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Der kleine Dämonenberater

Der kleine Dämonenberater

Titel: Der kleine Dämonenberater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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gebaut, so daß er allein dort leben konnte, ohne daß seine Umgebung ihm den Eindruck von Einsamkeit vermittelte. Tagsüber fiel das Licht durch Fenster in den Wänden und dem Dach herein, und selbst an trüben, nebelverhangenen Tagen blieb kein Winkel des Hauses vom Tageslicht unberührt. Abends verströmten drei riesige Steinkamine, die jeweils eine ganz Wand im Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer einnahmen, eine wohlige Wärme. Außerdem tauchten sie das Haus in ein weiches, orangefarbenes Licht – sehr zum Gefallen des alten Mannes, der immer wieder Scheite von Redwood und Eukalyptusbäumen nachlegte, die er selbst gefällt und kleingehackt hatte.
    Wenn er jemals an seinen eigenen Tod dachte, was selten geschah, dann tat er dies in dem Bewußtsein, daß er hier in diesem Haus sterben würde. Er hatte es ebenerdig angelegt, es gab nur ein Stockwerk, und alle Flure und Türen war so bemessen, daß er, sollte er jemals darauf angewiesen sein, sich bequem im Rollstuhl durch das Haus bewegen und selbst versorgen konnte bis zu jenem Tag, an dem er die kleine schwarze Pille schlucken würde, die er sich von der Schierlingsgesellschaft hatte schicken lassen.
    Er achtete auf Ordnung und Sauberkeit, jedoch nicht, weil er ein Ordnungsfanatiker gewesen wäre – Augustus Brine war vielmehr der Ansicht, daß Chaos das Wesen der Welt bestimmte –, sondern, weil er seiner Putzfrau, die einmal in der Woche vorbeikam, um Staub zu wischen und die Asche aus den Kaminen zu fegen, das Leben nicht unnötig schwer machen wollte. Außerdem wollte er nicht in den Ruf geraten, schlampig zu sein, denn er kannte die Neigung der Leute, von einem einzelnen Charakterzug auf den ganzen Menschen zu schließen, und selbst Augustus Brine war nicht frei von Eitelkeit.
    Trotz seines Glaubens, daß der Versuch, Ordnung in ein dem Chaos zustrebendes Universum zu bringen, zum Scheitern verurteilt war, führte Augustus Brine ein Leben, daß in geordneten Bahnen verlief, was ihn, wenn er über dieses Paradoxon genauer nachdachte, amüsierte. Er stand jeden Tag um fünf Uhr auf, gönnte sich eine halbe Stunde zum Duschen und verspeiste zum Frühstück sechs Eier und einen halben Laib Sauerteig-Toast, wobei er mit Butter nicht sparte. (Cholesterin schien ihm nicht sonderlich gefährlich – man konnte es weder sehen noch hören, und solange es sich nicht etwas einfallen ließ und ihn mit lautem Kampfgeschrei über den Teller in die Arme der Leicht- und Schonkostapostel trieb, wollte er davon nichts wissen.)
    Nach dem Frühstück zündete sich Brine seine erste Meerschaumpfeife an, stieg in seinen Truck und fuhr in die Stadt, um den Laden aufzumachen.
    Die ersten beiden Stunden rauchte er, wie eine Lokomotive paffend, machte Kaffee, verkaufte Backwaren und schnackte mit den alten Männern, die ihm jeden Morgen einen Besuch abstatteten. Brine traf die notwendigen Vorkehrungen, damit der Laden auch während seiner Abwesenheit unter der Aufsicht einer Handvoll Verkäufer wie am Schnürchen bis Mitternacht laufen konnte und kümmerte sich ab acht Uhr, wenn der erste seiner Angestellten erschien und die Kasse übernahm, um die Bestellung dessen, was er epikureische Güter nannte: Kuchen und Gebäck, importierte Käse- und Biersorten, Pfeifentabak und Zigaretten, hausgemachte Pasta und Saucen, frischgebackenes Brot, Feinschmeckerkaffee und kalifornische Weine. Wie Epikur glaubte auch Brine, daß Lebensqualität darin bestand, sich einfachen Genüssen zu widmen, und zwar mit Muße und in Maßen. Vor Jahren, als er noch als Rausschmeißer in einem Bordell gearbeitet hatte, war ihm verschiedentlich aufgefallen, wie Männer, denen Zorn und Niedergeschlagenheit ins Gesicht geschrieben standen, durch einige kurze Momente der Wonne völlig verwandelt wurden. Angesichts der Freude und Sanftmut, die er damals hatte beobachten können, hatte er geschworen, irgendwann einmal ein Bordell zu eröffnen, doch als dann der heruntergekommene Gemischtwarenladen samt zweier Zapfsäulen zum Verkauf stand, hatte er von seinem ursprünglichen Vorhaben Abstand genommen und sich einer anderen Klientel verschrieben, um deren Leben mit Momenten des Genusses zu bereichern. Gelegentlich jedoch versetzte es ihm bei dem Gedanken, daß er seiner wahren Berufung als Puffmutter untreu geworden war, einen Stich.
    So suchte er sich nun jeden Tag, wenn er die Bestellungen abgewickelt hatte, eine Flasche Rotwein aus dem Regal aus und packte sie zusammen mit Brot, Käse und Ködern in seinen Korb, um

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