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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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»Ich habe gesagt, daß ich es dann entscheide, wenn ich ihn gefunden habe, das ist was anderes.«
    »Aha…« Erwin zählte sein Geld noch einmal nach. »Du kriegst auch noch zweiundsiebzig Pfennig von mir.«
    »Kannst du behalten!«
    »Na gut«, sagte Erwin und steckte das Geld sorgfältig zusammengerollt in seine Hosentasche. »Ich geh jetzt mal. Kommst du mit, Chrissie?«
    »Nee«, sagte Chrissie.
    »Was willst du denn hier noch?«
    »Ich bleib bei Martin!«
    »Das kann aber dauern.«
    »Was geht’s dich an, Kerle?!«
    »Nix. Gott sei Dank! Bis denn.«
    Und damit ging Erwin.
    Dann passierte längere Zeit nichts. Karl kam nicht wieder, H.R. kam nicht wieder, Martin, der Dr.-Votz-Bas-sist, schnarchte leise vor sich hin, und Chrissie saß daneben und nuckelte noch immer an derselben Bierdose. Das waren lange Minuten, die sie so dasaßen, und Frank hätte gern mit Chrissie ein Gespräch angefangen, aber er traute sich nicht, also schwiegen sie sich an, und Frank fragte sich schon, ob es nicht besser wäre, einfach aufzustehen und nach Hause zu gehen, als endlich Karl wiederkam.
    “Leute, ich sag’ euch!« rief er, als er die Tür schwungvoll aufriß und ins Büro stiefelte, “Leute, ihr habt ja keine Ahnung, wie das ist!«
    »Was?« sagte Frank. »Wie was ist?«
    »Waschzwang. Ich glaube, ich habe irgendwie so einen Waschzwang«, sagte Karl und hob wie zum Beweis seine Hände. »Ich mußte die Dinger eben dauernd waschen. Bin gar nicht mehr rausgekommen aus dem Klo, das ist ganz klar Waschzwang, ich finde, die kleben sogar jetzt noch, da klebt immer noch Klaus’ Blut dran, habe ich das Gefühl, obwohl ich die vorhin schon einmal und jetzt noch einmal gewaschen habe, und lange, ich mußte mich richtig losreißen von dem blöden Waschbecken, das war auch total versifft, kein Wunder, wenn die Hände einem da nicht richtig sauber werden, das mußte ich auch erstmal saubermachen, das scheiß Waschbecken, widerlich!« Er hielt die Hände an seine Nase und schnüffelte dran. »Und was jetzt?« sagte er dann.
    »Weiß nicht«, sagte Frank.
    »Was hast du denn so vor, Chrissie?« sagte Karl.
    Chrissie antwortete nicht, sie strich lieber dem schlafenden Bassisten über den Kopf.
    »Also entweder ich geh’ nochmal zurück und wasch mir nochmal die Hände, oder wir gehen jetzt ganz schnell mal weiter«, sagte Karl.
    “Und er?!« rief Chrissie und stand auf. “Was ist mit ihm?« Sie zeigte mit dem Fuß auf den schlafenden Bassisten. “Was ist mit Martin?«
    “Was soll mit dem schon sein, Chrissie?! Was glaubst du wohl?«
    “Wieso jetzt?« sagte Chrissie.
    »Was ist mit einem, der besoffen ist und schläft? Ich sag’s dir, Chrissie: So einer ist besoffen und schläft. Und dann läßt man ihn schlafen, und irgendwann wacht er dann ganz von alleine auf und hat Kopfschmerzen und Durst. Das ist ganz normal, dahinter stehen Naturgesetze, Chrissie, gegen die kann man nichts machen!«
    “Ich will aber nicht, daß er hier liegen muß. Die schließen hier nachher ab oder was, und dann schmeißen die ihn raus in den Gulli oder was?«
    “Das wäre eine Möglichkeit!«
    “Das ist doch total kalt nachts draußen. Oder er wird hier eingeschlossen, das ist doch auch irgendwie fies. Oder diese Einlaßtypen von H.R …. - das sind doch Schweine!«
    “Was schlägst du vor, Chrissie? Oh Mann, ich glaube, ich kann’s erraten.«
    “Wir nehmen ihn mit«, sagte Chrissie. “Wir können ihn doch nach Hause bringen, das ist doch nicht weit, der wohnt doch in der Naunynstraße.«
    “Und wie sieht das praktisch aus, wenn wir ihn mitnehmen, Chrissie? Ich nehme den linken Arm, du den rechten Arm, und Frankie hier geht voraus und hält ihn an den Beinen, oder was?«
    “Frank!« sagte Frank.
    “Mir doch egal, dann nehm ich ihn eben alleine!« sagte Chrissie und machte sich daran, Martin aufzuwecken, »Aufwachen, aufwachen!« sagte sie leise und klopfte ihm auf die Wange und strubbelte sein Haar, aber Martin schnarchte weiter, auch als sie ihm unter die Achseln faßte und versuchte, ihn hochzuzerren, was sehr rührend aussah, klein und dünn wie sie war, und sie schaffte es auch nur, ihn an der Wand, gegen die er lehnte, ein wenig hin- und her-zuschubbern, was ihn in seinem Schlaf nicht weiter störte.
    »Das kann man ja nicht mit ansehen«, sagte Kar!. Er ging hinüber, bückte sich und zerrte nun seinerseits an Martin herum. »Der wird mich vollkotzen, der wird mich im wahrsten Sinne des Wortes ankotzen, ich schwör’s euch!« Er

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