Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
Vom Netzwerk:
Bernhard und der Kahle Otto sind verschwunden?
Das ist ja allerhand. – Wie bitte? Nächtlicher Überfall? Alle schlafen? Auch
die Schäferhunde? – Aha. Ein chemischer Großangriff. Keine Spuren? – Seien Sie
ohne Sorge. Ich lasse den Jungen nicht aus dem Auge. Wie? – Sicher. Es muss
eine ganze Bande gewesen sein. Haben Sie schon in Tempelhof angerufen?
    Der
Flugplatz ist das Wichtigste. Erkundigen Sie sich nach Chartermaschinen! –
Richtig. – Rufen Sie uns wieder an? Schön. Und herzlichen Dank.«
    Als
ihm der Jokus alles berichtet hatte, meinte Mäxchen: »Da steckt Señor Lopez
dahinter oder ich fresse einen Besen.«
    »Hoffentlich
gibt’s so kleine Besen«, sagte der Jokus. »Und nun putze dir die Marmelade aus
dem Gesicht.«
    Mäxchen
putzte. Dann fragte er: »Glaubst du, dass man mich diesmal wieder klauen wollte?«
    Der
Jokus schüttelte den Kopf. »Nein. Die Bande ist sicher längst über alle Berge.
Es war ein Rückzugsgefecht.«
    »Und
warum hat dieser Lopez den Bernhard und den Kahlen Otto aus dem Gefängnis
herausholen lassen? Das war doch sehr gefährlich und sehr teuer. Oder?«
    »Geld
spielt für den Mann überhaupt keine Rolle«, sagte der Jokus und trank den
letzten Schluck Kaffee. »Und was war für ihn gefährlicher? Dass er die zwei
Halunken rauben ließ oder dass es zu einem Prozess gekommen wäre? Wer weiß, was
sie alles verraten hätten, nur um nicht allzu lange eingesperrt zu werden.«
    »Verstehe«,
meinte Mäxchen. »So wird es sein. Und ich bin froh, dass ich den Besen nicht zu
fressen brauche.«
     
    Der
erste Tiefschläfer, der aufwachte, war der Europasieger Pluto.
    Er
riss das Maul auf, aber nur um zu gähnen. Schäferhunde mögen zwar klug sein,
doch vom Reden halten sie nicht viel.
    Der
nächste Schläfer, der sich zu Wort meldete, war Hauptwachtmeister
Mühlenschulte. Er schlug plötzlich die Augen auf, sah sich um und sagte:
»Nanu.«

    Viel
war das nicht. Aber der Polizeipräsident ließ ihm einen Liter schwarzen Kaffee
einflößen. Das half.
    Er
begann sich zu erinnern. »Witschoreck und ich spielten eine Partie Dame, als
die Klingel an der Einfahrt läutete. Ich ging also mit Pluto und dem
Schlüsselbund hinaus, öffnete das Schiebefenster und sah einen Mann in einem
schwarzen, hochgeschlossenen Jackett. Er sei der Stellvertreter des
Gefängnisgeistlichen, behauptete er, und man habe ihn gerufen, weil ihm der
Häftling von Zelle 34 einen Raubüberfall gestehen wolle.«
    »So
ein Blödsinn!«, rief Doktor Heublein aufgebracht.
    »Sie
nehmen mir das Wort aus dem Munde, Herr Direktor. ›So ein Blödsinn‹, sagte ich
zu ihm. Da schob er einen Metallschlauch durch die offene Fensterklappe. Ich
dachte noch: ›Er wird mir doch nicht einen Staubsauger vorführen wollen...
Mitten in der Nacht … Am Gefängnistor …‹ Und…«
    »Und?«,
fragte Obermedizinalrat Dr. Grieneisen.
    »Weiter
weiß ich nichts«, meinte Mühlenschulte. »Totale Mattscheibe. Tut mir Leid.« Er
stutzte. »Witschoreck! Warum schläfst du denn? Gustav! Wach doch auf!«
    Aber
Wachtmeister Witschoreck war noch nicht so weit.
     
    Etwa
um die gleiche Zeit schlug der Kahle Otto die Augen auf und staunte nicht
schlecht. Er saß in einem Flugzeug. Die Morgensonne schien. Der Himmel
schimmerte stahlblau. Man flog über weißen Wolken hin wie über hunderttausend
feinsten Federbetten. »Komisch«, brummte er. »Sieht nicht mehr nach Gefängnis
aus.« Da sagte jemand neben ihm: »Guten Morgen wünsch ich. Ausgeschlafen?«
    Otto
betrachtete seinen Nachbarn misstrauisch. Doch dann grinste er bis hinter die
Ohren. »Boileau, oller Kumpel, wie kommst denn du hierher?«

    »Frag
mich lieber, wie du hierher gekommen bist«, meinte Monsieur Boileau.
    »Eins
nach ’m andern. Erst ’n Schnaps, wenn’s geht. Oder is das ’n alkoholfreies
Flugzeug?« Nach dem dritten Glas fühlte er sich frischer. »Is Bernhard auch
hier?«
    »Ja,
aber er schläft noch.«
    »Schade«,
erklärte der Kahle Otto. »Ich meine, es is schade, dass ihr ’n nich im
Gefängnis gelassen habt. Mensch, kann der eklig sein! Er hat mich wie sein’
Schuhputzer schickeniert. Das liegt mir nich. Lass mich aus der Ecke raus, ich
wisch ihm eine!«
    »Rege
dich nicht auf«, warnte Boileau. »Denke an deinen hohen Blutdruck!«
    »Denken
liegt mir nich«, sagte Otto.
    Boileau
nickte. »Ein Glück, dass du es endlich einsiehst. Deine Dämlichkeit kostet den
Chef viel Geld. Du lässt dich von einem Fünfzentimeterknirps auf den Arm
nehmen. Ihr werdet

Weitere Kostenlose Bücher