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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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jetzt nicht erkennen, was auf dem Transparent stand. Karl mußte lange gegen eine große, mit Brettern verstärkte Tür klopfen, bevor aus einem Fenster im zweiten Stock jemand zu ihnen hinunterschrie, wer sie seien und was sie wollten.
    »Wir wollen den Kasper hier nach Hause bringen«, rief Karl und trat etwas weiter zurück auf die Straße, damit er und der andere sich sehen konnten.
    »Welcher Kasper?« kam es von oben zurück.
    »Immel, bist du das?«
    »Immel ist nicht da, die sind alle nicht da, ich soll hier keinen reinlassen. «
    »Das ist Martin Bosbach, der kann nicht mehr stehen, der muß mal ins Bett«, rief Karl, »Frank, komm doch mal mit Martin hier unter die Laterne.«
    Frank ging mit Martin unter die Laterne in der Nähe, aber die war so funzlig, daß es kaum einen Lichtkegel gab, in den er sich hätte stellen können.
    »Das kann doch jeder sagen, daß das Bosbach ist«, rief der Typ im Fenster, »woher soll ich wissen, ob das wirklich Bosbach ist, das könnte ja jeder sein.”
    »Jetzt mach schon auf, du Arsch!« schrie Karl. »Oder ich sag’s Immel, und der tritt dir ordentlich in den Arsch!«
    “Du kannst Arsch sagen, soviel du willst, ich soll keinen reinlassen, und dich kenn ich nicht, woher weiß ich, ob ihr nicht Zivilbullen seid? Oder welche von den Punk-wichsern im Hinterhaus?«
    »Das ist doch Bosbach.«
    »Der sieht aber aus wie ein Punk.«
    »Das ist doch Verkleidung, das ist doch wegen Dr. Votz!«
    »Ich soll keinen reinlassen! «
    »Mein Gott«, riefKarl, »das ist ja wie mit der BVG diskutieren!«
    »Zu diskutieren«, rief der Typ aus dem Fenster zurück. »Das heißt: ,Das ist ja wie mit der BVG zu diskutieren,!«,(
    »Das hält ja kein Schwein aus«, sagte Karl zu Frank. »Komm doch runter und guck selber nach, du Germanistik-Genie!« rief er hinauf. »Wo ist überhaupt Pimmel?«
    »Die sind alle im Krahl-Eck, ich laß hier keinen rein, den ich nicht kenne.«
    »Ja, aber ich kenn dich auch nicht«, rief Karl. »Und wenn du mich nicht kennst, dann kennst du sowieso keinen, wer bist du überhaupt?«
    »Das willst du wohl wissen, du Wichser! Willst du vielleicht noch meinen Ausweis sehen, oder was, du scheiß Bulle!«
    »Du paranoider Hippie-Arsch!« rief Karl. »Ich komm gleich hoch und hau dir was auf den Arsch, da steht ihr ArschArt- Typen doch drauf!«
    »Du kannst so oft Arsch sagen, wie du willst, du kommst hier nicht rein!«
    »Laß uns gehen«, sagte Frank, dem von der Tragerei langsam der Nacken steif wurde. »Laß uns in diese Kneipe gehen und den Typen da abgeben oder was.«
    »Wenn du glaubst, daß ich ein Zivil bulle bin, warum sagst du mir dann, daß Immel im Krahl-Eck ist?« rief Karl.
    »Wieso, wird er gesucht?« fragte der Mann im Fenster, und Frank glaubte, eine gewisse Besorgnis in seiner Stimme zu hören.
    »Du hast einen schlimmen Fehler gemacht, Bürsch-chen!« rief Karl drohend. »Und gut zu wissen, daß du alleine bist, dann schicken wir gleich mal ein paar Kollegen vorbei!«
    Er lachte leise, und sie gingen davon.
    »Kannst du den nicht mal nehmen?« sagte Frank.
    »Einmal kotzen reicht mir«, sagte Karl.
    »Wo ist das Krahl-Eck? Ist das weit?«
    «Gleich da vorne«, sagte Karl und zeigte in die Nacht. »Wird dir gefallen«, fügte er hinzu.
    »Wieso das denn?«
    »Das ist mehr so was für Hippies«, sagte Karl.
    »Aha«, sagte Frank, der nicht wußte, was er davon halten sollte, daß auch er hier als Hippie galt. »Und wieso sind dann die ArschArt-Leute da? Sind das auch Hippies?«
    »Klar sind das Hippies, die wissen das bloß noch nicht.«
    »Wer ist eigentlich kein Hippie?« fragte Frank.
    »Ich kenne mit Sicherheit nur zwei Leute, die keine Hippies sind«, sagte Karl. »Erwin und dein Bruder!«
    »Und du?«
    »Ich geb mir alle Mühe.«
    Zum Krahl-Eck mußten sie eine Straße entlanggehen, die wohl der DDR gehörte, denn die Mauer verschluckte die
    Fahrbahn und die ganze linke Seite der Straße, und je länger sie da zwischen Mauer und Häusern eingezwängt entlanggingen, desto mehr hatte Frank das Gefühl, daß man ihm die Luft abschnürte, und er war froh, als Kar! irgendwann stehenblieb und sagte: »Da ist es, ich liebe es, Krahl-Eck, Krahl-Eck, ich liebe dich! Gib mir mal Bosbach wieder, ich kenn die Immel-Pfeifen besser als du, ist besser, wenn ich ihn da reinbringe.«
    Frank übergab ihm den ohnmächtigen Bassisten und betrachtete, während Kar! ihn sich auf der Schulter in eine angenehme Lage ruckelte, das Krahl-Eck, und er sah gleich, daß das

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