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Der kleine Lord

Titel: Der kleine Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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Grafen, »besser hatte die Sache nicht ausfallen
können.
    »Das meine ich auch,« bemerkte ihr Bruder
trocken. »Es ist ein hübscher kleiner Kerl, und wir
sind sehr gute Freunde. Mich halt er für den
sanftmütigsten, liebenswürdigsten Philanthropen der
Welt. Da du es doch herauskriegen würdest, Constantia, will
ich dir's lieber gleich sagen: Der Junge kann mich alten Narren um den
Finger wickeln.«
    »Und was hält seine Mutter von
dir?« fragte Lady Lorridaile mit ihrer gewohnten
Unverblümtheit.
    »Das habe ich sie nicht gefragt,« versetzte
der Graf mürrisch.
    »Höre, Bruder,« fuhr Lady
Lorridaile fort, »ich will von vornherein offen und ehrlich zu
Werke gehen und dir nicht vorenthalten, daß ich deine
Handlungsweise ganz und gar mißbillige und fest entschlossen
bin, Mrs. Errol meinen Besuch zu machen. Wenn du deshalb Streit mit mir
anfangen willst, so sprich dich lieber jetzt gleich aus. Alles, was ich
von dem jungen Frauchen höre, berechtigt mich zu der Annahme,
daß sie den Jungen zu dem gemacht hat, was er ist; sogar deine
Pächtersleute sollen sie ja verehren wie eine
Heilige.«
    »Sie vergöttern Cedrik,« sagte der
Graf. »Was Mrs. Errol betrifft, so wirst du eine recht
hübsche kleine Frau kennen lernen, und ich bin ihr eigentlich
zu Dank verpflichtet, daß sie dem Jungen so viel von ihrer
Schönheit abgegeben hat. Mit deinen Besuchen kannst du es nach
Belieben halten, nur bitte ich mir aus, daß sie ruhig in Court
Lodge bleibt, und daß du nicht etwa von mir verlangst,
daß ich sie besuche.«
    »So schlimm ist es lange nicht mehr mit seinem
Hasse,« äußerte sich Lady Lorridaile nachher
gegen ihren Gatten, »er ist überhaupt auf dem Wege,
ein andrer Mensch zu werden, und, unglaublich aber wahr, er kann zu
guter Letzt noch ein Herz bekommen, alles durch seine Zuneigung
für den unschuldigen, goldigen kleinen Burschen. Das Kind hat
ihn ja wirklich und wahrhaftig lieb. Er lehnt sich an sein Knie, wenn
er mit ihm spricht; Mylords eigne Kinder hätten sich eher bei
einem Tiger niedergelassen.«
    »Molyneux, sie ist die bezauberndste, anmutigste
Frau, die ich je gesehen habe,« erklärte Lady
Lorridaile ihrem Bruder, als sie am nächsten Tage von ihrem
Besuche bei Mrs. Errol zurückkam. »Ihre Stimme ist
wie ein silbernes Glöckchen, und du dankst ihr alles, was du
an dem Jungen hast, durchaus nicht nur die Schönheit. Dein
größter Mißgriff ist, daß du sie
nicht herzlich bittest, bei dir zu wohnen und für dich zu
sorgen. Uebrigens lade ich sie nach Lorridaile ein.«
    »Sie trennt sich nicht so weit von dem
Kinde,« bemerkte der Graf.
    »Dann muß der auch mitkommen,«
erklärte Lady Lorridaile lachend.
    Sie wußte sehr wohl, daß letzteres nicht zu
erreichen gewesen wäre. Mit jedem Tage sah sie mehr und mehr,
wie fest Großvater und Enkel aneinander hingen und wie alles,
was der rauhe alte Mann an Ehrgeiz, Hoffnung und Herzenswärme
besaß, sich auf das Kind konzentrierte, dessen liebevolle,
reine Seele diese Liebe vertrauensvoll und selbstverständlich
erwiderte.
    Sie wußte auch, daß die eigentliche
Veranlassung, in Schloß Dorincourt nach Jahren der Einsamkeit
wieder eine große Gesellschaft zu geben, keine andre war, als
das Verlangen, der Welt den Enkel und Erben zu zeigen und sie zu
überzeugen, daß der Junge, von dem so viel gesprochen
und gefabelt wurde, alle diese Schilderungen noch weit hinter sich
ließ.
    »Bevis und Maurice haben ihm so tiefe
Demütigungen bereitet,« sagte Lady Lorridaile zu
ihrem Manne, »daß er sie förmlich
gehaßt hat. Jetzt kann sein Stolz endlich einen Triumph
feiern.«
    Angenommen wurde die Einladung von allen Seiten, und wohl
nirgends, ohne daß die Gebetenen in Bezug auf Lord Fauntleroy
sehr neugierig waren und die Frage besprochen wurde, ob man ihn wohl zu
sehen bekommen werde.
    Der Abend kam und Lord Fauntleroy war sichtbar.
    »Der Junge hat so gute Manieren,«
entschuldigte der Graf diese etwas ungewöhnliche Anordnung
seiner Schwester gegenüber. »Er wird niemand im Wege
sein. Kinder sind in der Regel Dummköpfe oder
Quälgeister – die meinigen waren beides –
aber er kann antworten, wenn man mit ihm spricht, und schweigen, wenn
dies nicht geschieht. Unangenehm bemerklich macht er sich nie.«
    Sein Talent zum Schweigen zu entwickeln fand Fauntleroy wenig
Gelegenheit, denn die ganze Gesellschaft schien es darauf abgesehen zu
haben, ihn zum Reden zu bringen. Die Damen waren

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