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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Sprühstoffs analysiert, mit dem das Gefängnis
eingeschläfert wurde.
    Doch
das hilft uns keinen Schritt weiter. Was nützt uns eine chemische Formel?«
    Mister
Drinkwater erhob sich energisch. »Auf in den Kampf!«, sagte er. »Packen Sie
Ihre Koffer!«
    Am
übernächsten Tag flog Kommissar Steinbeiß nach New York, und wir werden längere
Zeit nichts von ihm hören.
    Mister
Drinkwater saß häufig im Zirkus Stilke und machte sich Notizen. Noch öfter kam
er zu Mäxchen, dem Jokus und Rosa Marzipan ins Hotel. Manchmal war auch der
Schüler Jakob Hurtig dabei. Und meist sprachen sie von dem Film, den sie im
Oktober und November in München drehen wollten. Jakob wusste schon, dass er ein
paar Wochen schulfrei bekäme, um mitspielen zu können. »Ich freue mir noch ein
mittelgroßes Loch in den Kopf«, sagte er. »Das wird der Film des Jahrhunderts.
Warum ist denn noch nicht Oktober?«
    »Weil
du noch vor einigen Tagen Kirschkerne auf die Straße gespuckt hast«, sagte
Mäxchen. »Bring bloß nicht den Kalender durcheinander!«

    Diese
Bitte war nur zu berechtigt. München war noch nicht an der Reihe. Im August
gastierte der ›Zirkus Stilke‹ in der Kelvin Hall in Glasgow, droben in
Schottland. Im September trat man in London auf. In der Olympia Hall. Der
Erfolg war, wie sogar die ›Times‹ schrieb, ohne Beispiel. ›Maxie ist das Wunder
Nummer eins‹ hieß es.
    Und
erst am vorletzten Septembertag war es dann so weit.
    Wieder
wurden die Menschen und die Tiere verladen. Wieder ratterte ein Güterzug mit
den Käfigen und Wohnwagen durch die Nacht. Wieder überquerte man, diesmal
zwischen Harwich und Hoek, auf einem Frachtboot den Kanal. Wieder wurden eine
Giraffe, der Kunstreiter Galoppinski und der Löwe Ali seekrank.
    Wieder
ratterte der Zug durch Holland. Diesmal hieß das Ziel: München. Und damit
beginnt...

DAS FÜNFTE
KAPITEL
     

Pressekonferenz in München / Das Dorf auf Rädern / Mäxchen
›frisiert‹ eine Reporterin / Der Kunstreiter Galoppinski
muss sein Pferd um Erlaubnis fragen / Fünf
Portionen Karamellpudding sind zu viel / Wie wär’s
mit einem Ausflug nach Pichelstein?
     
    So
ein Zirkus ist, wie gesagt, keine Kleinigkeit. Und der Zirkusdirektor hat
nichts zu lachen. Er ließe sich am ehesten mit einem Bürgermeister vergleichen.
Mit dem Unterschied, dass in anderen Städten und Dörfern, außer braven
Haustieren, nur Menschen leben und auf gar keinen Fall Löwen, Tiger, Elefanten,
Bären, Affen und Seehunde.
    Und
ein zweiter wichtiger Unterschied kommt hinzu: Der Zirkus ist ein Dorf, das
reist. Jeden Monat oder jeden zweiten Monat wohnt man woanders. Man bricht das
Dorf kurzerhand und über Nacht ab. Und schon am nächsten, spätestens am
übernächsten Tage steht das gleiche Dorf, als sei nichts gewesen, am Rand einer
anderen Großstadt und in einem anderen Land mit einer anderen Sprache. Und am
selben Abend findet die erste Galavorstellung statt. Es grenzt an Hexerei.
    Doch
es wird nicht gehext. Es wird gearbeitet. Jeder Handgriff sitzt. Jeder Mann
funktioniert wie ein Rädchen im Uhrwerk. Der Verlademeister, der Menageriechef,
der Zeltmeister, der Wagenparkchef und der Chef-Elektriker sind die größeren
Rädchen. Und wer hat die ganze Uhr im Kopf und unterm Zylinder? Der Herr
Direktor. Der Bürgermeister des Dorfs auf Rädern. Dazu braucht man Nerven wie
Stricke. Oder, wie Direktor Brausewetter, viele graue und schwarze Handschuhe.
     
    Auch
die Reise von London nach München hatte wie am Schnürchen geklappt. Als
Brausewetter nachmittags die Münchner Presseleute im Zirkus Krone empfing, trug
er blütenweiße Handschuhe, und seine Schnurrbartspitzen standen auf
Schönwetter.
    Er
gab einen kurzen Überblick: »Meine Damen und Herren«, sagte er, »wir sind ein
reisendes Dorf. 150 Angestellte und Artisten leben mit ihren Familien in
Wohnwagen. Sie kochen und verpflegen sich selbst.«
    »Nanu«,
rief ein Fräulein mit Notizblock und Hornbrille. »Sie kochen sich sogar selber?
Schmeckt das denn?«
    Direktor
Brausewetter drohte ihr mit seinem weiß behandschuhten Zeigefinger. »Legen Sie
mich nicht auf die Goldwaage, junge Dame! Ich will ein paar Zahlen nennen,
nichts weiter. Also: Allein für unsere 300 Tiere kaufen wir täglich 150 kg
Fleisch, 20 kg Brot, 100 kg Gemüse und Früchte, 25 Liter Milch, 12 Kubikmeter
Sägemehl und 6 Kubikmeter Erde. Für den Fahrzeugpark brauchen wir pro Tag 400
Liter Treibstoff. Für Lichtmaschine und Heizung 500 Liter Heizöl.«
    »Donnerkiel«,
meinte ein

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