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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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ausverkauftem Haus, der Kunstreiter verprügelt den
Clown, der Zauberkünstler küsst die appetitliche Blondine, mehr kann man nicht
verlangen! Die Frage ist nur, ob ein so seriöser Herr wie Professor Jokus von
Pokus die Rolle des Liebhabers spielen will.« Er blickte zu dem ›seriösen
Herrn‹ hinüber und riss die Augen auf.
    Denn
das Marzipanfräulein, von Beruf Luftspringerin, hatte sich zärtlich an den
Zauberkünstler geschmiegt und meinte: »Er wird schon wollen.«
    Und
der Jokus fügte, ein bisschen verlegen, hinzu: »Ich werde wohl müssen.«
    »Oha«,
sagte Drinkwater. »Allmählich dämmert’s mir. Die Wirklichkeit war früher da als
ich.«
    »Stimmt.«
Direktor Brausewetter freute sich wie ein Kind.
    »Auch
der Clown und die vertauschten Fräcke und der Sturz vom Pferd – ich habe nichts
erfunden, sondern alles ist neulich in meinem Zirkus passiert!«
    »Hoch
lebe die Wirklichkeit«, erklärte Mister Drinkwater vergnügt. »Manchmal hat das
Leben fast so gute Einfälle wie die Filmleute.« Da lachten die anderen und er
lachte fleißig mit.
    Dann
aber wurde er todernst, setzte sich kerzengerade und sagte: »Die so genannten
künstlerischen Fragen wären damit fürs Erste erörtert. Auch das musste sein.
Doch jetzt beginnt der wichtigere Teil unsrer Konferenz, nämlich der
geschäftliche.«
    »Ich
beantrage Vertagung«, meinte der Jokus. »Der Junge muss ins Bett. Es ist
höchste Eisenbahn.«
    »Bringen
Sie ihn in seine Streichholzschachtel«, riet der Amerikaner. »Dann verhandeln
wir weiter.«
    Der
Jokus schüttelte energisch den Kopf. »Ausgeschlossen. Er ist mein Partner.«
Plötzlich zuckte er zusammen. »Wo bist du denn überhaupt?«
    Es
war, als habe der Blitz eingeschlagen. Alle starrten auf den Tisch. Der kleine
Mann war verschwunden!
    »Mäxchen!«,
rief der Jokus. »Liebling!«, rief Rosa Marzipan.
    »Kleiner!«,
rief Direktor Brausewetter.
    Keine
Antwort.
    »Maxie!«,
rief Mister Drinkwater.
    Sie
saßen still und steif wie hingemalt und hielten die Luft an.
    Nichts.
Kein Laut. Nur draußen vor der Tür ging jemand langsam auf und ab.
    Mit
einem Satz war der Jokus an der Tür. Er riss sie auf. »Wer sind Sie?«
    »Aber
Herr Professor«, antwortete der Mann, »Sie kennen mich doch. Ich bin der
Hoteldetektiv, der auf Mäxchen aufpasst.«
    »Und
wo ist er?«
    »Die
Frage verstehe ich nicht«, meinte der Detektiv perplex.
    »Er
ist bei Ihnen. Ich habe die ganze Zeit die Tür bewacht, damit er nicht wieder
gestohlen wird.«
    »Er
ist fort!«, rief Direktor Brausewetter und zog rasch die weißen Handschuhe aus.
    »Das
ist ganz unmöglich«, erklärte der Detektiv. »Der Blaue Salon hat nur diese eine
Tür, und die habe ich, seit Sie hineingegangen sind, nicht aus den Augen
gelassen.«
    »Und
warum antwortet er nicht, so laut wir auch rufen?«, fragte Drinkwater nervös.
»Er ist verschwunden!«
    »Ausgeschlossen.«
Der Detektiv war nicht aus der Ruhe zu bringen. »Ihre Krawatte ist auch
verschwunden. Trotzdem muss sie noch hier sein.« Tatsächlich. Drinkwaters bunte
Krawatte war fort. Keiner hatte es bemerkt.
    »Auf
geht’s!«, rief Rosa Marzipan zuversichtlich. »In die Knie, meine Herren!«
    Und
schon krochen vier Männer auf allen vieren im Blauen Salon herum. Schade, dass
kein Fotograf in der Nähe war. Es wäre ein prächtiger Schnappschuss geworden.
    Rosa
Marzipan kroch nicht. Ihr Rock war zu eng. Und sie dachte, vier Männer zu ihren
Füßen seien genug. Sie durchforschte die höheren Regionen: die kleinen
Ecktische, die Anrichte, den Bücherschrank, die Vitrine mit dem alten Porzellan
und den zierlichen Schreibtisch aus der Biedermeierzeit. Eine der Schubladen
stand offen und über ihren Rand hing der Zipfel einer bunten Krawatte aus
weicher Foulardseide.
    Behutsam
hob Rosa den Krawattenzipfel hoch und sagte gerührt: »Hier liegt er ja, der
Schurke!«

    Im
Nu waren die vier Männer auf den Beinen. Sie drängten zum Schreibtisch,
klopften die Hosenbeine sauber und blickten verzückt in die offene Schublade.
    Mäxchen
schlief. Er schlief wie ein Murmeltier. Er wachte auch nicht auf, als der Jokus
ihn hochnahm, vorsichtig in die hohle Hand legte und, mit ihm, auf Zehenspitzen
den Salon verließ.
    Erst
als er ihn, oben im Schlafzimmer, in die alte Streichholzschachtel schob,
schlug Mäxchen kurz die Augen auf, murmelte:
    »Ich
war ja soo müde«, doch dann schlief er schon wieder.
    Im
Korridor vorm Schlafzimmer setzte sich der Hoteldetektiv auf einen Stuhl, trank
schwarzen Kaffee und hielt

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