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Der kleine Lord

Titel: Der kleine Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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gewisse
Gemütsbewegung, von seinem Freunde zu sprechen. Er zog die
prachtvolle goldne Uhr aus der Tasche, klappte den Deckel auf und wies
Dick die Inschrift.
    »Das war's, was er mir als Andenken gab vor der
Abreise. ›Ich will nicht, daß Sie mich
vergessen,‹ so hat er Wort für Wort gesagt.
Hätt' ihn auch nicht vergessen, meiner Seel'!« fuhr
er kopfschüttelnd fort, »wenn er mir auch kein
Andenken gegeben hätte, und wenn ich auch mein Lebtag nichts
mehr von ihm zu sehen kriegte. Den vergißt keiner.«
    »Der netteste Bursche war er,« stimmte Dick
bei, »den die Sonne je gesehen hat. Und Grütze im
Kopf. Hab' mein Lebtag nicht so viel Grütze bei so einem
Knirps gesehen. Habe große Stücke auf ihn gehalten,
das ist wahr, wir sind auch Freunde gewesen, so auf eine Art, das will
ich meinen. Seinen Ball habe ich ihm unter einer Kutsche vorgeholt und
das, das hat er mir nie nicht vergessen, der kleine Kerl! Und da ist er
heruntergekommen zu mir mit seiner Mutter oder seiner Mamsell und dann
schrie er: »Hallo, Dick,« als ob er ein sechs
Fuß hoher Bengel wäre und gerade der rechte Kamerad
für mich, und dabei war der Guck in die Welt nicht so hoch wie
mein Kasten und steckte noch im Mädelsrocke. Ein fideles
kleines Haus war es, und wenn es einem einmal schief ging, that es
einem gut, mit ihm zu diskutieren.«
    »So ist's,« bestätigte Mr. Hobbs,
»und Sünd' und Schand' ist's, aus dem einen Grafen zu
machen. Der hätt's zu was gebracht in der Spezereibranche oder
auch im Ellenwarengeschäft – aus dem hätte
sich was machen lassen,« und er schüttelte sein
massives Haupt mit tiefem, ehrlichem Bedauern.
    Es zeigte sich bald, daß die neuen Bekannten so viel
miteinander zu besprechen hatten, daß die Sache sich nicht auf
der Straße abmachen ließ, und so wurde verabredet,
daß Dick am folgenden Abend sich bei Mr. Hobbs im
Geschäft einfinden sollte, was dem jungen Manne
außerordentlich einleuchtete. Er war ein Kind der
Straße von klein auf, aber in ihm lebte von jeher eine gewisse
Sehnsucht nach einer ehrbaren, bürgerlichen Existenz. Seit er
sein Gewerbe allein betrieb, hatte sich seine Einnahme so ansehnlich
gesteigert, daß er sich ein Nachtlager unter Dach und Fach
gönnen konnte, und keine Haustreppen mehr als solches zu
benutzen gezwungen war, und allmählich gestattete er sich auch
den Luxus, Pläne zu schmieden und nach noch Höherem
zu streben. Die Einladung zu einem so umfangreichen, ansehnlichen
Manne, der einen eignen Laden und sogar Wagen und Pferde zur
Beförderung seiner Waren besaß, war ein bedeutender
Schritt auf dem Wege zu einer höheren Lebensstellung.
    »Ist Ihnen über Grafen und
Schlösser vieles bekannt?« erkundigte sich Mr. Hobbs.
»Ich möchte gern mehr Einzelheiten über
diese Sachen wissen.«
    »In der Penny Story Gazette kommt eine Geschichte, wo
sich's um vornehme Leute handelt. Sie heißt: ›Das
Verbrechen einer Krone‹ oder ›Die Rache der
Gräfin May.‹ Kurioses Zeug ist's, aber ganz famos.
Ein paar von uns lesen's.«
    »Bringen Sie mir das Blatt mit, ich will's
bezahlen,« erklärte Mr. Hobbs mit Würde.
»Bringen Sie mir alles, wo ein Graf drin vorkommt, und wenn's
kein Graf ist, so thut's auch ein Marquis oder ein Herzog, obwohl er
allerdings immer nur von einem Grafen gesprochen hat. Ueber
Grafenkronen haben wir uns auch unterhalten, gesehen habe ich aber nie
welche. Denk' mir, hier herum sind keine zu haben.«
    »Wenn's einer hätte, wär's
Tiffany,« sagte Dick, »weiß aber nicht, ob
ich sie kennen würde, wenn ich eine zu sehen kriegte.«
    Mr. Hobbs fand es nicht für nötig, zu
gestehen, daß er selbst auch keine Vorstellung von der
Beschaffenheit eines solchen Dings habe, sondern schüttelte
nur bedächtig den Kopf und bemerkte: »Vermutlich
keine Nachfrage nach dem Artikel bei uns,« womit die
tiefsinnige Frage ihre Erledigung gefunden hatte.
    Damit war der Anfang zu einer Freundschaft gemacht, die
für den einen Teil auch ihre materiellen Vorteile hatte, denn
Mr. Hobbs nahm seinen neuen Bekannten mit großer
Gastfreundschaft auf. Er stellte ihm einen Stuhl nahe an die
Thüre in der unmittelbaren Nachbarschaft des großen
Apfelfasses, und nachdem der Besucher Platz genommen, sagte er mit
einer einladenden Handbewegung: »Versehen Sie sich.«
    Er besah sich dann die mitgebrachten Blätter mit dem
Grafenroman, sie lasen einen Teil der Geschichte miteinander und
besprachen die

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