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Der kleine Koenig von Bombay

Der kleine Koenig von Bombay

Titel: Der kleine Koenig von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chandrahas Choudhury
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Hm? Hm? Stimmt’s?« Er stieß Arzee in die Wade.
    »Mir geht es nicht gut, Deepakbhai, also belästige mich nicht. Du weißt gar nicht, wie schlecht ich mich fühle. Ich gehe bald weg, Deepakbhai, und zwar für – für immer. Das hier ist unser letztes Treffen. Leb wohl, Deepakbhai.«
    »Du bist liebeskrank!«, sagte Deepak. »Deine Sehnsucht nach diesem Mädchen verzehrt dich. Du willst groß werden, so groß wie deine Eltern, aber das Leben steht dir im Weg, weil sie davongelaufen ist. Ich kann deine Gefühle spüren. Liebe! Liebe! Liebe!«
    »Du hast keine Ahnung, Deepakbhai, von gar nichts, und deshalb ist es besser, du hältst den Mund. Es ist mir völlig egal, oder sie tot oder lebendig ist.«
    »Dann hast du deiner Mutter das mit dem Kino erzählt!«, sagte Deepak. »Und sie hat Zustände gekriegt und dich rausgeschmissen, weil du so ein Versager bist. Und deswegen willst du weg, weil nichts im Leben noch etwas wert ist, wenn einen die eigenen Eltern nicht lieben.«
    »Du denkst so – so oberflächlich, Deepakbhai!«, rief Arzee. »Warum redest du immer weiter, obwohl du keine Ahnung hast? Du kommst ohnehin nie drauf. Ich bin in den Bergen, und du in der Ebene. Also lass mir meine Ruhe.«
    »Ich habe sehr wohl eine Ahnung«, sagte Deepak. »Wie könnte ich denn anders, wo du mir doch alles so oft erklärt hast? Erst bist du klein auf die Welt gekommen, dann bist du klein aufgewachsen und klein geblieben, dann hast du dich verliebt, und das Mädchen hat dich verlassen, und dann, nach der Pause, hat sogar dein Kino zugemacht. Und irgendwann mittendrin ist Deepak aufgetaucht, und alles ist wieder besser geworden, weil Deepak kleine Menschen mag. Und jetzt nähern wir uns dem Ende der Geschichte.«
    Arzee zitterte, und eine einzelne Träne rollte ihm die Wange hinunter. »Das ist noch nicht mal die Hälfte der Geschichte, Deepakbhai. Du hast keine Ahnung.«
    »Ah!«, sagte Deepak. »Jetzt redest du wieder wie der Arzee, den ich kenne. Was ist mir denn entgangen? Ich sehe doch,dass du darauf brennst, es mir zu erzählen – du siehst aus, als würdest du jeden Moment platzen wie eine Wasserbombe.«
    »Dann hör mir zu, Deepakbhai. In Wirklichkeit bin ich nämlich … bin ich nämlich gar nicht Arzee. Ich bin gar nicht der Mensch, für den du mich hältst.«
    »Hä? Was heißt denn das?« Deepak zog eine Zigarette und ein Feuerzeug hervor und hielt sich beides vors Gesicht. »Wer bist du denn sonst? Und warum hast du mir etwas vorgemacht?«
    »Ich habe dir nichts vorgemacht, Deepakbhai!«, rief Arzee. »Ich bin ja nicht mal der Mensch, für den ich mich selbst gehalten habe! Ich bin all die Jahre genauso im Dunkeln getappt wie du – schon seit meiner Kindheit!«
    »Halt!«, befahl Deepak, die Hand an der Stirn. »Hör sofort auf. Ich kenne die Vorschau und will keine Eintrittskarte. Diese Geschichte interessiert mich nicht, kleiner Mann. Mir ist es völlig schnurz, ob du der Mensch bist, für den du dich gehalten hast, oder nicht. Das könnt ihr zwei unter euch ausmachen.«
    »Hör mir einfach mal zu, Deepakbhai! Ich bin nicht Arzee. Oder vielmehr, ich bin es schon, aber zugleich auch wieder nicht. Und was ich neulich gesagt habe, dass ich von der einen Seite her Hindu und von der anderen Muslim bin … Das stimmt auch nicht! Es war alles nur eine Geschichte. Aber ich habe dich nicht angelogen.«
    »Setz dich heute Abend mal hin, schreib das alles auf und schick es mir mit der Post«, sagte Deepak, »denn ich komme langsam nicht mehr mit, was hier eine Geschichte ist und was nicht. Oder am besten erzählst du es ganz jemand anderem, denn ich habe eine kleine Überraschung für dich.«
    »Keine Überraschungen mehr, Deepakbhai! Ich habe genugÜberraschungen für sieben Leben erlebt. Ich werde alles hinter mir lassen, Deepakbhai. Nichts bedeutet mir noch etwas.«
    »Ich weiß nicht, was du da vor dich hinbrabbelst«, sagte Deepak. »Aber hör mir einfach mal zu, dann wirst du dich schnell besser fühlen.« Er hielt sein Handy hoch. »Ta-taa! Wir haben deine Lady aufgespürt. Nicht dass ich es ihr verdenken könnte, dass sie sich aus dem Staub gemacht hat, denn das hätte ich an ihrer Stelle auch getan. Und du hast gemeint, wir würden das nicht hinkriegen!«
    Arzee blinzelte und sackte auf der Mauer in sich zusammen. Die Märtyrermiene, die er den ganzen Tag zur Schau getragen hatte, verschwand plötzlich, und das Gesicht des alten Arzee kam wieder zum Vorschein.
    »Schau mal einer an!«, sagte Deepak glucksend.

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