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Der kleine Lord

Titel: Der kleine Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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habe? Daß man in dem großen Hause gut zu
einander passen müsse? Nun wir zwei passen zu einander, bessre
Freunde kann's doch wohl nicht geben.«
    »Jawohl, wir vertragen uns leidlich,«
erwiderte der Graf. »Komm 'mal her.«
    Fauntleroy krabbelte in die Höhe und kam.
    »Gibt es noch irgend etwas, was dir fehlt, was du
gern haben möchtest?«
    Die großen braunen Augen hefteten sich
plötzlich nachdenklich und ernsthaft auf den
Großvater.
    »Nur eins,« erwiderte er bestimmt.
    »Und das ist?«
    Fauntleroy sammelte sich einen Augenblick, er hatte nicht
umsonst so viel über die Sache nachgedacht.
    »Herzlieb,« sagte er dann halblaut.
    Der Graf zuckte ein wenig mit den Augenbrauen.
    »Du siehst sie ja fast jeden Tag,« sagte er,
»genügt das nicht?«
    »Früher sah ich sie den ganzen
Tag,« versetzte das Kind, »und wenn ich zu Bett
gegangen bin, hat sie mich geküßt, und morgens war
sie bei mir, wenn ich aufgewacht bin, und wenn wir uns etwas sagen
wollten, konnten wir's gleich thun und brauchten nicht zu
warten.«
    »Vergißt du denn deine Mutter nie?«
fragte der alte Mann, ihm tief in die Augen blickend.
    »Nein, nie! Und sie vergißt mich auch nicht.
Ich würde dich auch nie vergessen, wenn ich nicht bei dir
wäre, und würde immer an dich denken.«
    »Wahrhaftig, du wärst's im stande?«
sagte der Graf nach einer Pause.
    Die Eifersucht, die ihn befiel, wenn der Knabe von seiner
Mutter sprach, steigerte sich mit der Liebe zu demselben.
    Bald aber kamen ernstere Sorgen, die ihn diese kleine
Bitterkeit vergessen ließen, ja, die ihn vergessen
ließen, daß er seines Sohnes Frau so gehaßt
hatte. Kurz bevor der Neubau in Grafenhof beendigt war, wurde in
Dorincourt ein großes Diner gegeben – es war lange
her, daß sich etwas derartiges im Schlosse ereignet hatte.
Einige Tage vorher schon trafen Sir Harry Lorridaile und Lady
Lorridaile, des Grafen einzige Schwester, ein und auch dies war ein
höchst befremdliches Ereignis, infolgedessen Mrs. Dibbles
Ladenglocke wieder harte Arbeit bekam, denn das war ja allgemein
bekannt, daß Lady Lorridaile seit ihrer Hochzeit vor
fünfunddreißig Jahren das Schloß nicht mehr
betreten hatte. Sie war jetzt eine alte hübsche Dame mit
weißen Locken und Grübchen in den runden Wangen und
einem Herzen wie Gold; sie hatte aber des Bruders Leben und Treiben so
wenig gebilligt, als irgend jemand, und da sie nicht
schüchterner Natur war und gerade heraus zu reden pflegte,
hatte sie ihm dies keineswegs verheimlicht, und das Ergebnis solcher
Offenheit war gewesen, daß sie einander aus dem Wege gingen.
    Gehört hatte sie mehr von ihm, als ihr lieb war, in
dieser Zeit der Trennung; man hatte ihr erzählt, wie er seine
Frau vernachlässigte und wie gleichgültig er gegen
seine Kinder war; auch von den zwei älteren,
schwächlichen, verkommenen, unbegabten Söhnen hatte
sie mehr als genug erfahren. Gesehen hatte sie keinen von beiden im
Leben, aber eines schönen Tages hatte sich in Lorridaile Park
ein hübscher, schlanker junger Mensch von etwa achtzehn Jahren
eingefunden und hatte sich ihr als ihr Neffe Cedrik Errol vorgestellt,
der, da ihn sein Weg in diese Gegend geführt habe, nicht
versäumen wolle, die Tante Constantia zu besuchen, von der ihm
seine längst verstorbene Mutter viel erzählt. Der
guten Dame war dabei das Herz aufgegangen, und sie hatte den Neffen
eine ganze Woche festgehalten und verhätschelt und
über die Maßen bewundert und hatte ihn
schließlich abreisen sehen in der bestimmten Hoffnung, den
frohgemuten, warmherzigen, munteren Gesellen oft und viel wieder bei
sich zu sehen. Das war aber nicht geschehen, denn er fand bei seiner
Heimkehr den Vater in sehr ungnädiger Laune und erhielt den
gemessenen Befehl, Lorridaile Park nicht wieder zu betreten. Trotzdem
bewahrte ihm die Tante ein warmes Plätzchen in ihrem Herzen,
und wenn sie auch selbst die amerikanische Heirat für etwas
übereilt hielt, war sie doch sehr entrüstet, als sie
von der Verstoßung durch den Vater und Cedriks
völligem Abgeschnittensein hörte.
Schließlich drang die Kunde von seinem Tode auch zu ihr, und
bald darauf erfuhr sie, daß Bevis infolge eines Sturzes vom
Pferde und Maurice am römischen Fieber gestorben seien, und
schließlich war dann die Geschichte von dem aus Amerika
herübergeholten Lord Fauntleroy aufgetaucht.
    »Der wird wohl auch zu Grunde gerichtet
werden,« sagte sie zu ihrem Manne, »so gut wie die

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