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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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weiß wie die Wand. »Da... das ist doch unmöglich! So viel Geld gibt’s
ja gar nicht!«
    Der
Professor nickte. »Wenn ich gemerkt hätte, dass Sie viel zu wenig böten, hätte
ich viel zu viel verlangt. Damit wären unsere Verhandlungen…«
    »…geplatzt!«,
rief Mäxchen fröhlich.
    »Und
wir hätten auf einen solideren Käufer gewartet«, fügte Rosa Marzipan hinzu.
    »Sie
sind ein raffiniertes Trio«, sagte Drinkwater. »Und wenn Sie während der
Filmaufnahmen nur halb so gut sein sollten wie heute, wird der Film ein
Meisterwerk.«
    »Er
wird eines. Wollen wir wetten?«, fragte Mäxchen.
    Drinkwater
hob abwehrend die Hände. »Wetten? Mit einem so gerissenen Kerlchen wie dir? Ich
werde mich hüten. So reich bin ich nicht.«
    »Aber
ich bin jetzt reich«, sagte Mäxchen stolz. »Darf ich Sie zu einem
Ananastörtchen einladen?«
    »Pfui
Spinne! Ananastörtchen! Ein doppelter Whisky wäre mir wesentlich lieber.«
    »Geht
in Ordnung«, meinte Mäxchen. »Nur eines verstehe ich nicht: wieso ein Mann, der
so gerne Whisky trinkt, ausgerechnet Drinkwater heißt.«
     
    Eigentlich
wollte ich ja im dritten Kapitel noch über das ›Unternehmen Dornröschen‹
berichten. Doch die Affäre mit den drei Zetteln und den zwei Kuverts hat mich
länger aufgehalten, als ich dachte. Und allzu lange Kapitel mag ich nicht.
Deshalb beginnt nun...

DAS VIERTE
KAPITEL
     

Das Unternehmen Dornröschen / Hauptwachtmeister Mühlen
schulte erinnert sich dunkel / Der Kahle Otto hat wieder einmal Durst / Was soll das
Klavier in der Luft? /
Kommissar Steinbeiß packt die Koffer / Zirkus Stilke gastiert in Glasgow und
London.
     
    In
der Nacht, die diesem Tag folgte, geschah ein Aufsehen erregender Überfall. Er vollzog
sich lautlos. Die Täter entkamen unerkannt. Sie raubten weder Geld noch Pelze
oder Juwelen. Sie raubten zwei Gefangene. Sie überfielen kein Schmuckgeschäft
und kein Bankgebäude. Sie überfielen das Untersuchungsgefängnis.
    Das
war natürlich eine bodenlose Frechheit. Doch außerdem war es etwas Neues. Und
Presse, Funk und Tagesschau knöpften sich die Neuigkeit gründlich vor. Aber das
war später und überhaupt zu spät. Man konnte nur noch lachen oder schimpfen.
    Der
Polizeipräsident schimpfte. Der Gefängnisdirektor trat von seinem Posten
zurück. Und Kriminalkommissar Steinbeiß ließ sich beurlauben. Aber was half’s?
Die Polizei fühlte sich bis auf die Knochen blamiert.
    Dabei
hatte der Gefängnisdirektor den Überfall immerhin als Erster entdeckt.
Allerdings, schätzungsweise, sechs bis sieben Stunden danach. Aber das war
nicht seine Schuld. Denn Doktor Heublein, so hieß er, wohnte ja nicht im
Gefängnis, sondern in einem Vorort der Stadt.
    Es
wird am besten sein, wenn ich alles der Reihe nach erzähle.
    Das
ist noch immer die richtige Methode. Neu ist sie nicht, nein.
    Doch
wozu auch? Neues muss nicht immer richtig und Richtiges muss nicht immer neu
sein.
     
    Also:
Herr Doktor Heublein fuhr, wie jeden Morgen, Punkt acht Uhr am Gefängniseingang
vor und hupte dreimal, damit man ihm das Tor aufschließe. Aber es öffnete
niemand. Er wartete und hupte wieder. Nichts rührte sich. Das war noch nie
vorgekommen.

    Wütend
kletterte er aus dem Wagen, stellte sich auf die Zehenspitzen und blickte durch
das vergitterte Fenster in die Wachstube.
    Zunächst
verschlug es ihm die Sprache. Dann sagte er zu sich selbst: »So etwas gibt’s
doch gar nicht.« Er trommelte mit der Hand gegen die Scheibe. »Witschoreck!«,
rief er. »Was fällt Ihnen eigentlich ein?«
    Wachtmeister
Witschoreck saß vorm Schreibtisch und schlief.
    Neben
seinem Stuhl lag die Schäferhündin Diana und schlief. Da half kein Trommeln.
    Doktor
Heublein rannte zum Tor und schlug mit den Fäusten dagegen. Knarrend bewegte
sich der eine eiserne Torflügel.
    Heublein
hörte, wie drinnen der schwere Schlüsselbund klapperte.
    Um
alles in der Welt, sein Gefängnis war nicht abgeschlossen! Er warf sich mit
letzter Kraft gegen das massive Tor, bis es so weit 68
    aufging,
dass er zitternd in den Hof wanken konnte. Dann schob er den Torflügel zu,
drehte den Schlüssel im Schloss um und wollte gerade ein bisschen aufatmen.
Doch daraus wurde nichts.
    Denn
er erblickte zwar den Hauptwachtmeister Mühlenschulte, der den Schäferhund
Pluto an der Stahlkette hielt, aber sie erblickten ihn nicht. Sie lagen
friedlich am Boden und schliefen.
    Doktor
Heublein ging knieweich über den Hof zum Gefängnisbau hinüber. Ihm sträubten
sich die Haare. Auch diese Tür stand

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