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Der kleine Lord

Titel: Der kleine Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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Gutsherrn gegen seine Leute. Als Mrs.
Errol den Ort zum erstenmal betrat, erfaßte sie ein Schauder,
und als sie die bleichen, verwahrlosten, zwischen Laster und Schmutz
aufwachsenden Kinder sah und ihres Jungen gedachte, der nun in
fürstlicher Pracht seine goldne Kindheit verlebte, stieg ein
kühner Gedanke in diesem weisen kleinen Mutterherzen auf.
    »Der Graf gewährt meinem Kinde jede
Bitte,« hatte sie zu Mr. Mordaunt gesagt. »Er
befriedigt jeden kleinsten Wunsch. Weshalb soll diese Güte
oder Schwäche nicht auch andern zu gute kommen?«
    Sie kannte das reine, warme Kinderherz durch und durch, und so
erzählte sie ihm von dem entsetzlichen Stande der Dinge im
Grafenhof, sicher, daß er mit dem Großvater davon
sprechen werde, und hoffend, daß dies gute Früchte
tragen möchte.
    Und dem war so. Was auf den alten Herrn den
stärksten, unwiderstehlichsten Einfluß übte,
war seines Enkels felsenfestes, unerschütterliches Vertrauen
in seine Großmut und Güte. Er konnte es nicht
übers Herz bringen, den Jungen darüber
aufzuklären, daß Selbstsucht und Eigenwillen die
Grundzüge seines Handelns und Lebens gewesen waren. Als ein
Wohlthäter der Menschheit und als Inbegriff aller ritterlichen
Tugenden angesehen zu werden, war etwas entschieden Neues, und der
Gedanke, diesen liebevollen braunen Augen gegenüber
auszusprechen: »Es ist mir ganz einerlei, ob das Gesindel zu
Grunde geht oder nicht«, schien ihm vollkommen
unausführbar. Schon hatte er den kleinen Blondkopf so lieb
gewonnen, daß er sich, um dessen Illusionen zu schonen, lieber
auf einer guten That ertappen ließ, wobei er sich freilich
selbst sehr lächerlich vorkam. Newick wurde zur Audienz
befohlen und nach längerer Beratung der Beschluß
gefaßt, daß die elenden Bretterbuden eingerissen und
an ihrer Stelle menschliche Wohnungen errichtet werden sollten.
    »Lord Fauntleroy. dringt darauf,« bemerkte
er trocken, »er sieht darin eine Verbesserung des Besitztums.
Sie können es die Leute wissen lassen, daß der
Gedanke von ihm ausgeht.«
    Natürlich verbreitete sich die Kunde von dieser
geplanten Verbesserung mit Windeseile. Erst begegnete dieselbe
mannigfachem Unglauben, als aber eine Schar fremder Arbeiter eintraf
und die baufälligen Hütten einzureißen
begann, ward es den Leuten klar, daß dieser kleine Lord wieder
Großes für sie gewirkt hatte, und sein Lob wurde in
allen Tonarten gesungen und die kühnsten Prophezeiungen
für seine Zukunft ausgesprochen. Von dem allem ahnte er
nichts. Er lebte sein glückliches Kinderdasein, rannte
jauchzend im Park umher, hegte die Kaninchen in ihrem Bau, lag im Grase
unter den großen Bäumen oder auf dem Teppiche vor dem
Kamine und las wundervolle Geschichtenbücher, deren Inhalt er
dann erst dem Grafen und später seiner Mutter
wiedererzählte; auch lange Briefe an Dick und Mr. Hobbs wurden
abgesandt und von drüben beantwortet.
    Als der Neubau der kleinen Häuser begonnen hatte,
ritt er häufig mit dem Großvater nach Grafenhof
hinüber und nahm lebhaften Anteil an der Arbeit. Er stieg dann
womöglich ab und machte die Bekanntschaft der Arbeiter, wobei
er über allerlei Handwerksgeheimnisse Aufschluß
erhielt und ihnen von Amerika erzählte. Wenn die Herrschaft
dann den Bauplatz verlassen hatte, war der kleine Lord mit seinen
harmlosen, hier und da komischen Redensarten noch lange das
Gesprächsthema. »Das ist ein Rarer,«
hieß es, »und gescheit ist er und so gemein mit
unsereinem.« Natürlich wurde alles, was Fauntleroy
gesprochen hatte, weiter erzählt, und so kam jeder in Besitz
einer ganzen Sammlung von Anekdoten über den kleinen Lord, und
nach und nach wußte man weit und breit, daß der
»wilde Graf« zu guter Letzt noch etwas gefunden
hatte, was seinem harten, verbitterten Herzen lieb war.
    Wie lieb, das wußte freilich niemand, denn er
äußerte sich gegen keinen Menschen über
seine Empfindung für Cedrik, und wenn er je von ihm sprach,
geschah es mit einem halb ironischen Lächeln. Fauntleroy aber
fühlte es wohl, daß er dem Großvater lieb
war und daß dieser ihn gern um sich hatte, ob's nun in seinem
behaglichen Bibliothekzimmer war, wenn er im Lehnstuhle saß,
oder bei Tische oder draußen beim Reiten und Fahren und dem
Abendspaziergange auf der Terrasse.
    »Weißt du noch,« begann Cedrik, der
mit einem Buche vor dem Kamine lag, einmal plötzlich,
»weißt du noch, was ich am ersten Abende hier zu dir
gesagt

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