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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Krahl-Eck nicht die Art von Kneipe war, in die er freiwillig und auf gut Glück hineingegangen wäre, um sich einen schönen Abend zu machen, das Krahl-Eck schien eher für andere, ältere, einheimischere Leute gemacht zu sein, >Bei Krahl, Biersrube, Großausschank, Molle&Korn 1,20 DM, gepfl. Biere, div. Schnäpse, Schmalzbrot 50 PE.<, stand auf zwei langen, senkrechten Schildern links und rechts vom Eingang, und Frank sagte: »Das heißt ja gar nicht Krahl-Eck, das heißt ja >Bei Krahl«<, und Kar! sagte: »Mir doch scheißegal, laß uns mal reingehen und Martin mit seinen Freunden wiedervereinigen«, und mit diesen Worten zog er die Tür auf und betrat breitbeinig, mit Martin über der linken Schulter, die Kneipe. Die war größer, als Frank erwartet hatte, viel größer, keine kleine Eckkneipe war das, sondern ein großer Saal mit Stehtischen in Form alter Bierfässer, an denen überwiegend alte Leute standen und sie anglotzten. In der Ferne gab es etwas, das wie ein Tresen aussah, aber viel konnte Frank davon nicht erkennen, so verraucht war die Luft und so trüb die Beleuchtung. Kar! blieb mit dem Dr.-Votz-Bassisten auf der Schulter im Eingang stehen und starrte herausfordernd die alten Leute an, die sich nicht regten und nichts sagten, sondern nur schauten. »Ich liebe das Krahl-Eck«, sagte er. »Das ist genau der richtige Laden für Immel, den alten Proletkultscheißer. Weißt du eigentlich, daß der wirklich so heißt? «
    »Wie wirklich?« sagte Frank.
    »P. Immel. Peter von Immel. Er hält das für emen Glücksfall. Ich dagegen meine, ein Glücksfall wäre es gewesen, wenn sein Vater ihn ins Gebüsch gespritzt hätte!«
    »Soso«, sagte Frank. »Das ist ja mächtig interessant!«
    »Ja, interessant ist das!« sagte Kar!. »Ich glaube, die sind da hinten irgendwo drin.«
    Sie gingen hinein in das neblige Halbdunkel, und dazu hörten sie Peter Alexander, der laut und wie um alles zu entschuldigen das Lied >Die kleine Kneipe in unserer Straße< sang, und als sie am Tresen ankamen, bogen sie rechts ab und sahen P. Immel an einer Musikbox stehen. Er fuhr mit dem Finger die kleinen Schildchen mit den Songtiteln entlang und las den Leuten, die bei ihm standen, daraus vor.
    Kar! stellte sich daneben und beugte sich ebenfalls über die Musikbox. »Immel, du Knalltüte, hast du nicht etwas vergessen?« fragte er.
    »Schmidt, was willst du denn hier?«
    »Ich will bloß was abgeben.«
    »Wer ist denn das?« fragte Immel und zeigte auf die Beine von Martin, die Kar! ihm vor das Gesicht hielt.
    »Moment, ich dreh mich mal um«, sagte Kar! und drehte sich so, daß P. Immel Martins Gesicht betrachten konnte.
    »Ach der«, sagte P. Immel. Einige von den Leuten, die dabeistanden, lachten. »Den kannst du behalten«, sagte Immel.
    »Nix«, sagte Kar! und legte den Bassisten quer über die
    Musikbox. »Der gehört zu euch, dann kümmert ihr euch auch um den!«
    »Den kannst du behalten«, sagte Immel, »wenn ich den noch einmal sehe, hau ich den tot, den Wichser!«
    »Am besten haust du ihn jetzt gleich tot, dann ist das ohne Risiko«, sagte Karl.
    »Nimm den mit, oder ich schmeiß ihn auf den Boden«, sagte Immel. »Der stinkt ja nach Kotze!«
    »Jetzt hör auf mit dem Scheiß, der wohnt doch bei euch, dann kannst du dich auch um ihn kümmern.«
    »Der wohnt nicht mehr bei uns, das haben wir gerade beschlossen, der Verräterarsch, der gehört nicht mehr zur ArschArt, und wer nicht zur ArschArt gehört, der wohnt auch nicht mehr bei uns.«
    Frank beschloß, jetzt schnell seine Frage zu stellen. Es war zwar nicht gerade ein günstiger Moment dafür, aber besser, da war er sich sicher, würde es nicht mehr werden, im Gegenteil.
    »Weißt du, wo Freddie ist?«
    Alle guckten ihn an. P. Immel schwieg eine Weile, alle schwiegen, nur Peter Alexander nicht, der sang weiter laut von Freundschaft und Gemütlichkeit und einem lebenswerten Leben.
    »Welcher Freddie? Freddie Quinn?« P. Immel zeigte auf die Musikbox, auf der noch immer der Dr.-Votz-Bas-sist lag. »Den habe ich gerade gesehen, der ist auf F9 und FlO.«
    Das war bei seinen Leuten ein echter Brüller, sie lachten wie blöd und klopften P. Immel auf die Schulter, sie erinnerten Frank dabei irgendwie an Fußballer und daran, wie sie sich aufführten, wenn einer von ihnen ein Tor geschossen hatte.
    »Nein«, sagte er, nachdem sich alle etwas beruhigt hatten. »Manfred Lehmann. Ich hab gehört, der hat bei euch sein Atelier.«
    »Was willst du denn von dem?«
    »Das ist mein

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