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Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Titel: Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Bartosch Edström
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er für Absichten hegte. Alle. Caroline schluckte. Ihr Mund war trocken, sie atmete flach und wartete nur darauf, dass Helena oder Anna das Spiel abbrechen und den Raum unter Protest verlassen würden. Aber als sie in ihre Richtung schaute, stellte sie verblüfft fest, dass beide entspannt und natürlich spielten und es offenbar genossen. Selbst Helena schien nichts zu bemerken, obwohl sie ungewöhnlich ungenießbar gewesen war, seit sie nach Svalskär gekommen waren. Sowohl Anna als auch Helena hatten das zweite Streichquartett von Brahms natürlich unzählige Male gespielt und konnten ihre Stimmen. Raoul spielte selbstverständlich auswendig, und seine Sicht wurde daher nicht von dem Notenständer behindert. Caroline hatte den Blick auf die Noten geheftet und versuchte das Durcheinander aus Punkten und Strichen zu deuten. Wenn sie zufällig Raouls stählernem Blick begegnete, biss sie sich auf die Unterlippe und versenkte sich sofort wieder in die Noten.
    Da sie sich Takt für Takt an ihrer Stimme festklammerte, konnte sie auch nicht auf dieselbe Weise mit den anderen Instrumenten zusammenspielen, wie sie es sonst tat, wenn sie Kammermusik spielte. Nach einigen Minuten des ersten Satzes haperte es immer mehr mit der Synchronität, und schließlich brach Anna ab.
    »Jetzt musst du wirklich versuchen, den Takt zu halten, Caroline.«
    »Schau auch mal von den Noten hoch, Liebes«, sagte Louise so behutsam wie möglich, um Caroline nicht zu verletzen.
    »Ich versuche es doch!«, verteidigte sich Caroline.
    »Aber du musst Augenkontakt haben.«
    »Nimm dich zusammen«, sagte Raoul in leicht vorwurfsvollem Ton.
    »Lieber Raoul«, warf Louise ängstlich ein, »immer mit der Ruhe, ich bitte dich.«
    »Ich verhalte mich Jungen und Unerfahrenen gegenüber immer behutsam und vorsichtig.« Raoul gab sich bewusst einfältig, und Caroline warf ihm einen wütenden Blick zu, brach dann aber in ein verzweifeltes Lachen aus.
    »Okay, dann fangen wir wieder an«, sagte Anna.
    »Jetzt kommt ein Abschnitt, der totale Konzentration und Kommunikation erfordert«, sagte Raoul. »Ich will, dass du mich dabei anschaust, Caroline. Kannst du das?«
    Sie holte tief Luft und sah ihm in die Augen.
    »So gut?«
    »Ja. Du kannst es ja.«
    »Hör schon auf. Du bist wirklich unerträglich schulmeisterhaft!«, stöhnte Anna.
    »Ach was«, verteidigte sich Raoul. »Caroline tut es nur gut, wenn man sie mal etwas hart anfasst. Du warst zu nachsichtig und hast ihr zu viel durchgehen lassen, Louise.«
    Er sah Louise amüsiert an, und diese lachte und antwortete übertrieben vorwurfsvoll: »Raoul! Dass du es wagst … «
    Aber Raoul lehnte sich einfach nur mit übergeschlagenen Beinen zurück. Hände, Geige und Bogen schienen in seiner Bewegung zu verschmelzen, als stellten sie eine Verlängerung seines Körpers dar.
    »Disziplin, Caroline, Disziplin. Darauf kommt es beim Spiel eines Streichquartetts an«, dozierte er, während sie spielten.
    »Du bist, verdammt noch mal, nicht mein Lehrer!«, murmelte sie und starrte in ihre Noten.
    »Memorier jetzt das Notenbild und schau dann hoch. Das schaffst du schon.«
    »Hör schon auf!«, brüllte Caroline und trat so fest mit dem Fuß auf, dass sie mit dem Bogen abrutschte. Sie fing sich jedoch gleich wieder. Gerade als sie wieder im Spiel Fuß gefasst hatte, bemerkte sie, dass Raoul ganz leicht eine Braue hochzog. Da verlor sie wieder die Selbstkontrolle. Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Ich werde verrückt!«
    Helena ließ die Schultern sinken, die Hand, die den Bogen geführt hatte, auf dem Knie ruhen und seufzte vernehmbar. »Gib ihr doch endlich eine Chance!«
    »Das tue ich doch.« Raoul lachte und hob seinen Bogen, um weiterzuspielen. »Also weiter, Caroline.«
    Er war sofort wieder in der Musik und spielte eine Weile lang bewusst weniger intensiv, um Caroline die Möglichkeit zu geben, sich ebenfalls zurechtzufinden und sicherer zu fühlen. Minimale Zugeständnisse und eine empathische Anleitung, eine Hilfe, die außer ihm niemand bemerkte, mehr war nicht nötig, damit sie sich in ihrer Stimme entfalten und es gleichzeitig genießen konnte, sich inmitten dieses wunderbaren Klanges zu befinden. Er besaß sowohl die Fähigkeit als auch die Macht, zu begünstigen und zu zerstören, das stand fest, und er hätte es niemals für möglich gehalten, dass jemand dies infrage stellen könnte.
    Die Musik floss dahin und gewann in ihrer ganzen außerordentlichen Schönheit an Tiefe. Louise lehnte sich

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