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Der kleine Koenig von Bombay

Der kleine Koenig von Bombay

Titel: Der kleine Koenig von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chandrahas Choudhury
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Arzee machte kreischend einen Satz nach hinten.
    In eine Ecke des Aufzugs gekauert, wie um einen Angriff abzuwehren, stand ein Mann, der genauso klein war wie Arzee! Und er war nicht nur ein Zwerg, sondern zudem derhässlichste, bedauernswerteste Mensch, den Arzee je gesehen hatte. Seine zerlumpten, von Sicherheitsnadeln und ungleichen Knöpfen zusammengehaltenen Kleider hingen an ihm herunter; seine Gliedmaßen schienen sich unabhängig voneinander zu winden und schütteln, als würde er im nächsten Moment auseinanderfallen, und er sah aus, als hätte er noch nie eine anständige Mahlzeit gegessen oder ein freundliches Wort gehört. Sein Blick zuckte furchtsam, seine Zähne klapperten, und auf seiner Stirn glänzte eine Verbrennungsnarbe. Die beiden Männer starrten einander an, und schließlich sagte der andere: »K-K- K-Kommen Sie rein.«
    Arzee trat ein, die Aufzugstür schloss sich, und er stellte fest, dass der andere Zwerg genau wie er in den dreizehnten Stock wollte. Aus den gegenüberliegenden Ecken der Kabine starrten die beiden Männer einander wie hypnotisiert an. Es lag eine solche Spannung in der Luft, dass es schien, als müsste die Aufzugskabine explodieren, bevor sie den dreizehnten Stock erreicht hatten. Dann leuchtete das Lämpchen über ihnen auf, die Tür öffnete sich, und sie traten hinaus.
    »Wollen Sie auch zu Mehndibhai?«, fragte Arzee. Der andere Mann nickte und schien zu erwarten, dass Arzee voranging.
    »Hier lang«, sagte Arzee. »Da ist es, Nummer dreizehn-null-vier.«
    Als er an die Tür von 1304 klopfte, kam keine Reaktion, doch dann hörte er schwere Schritte, und ein stämmiger Mann mit leuchtend orange gefärbtem Haar kam um die Ecke.
    »Sie möchten zu mir, meine Herren?«, fragte er, beugte sich hinunter und schüttelte ihnen beiden mit ausgesuchter Höflichkeit die Hand. »Ah, gut. Treten Sie ein. Bitte treten Sie ein.«
    Mit einem Schlüssel, der an einem dicken Schlüsselbund hing, öffnete er die Tür seines Büros und ging hinein, gefolgt von Arzee und dem anderen Zwerg, die tunlichst darauf achteten, einander nicht versehentlich zu berühren.
    Mehndibhais Büro bestand aus einem einzigen, spärlich möblierten Raum. Ein Schreibtisch mit drei Telefonen und einem halb gegessenen Sandwich, ein paar Aloe-vera-Pflanzen auf dem Fensterbrett, auf dem Boden ein verblichener roter Teppich, die Wände bis auf eine Uhr und einen Kalender kahl. Mehndi warf das Sandwich in den Papierkorb und wischte sich die Finger sorgfältig an einer rosa Papierserviette ab.
    »Bitte nehmen Sie Platz«, sagte er. »Nun, meine Herren – hat man Sie davon in Kenntnis gesetzt, worum es bei dieser Arbeit geht?«
    »Nein«, sagte Arzee, und neben ihm schüttelte der andere Zwerg ebenfalls den Kopf. »Ist es – ist es gefährlich, Mehndibhai?«
    »Gefährlich?« Mehndibhai schien amüsiert. »Nicht allzu sehr. Also – haben Sie schon mal von dem Erfrischungsgetränk Limzee gehört?«
    »Ja«, sagte Arzee. Der andere Zwerg war stumm wie ein Fisch, und Arzee sah aus dem Augenwinkel, dass er mit offenem Mund zu Mehndi hochschaute, als wäre er außerstande, dem allem zu folgen.
    »Es geht um Folgendes«, sagte Mehndi. »Wenn die Trockenzeit vorbei ist und die Regenzeit beginnt, ändern sich die Verzehrgewohnheiten. Deshalb wird das Getränk jetzt zusätzlich in einer kleineren Flaschengröße auf den Markt gebracht, um der veränderten Nachfrage in den Phasen zu entsprechen, wo die Leute weniger durstig sind.«
    »Es geht um ein Erfrischungsgetränk!«, dachte Arzee.»Und was habe ich für Ängste und Schreckensvisionen gehabt! Ich weiß nicht, was ich immer denke. Aber wenigstens ist es nicht gefährlich.« Laut sagte er: »Ja, ich weiß, ich habe die Fernsehwerbung gesehen: ›Das neue Limzee – Kleinere Flasche, mehr Geld in der Tasche.‹ Mir fällt gerade auf, dass sich der Name mit meinem reimt, Mehndibhai.«
    »Und Sie werden feststellen, dass das mit gutem Grund so ist«, sagte Mehndi. »Also, wenn ein neues Produkt lanciert wird, finden immer Werbeaktionen statt.« Mehndi begann auf und ab zu gehen, als dächte er sich das alles gerade erst aus. »Und bei einem gesättigten Markt wie dem unseren, wo die Verbraucher auf Schritt und Tritt mit Botschaften bombardiert werden, müssen die konventionellen Werbemethoden durch neue Ideen ergänzt werden. Können Sie mir folgen?«
    »Ja, Mehndibhai.« Mehndi erinnerte Arzee an einen Physiklehrer, den er in der Schule gehabt hatte.
    »Nun, und eine dieser

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