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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Wache. Er durfte nicht schlafen.
    Mister
Drinkwater fuhr ins Hilton und rechnete. Denn er konnte nicht schlafen.
    Und
irgendwo in der großen Stadt Berlin saß Monsieur Boileau mit der merkwürdigen
Reisegesellschaft aus Paris zusammen. Sie wollten nicht schlafen. Sie hatten
finstere Pläne zu besprechen.
    Für
den nächsten Tag. Und mit diesem nächsten Tage, wenn auch nicht gleich mit der
merkwürdigen Reisegesellschaft, beginnt...

DAS DRITTE
KAPITEL
     

Es ist von Geschäften die Rede / Auch Rechnen gehört zu
Leben /
Das geheimnisvolle Kuvert / Herr von Goethe als Lehrmeister
/
Das zweite versiegelte Kuvert / Der Handel ist perfekt.
     
    Die
geschäftlichen Verhandlungen begannen gleich nach dem Frühstück. Wieder
bewachte ein Hoteldetektiv den Blauen Salon, aber es war ein anderer Mann. Denn
der Detektiv, der am Abend vorher und während der ganzen Nacht aufgepasst
hatte, war natürlich müde und musste schlafen. Sie lösten einander alle zwölf
Stunden ab.
    Von
den Geschäften will ich nur das Notwendigste erzählen, weil ich weiß, dass sich
Kinder dafür nicht sonderlich interessieren. Es ist ihnen tausendmal lieber,
wenn ein einäugiger Pferdedieb mit dem Lasso eingefangen wird oder wenn der
beschwipste Bürgermeister beim Dirigieren der Feuerwehrkapelle in die Pauke
fällt. Damit verglichen sind geschäftliche Verhandlungen langweilig.
    Trotzdem
darf ich um die Konferenz im Blauen Salon keinen Bogen machen. Erstens ist sie
für unsere Geschichte wichtig. Und zweitens lernt ihr das Zusammenzählen,
Abziehen, Malnehmen und Teilen in der Schule ja nicht nur, um den Lehrern und
dem Rektor einen Gefallen zu tun. Wer nicht rechnen kann, wird eines Tages
große Augen machen. Man wird ihn manchmal hineinlegen, dass es nur so qualmt.
Denn nicht alle guten Rechner, mit denen man im Leben zu tun hat, sind gute
Menschen.
    »Was
ich kaufen will und zu welchem Zweck, habe ich dargelegt«, sagte Mister John F.
Drinkwater. »Nun sind Sie an der Reihe, Professor. Nennen Sie mir den Preis.«
    »Zeig
ihm doch das Kuvert«, riet Mäxchen. Er saß wieder an dem kleinen Tisch oben auf
dem großen Tisch und löffelte an einem Ananastörtchen.

    »Was
für ein Kuvert?«, fragte Drinkwater verwundert.
    Rosa
Marzipan lächelte spitzbübisch. »Wir Zirkusleute sind ein raffiniertes Völkchen,
mein lieber John.«
    »Unser
Preis steht auf einem Zettel«, erklärte Mäxchen. »Der Zettel steckt in einem
Kuvert. Das Kuvert ist versiegelt. Und das versiegelte Kuvert steckt in der
Brusttasche meines Vormunds und Partners Jokus von Pokus.«
    Direktor
Brausewetter war überrascht und gekränkt. »Davon weiß ich ja gar nichts!« Er
zog die grauen Handschuhe aus und saß, ganz gegen seine Gewohnheit, etwa eine
halbe Stunde mit völlig nackten Händen da. Weil er noch nicht wusste, ob er die
weißen oder die schwarzen Handschuhe anziehen solle.
    »Lieber
Brausewetter«, sagte der Jokus, »der Vertrag zwischen Mister Drinkwater und
Ihrem Zirkus ist eine Sache für sich. Damit haben wir nichts zu tun. Auf dem
Zettel im Kuvert steht nur der Preis, den Mäxchen, Fräulein Marzipan und ich
verlangen.«
    »Ihr
versiegeltes Kuvert macht mich nervös«, erklärte Mister Drinkwater. »Ich will
einen Film in Breitwand und Farbe drehen. Ich will außerdem Mäxchens Geschichte
in sechs Fortsetzungen fürs Fernsehen produzieren. Das wird ein teurer Spaß.
Deshalb brauche ich die Weltrechte für zehn Jahre. Und deshalb brauche ich Ihr
Mäxchen, Sie selber und Ihr Fräulein Braut als Hauptdarsteller für die Monate
Oktober und November im Kronebau in München. Das ist doch alles sonnenklar.«
    »Der
Film wird ja gar kein teurer Spaß«, rief Mäxchen.
    »Mein
Partner hat Recht«, sagte der Jokus liebenswürdig. »Ihr Film wird, samt der
Fernsehserie, keinen Dollar teurer als jeder andere Zirkusfilm. Aber er wird
mindestens zehnmal so viel Geld einspielen wie jeder andere. Weil noch nie
vorher der Star nur fünf Zentimeter groß war. So etwas hat die Welt noch nicht
gesehen, und jeder Erdbewohner wird ins nächste Kino rennen.«
    »Sie
werden sich dumm und dämlich verdienen!«, rief Mäxchen begeistert.
    Die
anderen blickten ihn missbilligend an.
    »Schon
gut«, brummte Drinkwater. »Also, vielleicht wird unser Film wirklich ein großes
Geschäft. Aber was soll das versiegelte Kuvert? Und wo ist es?«
    Der
Jokus holte einen Briefumschlag aus der Tasche, legte ihn auf den Tisch und
sagte: »Hier.« Doch als der Amerikaner danach greifen wollte, hielt er

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