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Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Titel: Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Bartosch Edström
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Scham darüber, dass sie sich so weit erniedrigt hatte, heimlich durch das Fenster zu schauen, löste eine erneute heftige Übelkeit aus. Als ihr Würgen verstummt war, hörte sie stattdessen wieder aus dem Hintergrund, gedämpft durch die Holzwände des Ateliers, Carolines perlendes Lachen. Ein Hohnlachen, dachte Louise erst, sie lacht mich aus. Aber trotz ihrer Bitterkeit konnte sie selbst nicht daran glauben. Das war kein Hohnlachen. Caroline lachte aus Liebe. Aus inniger, alles durchdringender Liebe. Wie oft hatte sie nicht dieses Lachen gehört, wenn Caroline in ihren Armen ruhte, als es nur sie beide auf der Welt gab. Bereits beim ersten Kuss hatte sie eingesehen, dass sie nie ohne diese Frau würde leben können. Sie wollte Caroline bis ans Ende ihrer Tage lieben, sie wollte jeden Morgen neben ihr erwachen und jeden Abend neben ihr einschlafen. Sie wollte in ihren Armen sterben.
    Da war es wieder, dieses klangvolle Lachen. Das Liebeslachen. Caroline liebt jemanden, dachte Louise, aber sie liebt nicht mich. Sie liebt jemanden, mit dem ich nicht konkurrieren kann. Sie liebt einen Mann. Sie liebt Raoul.
    Wie hatte sie nur so naiv sein können? Als hätte sie Caroline verändern können, wo es dieser doch nur um ein weiteres Abenteuer gegangen war. Caroline hatte das Gefühl geliebt, mit ihr zusammen zu sein, aber sie hatte sie nie auf die Art geliebt, wie man Frauen liebt, wenn man nur Frauen lieben kann. Früher oder später hätte Caroline sie sowieso verlassen. Sie erkannte jetzt, dass sie diese Entwicklung nicht hätte verhindern können, was immer sie zu opfern bereit gewesen wäre. Sie hätte sie früher oder später eines Mannes wegen verlassen. Und nun war es geschehen.
    Aber warum hatte sie sich ausgerechnet Raoul ausgesucht? Und warum hatte Raoul Caroline gewählt? Wog ihre Liebe, Freundschaft und Loyalität so wenig? All diese Jahre. Jahre, in denen sie geglaubt hatte, sie würde einen Menschen kennen. Das alles war auf einmal nichts mehr wert.
    Und das Kind. Das Kind! Ihr Körper schmerzte vor Trauer. Und vor Wut.
    Der kalte Nachtwind verhalf ihr wieder zu einem klaren Kopf. Die feuchte Luft drang bis in die Knochen, und sie zwang sich zu dem Versuch, die qualvolle Liebe zu Caroline auszulöschen. Kraftlos ließ sie sich auf die Erde sinken und legte sich mit ausgestreckten Armen ins nasse Gras. Es roch nach Erde und Laub. Sie atmete durch den Mund, damit der bittere Geschmack der Magensäure verschwinden würde. Einen kurzen Augenblick lang riss die Wolkendecke auf, und der schwarze Nachthimmel mit seinen funkelnden Sternen wurde sichtbar. Louise starrte wie verzaubert nach oben. Die Kälte umschloss sie gleich einem Eisenpanzer, und bald wurden ihre Finger und Zehen gefühllos. Sie schloss die Augen, um Frieden zu finden. Aber sofort blitzte hinter ihren geschlossenen Lidern der Anblick aus dem Atelier wieder auf. Raouls nackter Körper mit seinen behaarten Schultern und seinen ebenfalls behaarten Armen, wie er Carolines milchweißen Körper festhielt. Raouls gespannter Po zwischen Carolines weit gespreizten Beinen. Und Carolines Gesichtsausdruck. Die Augen halb geschlossen, die Stirn leicht gerunzelt, der Mund erstarrt vor quälender Ekstase, die Lippen so trocken, dass der eine Eckzahn an der Oberlippe klebte und bei jedem schweren Atemzug an der dünnen Haut zog. Die Hingabe war so total, dass sie nicht einmal merkte, wie sie sich die Lippe aufriss.

Samstag, 17. Oktober
    A m nächsten Morgen erwachte Helena vom Geräusch eines Motorboots. Sie ließ das Rollo hochschnappen und schaute auf die Bucht. Die Sonne strahlte, und das Meer war spiegelglatt. Ein größeres Motorboot näherte sich, die Geschwindigkeit drosselnd, der Insel. Das Motorengeräusch wurde leiser, je näher es dem Landungssteg kam. Am Steuer stand ein Mann in einer gelben Seglerjacke. Louise erwartete ihn in einer dicken Wolljacke auf dem Steg. Ihre Haltung ließ auf Verärgerung schließen.
    Helena öffnete das Fenster. Der kühle Herbstwind schlug ihr ins Gesicht. Sie konnte Louises Stimme bis in ihr Zimmer hören.
    »W as hast du hier zu suchen?«
    Der Mann im Boot war bereits am Steg und sprang leichtfüßig auf die Bretter. Er vertäute das Boot, während der Motor noch dumpf brummte. Dann kletterte er aufs Vordeck, drehte den Zündschlüssel herum, und das Motorengeräusch verstummte ganz.
    Es war Peder. Er umarmte Louise, und diese hielt etwas unbeholfen ihren Arm mit der Bandage in die Höhe. Jetzt waren die Stimmen

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