Der kleine Lord
sich des
Kleinen angenommen, soviel er eben konnte, bis Dick alt genug war, um
Zeitungen in der Straße feilzuhalten. Sie hatten sich nie
getrennt, und Ben hatte sich ganz ordentlich durchgearbeitet und
schließlich einen anständigen Posten in einem Laden
errungen.
»Und dann,« rief Dick, noch in der
Erinnerung empört, »muß ihn der Teufel
reiten, daß er heiratet. Einfach verrückt wird er
über ein Mädel und mir nichts dir nichts wird
geheiratet! Und eine nette Sorte war's, der aufgelegte Feuerteufel.
Wenn die in Wut kam, schlug sie einfach alles zusammen, und
wütend war sie schier den ganzen Tag. Ihr Kind –
gerade so! Der Balg plärrte Tag und Nacht. Und wenn ich ihn
nicht 'rumschleppen wollte und das Ding quiekste – brr! da
flog mir's an den Kopf. Einmal war's ein Teller, der traf aber nicht
mich, sondern den Jungen und hat ihms Kinn zerschnitten, daß
es zum Erbarmen war. ›Die Narbe behält er sein
lebenlang‹ hat der Doktor gesagt. Ne kuriose Mutter war die!
Zum Henker! Haben wir ein Höllenleben gehabt alle drei, Ben
und ich und das Wurm. Ueber Ben ging's den ganzen Tag los, weil er
nicht mehr zusammenbrachte: schließlich wollt' er's mit was
anderm im Westen probieren, mit Viehhandel. Kaum ist er eine Woche fort
und ich komm' abends heim vom Zeitungsverkaufen – wupp, sind
die Stuben leer, die Frau im Hause aber sagt mir, Dame Minna sei mir
nichts dir nichts auf und davon – hast du nicht gesehen!
Irgendwer hat behauptet, sie sei übers Wasser, um bei einer
Dame Kindsfrau zu werden – nett für die! Fort und
verschwunden war sie und weder Ben noch ich hörten mehr was
von ihr. Ich an seiner Stell' war froh gewesen, die los zu sein, aber
er war's nicht; du lieber Himmel, war der verliebt bis über
die Ohren, wenigstens im Anfang. Na, sauber war sie, wenn sie
aufgeputzt war und gerad' nicht in Wut. Ein Paar pechschwarze Augen im
Kopfe und schwarzes Haar bis zu den Knieen, das hat sie zu einem Strick
gedreht, dick wie mein Arm, sag' ich Ihnen, und um den Kopf 'rum
gelegt, weiß nicht, wie oft, Herr, und die Augen, wen sie so
damit anblitzen wollte! Es hieß, sie sei halb italienisch
– ihre Eltern kamen von dort, drum sei sie so schief
gewickelt. Das war eine Person – na so was!«
Ben schrieb seinem Bruder hie und da aus dem Westen. Lang war
es ihm schlecht genug ergangen, und er hatte viel umherwandern
müssen, schließlich aber hatte er sich in Kalifornien
auf einer Farm, wo die Viehzucht im großen betrieben wurde,
festgesetzt und hatte um die Zeit, als Dicks Beziehungen zu Mr. Hobbs
angeknüpft wurden, seinen regelmäßigen
Verdienst.
»Das Weib, das hat ihn um seine fünf Sinne
gebracht,« sagte Dick. »Mir hat der arme Teufel oft
leid gethan.«
Sie saßen eben miteinander unter der
Ladenthüre, und Mr. Hobbs stopfte seine Pfeife.
»Er hätte nicht heiraten sollen,«
sprach er orakelhaft, während er aufstand, um sich ein
Zündhölzchen zu holen. »Weiber –
ich für mein Teil hab' nie begreifen können, zu was
die gut sein sollen.«
Während er das Zündhölzchen
bedächtig aus der Schachtel nahm, warf er einen Blick auf sein
Pult.
»Zum Kuckuck!« rief er, »da liegt
ja ein Brief! Hab' den vorhin gar nicht gesehen. Der
Briefträger hat ihn wohl nur so hingelegt, oder hat die
Zeitung drüber gelegen?«
Er nahm ihn auf und studierte die Adresse.
»Der ist ja von ihm!« lautete seine Ansicht.
»Von ihm und von keinem andern!«
Die Pfeife war vergessen; ganz aufgeregt setzte er sich
wieder, zog sein Taschenmesser heraus und schnitt mit liebevoller
Vorsicht das Couvert auf.
»Will nur sehen, was er diesmal Neues
weiß,« bemerkte er.
Dann entfaltete er das Blatt und las seinem neuen Freunde
folgendes vor:
Schloß Dorincourt
»Mein
lieber Mr. Hobbs. ich schreibe das in großer Eile weil ich
ihnen etwas wunderliches zu sagen habe worüber sie sich ser
erstaunen würden mein lieber Freund wenn sie es
hören, es ist alles ein irtum und ich bin kein Lord und ich
mus nie ein Graf werden weil eine Dame da ist die war mit meinem Onkel
Bevis ferheirathet der jetz tod ist und sie hat einen kleinen son und
der ist Lord Fauntleroy denn so ist es in England das der kleine son
von dem eltesten son des Grafen Graf wird wenn alle andern tod sind ich
meine wenn sein fater und Großvater tod sind, mein
Großvater ist nicht tod aber mein Onkel Bevis und deshalb ist
sein son Lord Fauntleroy weil mein fater der jüngste son
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