offiziell ein Paar werden könnte. An dem Tag, an dem er sie über seine Schwelle ließ, würde er die zweite Geige spielen müssen, da er sie nie intellektuell dominieren konnte. Seine einzige Waffe war, sie auf Abstand zu halten, damit sie sein mangelndes Selbstvertrauen in diesem Punkt nicht enthüllen konnte. Er wusste, dass sie seit über zwanzig Jahren von der Liebe zu ihm gequält wurde, aber in dem Augenblick, in dem er aus der Deckung kam, würde sie einsehen, wer er eigentlich war. Und dann würde sie ihn nicht mehr lieben. Obwohl er sich eigentlich nur danach sehnte, sie in den Arm zu nehmen, stählte er sich und strengte sich an, sie aus seinem Bewusstsein zu verdrängen.
Stattdessen wandte er sich an Anna zu seiner Linken. Ihre blonden Locken umrahmten ihr herzförmiges Gesicht. Ein gutes, warmes und zuverlässiges Gesicht. Obwohl es so lange her war, dass sie zusammen gewesen waren, freute er sich immer, sie zu sehen. Irgendwie gehörte sie immer noch ein wenig ihm, wie ein Teddybär, den man ab und zu an die Brust drücken konnte, um Geborgenheit zu empfinden. Sie erweckte in ihm kein sexuelles Begehren mehr, trotzdem nahm er sie gerne in den Arm, um ihren wuchtigen Körper zu spüren, insbesondere jetzt, wo ihre Brüste und Hüften noch üppiger geworden waren. Sie war nicht so sehnig und durchtrainiert wie Helena. Es war fast so, als würde ihr Körper Anna erotisch neutralisieren, obwohl das Gegenteil hätte der Fall sein müssen. Jede ihrer Kurven hatte etwas Einladendes. Aber für Raoul waren die Dinge, die er sich hatte erkämpfen müssen, immer am reizvollsten gewesen. Helenas Körper war von ihrer übermenschlichen Selbstbeherrschung asketisch gebändigt.
»W ie lecker!«, rief Louise. »Ich hatte einen wahnsinnigen Hunger.«
Raoul pflichtete ihr bei. »Ihr seid wirklich Meisterköchinnen.«
Er begegnete Carolines Blick. Zwei Sekunden lang sahen sie sich in die Augen, dann wandte Caroline ihren Blick ab und stocherte weiter in ihrem Essen. »Das war Anna«, meinte sie zerstreut, »sie hat das meiste gemacht.«
Raoul stieß Anna an. »Du bemutterst uns ja richtig, Anna. Du erfüllst die Küche mit verführerischen Düften und rührst Butter in die Saucen, um uns zur Unterwerfung zu zwingen.«
» Spank, spank «, sagte Anna, pikste ihn spöttisch mit der Gabel und lachte.
Caroline spießte einen Fischwürfel auf ihre Gabel und schob ihn langsam zwischen die Lippen. »Ich habe eigentlich nur die Kräuter gehackt.« Sie wandte sich Louise zu und zuckte dann zusammen, als hätte sie sich selbst überrascht.
»Oh! Wie konfus kann man nur sein? Ich habe vergessen, die Kräuter an die Suppe zu tun.« Sie sprang auf, ging zum Arbeitstisch und nahm die frischen Kräuter mit beiden Händen. Als sie zum Tisch zurückkehrte, fing Louise sie ab und zog sie auf ihren Schoß.
»Pass auf, ich verliere alles!«, rief Caroline, aber Louise beschwichtigte sie mit einem Kuss über die Schulter, wobei Carolines Körper schräg nach hinten gebogen wurde. Eine Sehne trat an ihrem Hals hervor, und ihre Brust wurde vorgeschoben, als sie ihren Mund zu Louise nach hinten beugte. Ihre Hände voller Kräuter waren wie von unsichtbaren Handschellen gefesselt. Die Zungen funkelten zwischen den geöffneten Lippen, und Caroline schloss genüsslich die Augen.
Als sie den Kuss beendet hatte und die Augen wieder öffnete, begegnete sie Raouls Blick. Er starrte sie wie gebannt an. Dann wurde er sich seiner selbst bewusst und wandte verlegen den Kopf ab. Er fuhr sich mit der Hand über den Mund, um sich einen Speicheltropfen abzuwischen, den er sich jedoch nur eingebildet hatte. Caroline schlug den Blick zu Boden und lächelte, verlegen, aber doch selbstbewusst. Dann rutschte sie von Louises Schoß auf ihren Stuhl. Sie streckte die Hände aus und ließ die Kräuter in den großen Gusseisentopf
Weitere Kostenlose Bücher