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Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Titel: Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Bartosch Edström
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glücklich!«
    »Nein! Du willst mich heute nicht Brahms spielen hören, das verspreche ich dir. Alles andere, aber nicht das!«
    »Aber du liebst doch Brahms! Was sind das für Marotten? Ich würde gerne so tun, als würde ich mitspielen«, bat Louise. »Auch wenn ich nicht mitspielen kann, will ich zumindest euren Genuss mit ansehen.« Sie nahm ihre Kaffeetasse und eilte ins Studio, um sich keine weiteren Proteste von Caroline anhören zu müssen. Helena und Anna folgten ihr. Raoul und Caroline blieben in der Küche zurück.
    Dass sie bislang keines der drei Brahms-Quartette gespielt hatte, lag daran, dass sie sich sie für einen besonderen Anlass aufheben wollte. Etwas, wonach sie sich sehnen konnte, eingehüllt von einer Art Verliebtheit, etwa wie die beste Praline in einer Pralinenschachtel. Brahms wollte sie spielen, wenn sie bereit war, und dann jeden erklingenden Ton genießen. Sie konnte sich kein unpassenderes und schmerzlicheres Debüt als dieses vorstellen. Aber als sie das Rücken der Stühle und die ausgelassenen Stimmen aus dem Studio hörte, sah sie ein, dass sie keine Wahl hatte. Anna hatte die Noten bereits auf Notenständer gelegt und stimmte ihre Geige. Louise beugte sich verträumt über die Noten der Ersten Geige. Neben ihr stand Helena und spannte ihren Bogen.
    »Kommt ihr endlich?«, rief Louise von unten aus dem Studio.
    Auf dem Weg zur Treppe begegnete Caroline Raouls spöttischem Blick, sie legte ihm eine Hand auf den Arm und hielt ihn auf.
    »Es geht nicht. Nicht nach dem, was gestern geschehen ist.«
    Ihre Unruhe war rührend. So unschuldig und aufreizend, dass Raoul nur mit Mühe sein Lächeln zurückhalten konnte.
    »Natürlich geht es. Entspann dich. Sichereren Sex gibt es nicht.«
    »Ich kann in deiner Anwesenheit keinen Brahms spielen. Ich werde dann so … ja, du weißt schon, was ich meine … «
    Er konnte sich nicht helfen, er musste einfach lachen. Aber er beherrschte sich sofort, um ihr keine Angst zu machen. Diese jugendliche Leidenschaft, so wunderbar rein und aufrichtig. Er hatte sie fast vergessen, bis Caroline sie wieder in ihm wachgerufen hatte.
    »Aber liebe Caroline, gerade deswegen spielt man doch Brahms.«
    »Es wird nicht klappen. Ich habe dich gewarnt«, beharrte Caroline trotzig. Sie wollte sich an ihm vorbeidrängen, da nahm er ihren Oberarm und hielt sie noch einen Augenblick fest. Sein Griff war unerwartet hart, und sie verzog das Gesicht vor Schmerz und sah ihn vorwurfsvoll an. Raoul beugte sich zu ihrem Gesicht vor, und sie spürte die Wärme seines Atems.
    »Ich werde dich bei den erotischsten Partien ansehen, und dann weißt du, woran ich denke, Caroline.« Seine Lippen berührten wie ein Hauch die ihren. »Und wenn ich dich schwer atmen, mit dem Bogen schlagen und so kleidsam rote Wangen bekommen sehe, dann weiß ich, dass es mir geglückt ist. Erneut.« Hastig küsste er sie ein weiteres Mal auf den Mund, ließ sie los und ging vor ihr ins Studio.
    Mit gesenktem Kopf und das Cello zwischen die Knie geklemmt, lauschte Caroline darauf, wie Raoul den Takt vorgab. Dann begann es. Raoul warf sich in die Musik und spielte mit selbstverständlicher Autorität. Ein Pianissimo war bei ihm immer ein Mezzoforte, und ein Forte erfüllte den ganzen Raum. Er spielte für Caroline und nur für sie, und sie hatte das Gefühl, jeden Moment ohnmächtig werden zu können. Jeder Ton saugte sich in ihrem Körper fest. Jeder Versuch, sich auf ihr eigenes Spiel zu konzentrieren, scheiterte. Sie spürte, dass sich ihre Linke wie erwartet bewegte und wie der Bogen über die Saiten strich. Irgendwie gelang es ihr dann doch, durch die Noten zu kommen, obwohl sie nicht recht wusste, wie. Dass Raoul ein Weltklasse-Geiger war, hatte sie bereits feststellen können, als sie Stenhammar gespielt hatten. Aber jetzt, als er mit glühender Leidenschaft Brahms für sie spielte, meinte sie es kaum noch ertragen zu können. Obwohl sie jeden Ton kannte, kam es ihr so vor, als würde er die Musik als eine Liebesgabe an sie neu erfinden. Am Rand ihres Gesichtsfeldes bemerkte sie Louise. Sie saß mit angezogenen Knien, einem glücklichen Lächeln und tränenfeuchten Augen auf einem Sessel. Empörung vermischte sich mit Erregung in Carolines Brust. Wie konnte er so grausam sein und sie dazu zwingen, sich vor den Augen ihrer unwissenden Freundin verführen zu lassen? Das war so rücksichtslos egoistisch, dass sie sich fragte, ob es nicht eine Machtdemonstration sein sollte. Alle mussten merken, was

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