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Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Der Kleine Mann und die Kleine Miss

Titel: Der Kleine Mann und die Kleine Miss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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die Essigkisten und schlug
mit den Fäusten gegen die Tür, bis Mausi öffnete. Dann rannte er zum Telefon,
rief die Funkstreife an, dass sie ihm helfe, und ließ sich anschließend mit dem
Polizeipräsidenten verbinden. »Herr Präsident«, sagte er, »ich stelle meinen
Posten zur Verfügung.«
    »Ich
weiß schon, worum sich’s handelt«, antwortete der Polizeipräsident. »Machen Sie
sich nichts daraus, lieber Steinbeiß.
    Diesem
Señor Lopez ist keiner gewachsen. Ich denke nicht im Traum daran, einen so
tüchtigen Mann wie Sie für immer einzubüßen. Aber ich beurlaube Sie für ein
halbes Jahr. Dann sehen wir weiter. Einverstanden?«
    »Einverstanden«,
sagte Steinbeiß. »Und wenn ich den Atlantischen Ozean zu Fuß durchwaten müsste,
diesen Señor Lopez kauf ich mir.«
     
    Am
Abend saß er mit Mister Drinkwater im Hotel Hilton in der Bar. Der Amerikaner
ließ sich alles, was mit dem ›Unternehmen Dornröschen‹ den dürftigen Auskünften
der Interpol und dem geschenkten Klavier zusammenhing, noch einmal haarklein
erzählen. »Und wie soll ich Ihnen helfen?«, fragte er.
    »Ich
muss diesen Lopez finden«, erklärte Steinbeiß. »Er hat mich für dumm verkauft.
Das lasse ich mir nicht bieten. Heute lacht die Welt über mich. Ich will, dass
sie möglichst bald über ihn lacht.«
    »Das
verstehe ich«, sagte Drinkwater. »Sie wollen also nach Südamerika fliegen.«
    »Jawohl.«
    »Und
sich dort mit der Polizei verbünden.«
    »Nein.
Wer so reich wie Lopez ist, hat auch bei der Polizei Freunde. Man würde ihn
warnen, und ich wäre wieder der Lackierte.«
    »Wer
soll Ihnen denn sonst helfen?«
    »Sie.«
    »Ich?«
    »Hören
Sie zu«, bat der Kommissar. »Sie schicken eine Filmexpedition in die Gegend, wo
wir den Señor Lopez vermuten.
    Dass
ein paar Detektive aus New York und Kriminalkommissar Steinbeiß aus Berlin
dabei sind, fällt nicht auf. Wir betätigen uns als Mitglieder der Expedition.
Als Lastwagenfahrer, als Essenholer, als Zeltbauer, mein Freund MacKintosh aus
New York als Dolmetscher. Er kennt Südamerika wie seine Westentasche und ist
einer der gescheitesten Detektive unter der Sonne. Die Expedition dreht
angeblich einen Kulturfilm über Land und Leute, Sitten und Gebräuche,
Schulwesen, seltene Pflanzen und exotische Schmetterlinge…«
    »Ein
grässliches Zeug«, sagte Drinkwater und schüttelte sich.
    »Aber
ich verstehe, was Sie im Sinn haben.«
    »Wir
kurbeln ein paar Kakteen und Papageien und horchen dabei die Leute aus. Dass
dieser Lopez keine Feinde hat, ist vollkommen ausgeschlossen. Wir werden seine
seltsame Burg finden…«
    »So
eine Expedition ist ein teurer Spaß. Sie kann schief gehen.
    Aber
wenn wir auch nur hundert Meter Zelluloid in den Kasten kriegen, die wir
gebrauchen können, finanziere ich die Sache.«
    »Ich
kann nichts versprechen«, sagte der Kriminalkommissar.
    »Ich
habe etwas Geld auf der Bank und eine Lebensversicherung, die man beleihen
kann.«
    »Entweder
mache ich so etwas überhaupt nicht«, antwortete Drinkwater trocken, »oder ich
übernehme das gesamte Risiko, und das werde ich tun. Wann fliegen Sie?«
    »Übermorgen.«
    »Gut.
Sie kabeln Ihrem Freund MacKintosh. Und ich informiere mein Büro in New York.
Die Filmexpedition wird zusammengestellt werden. Alles Nähere erzähle ich Ihnen
morgen. Wie geht’s Ihrer Frau?«
    »Sie
zieht zu ihrer Schwester«, sagte der Kommissar. »Denn zu Hause traut sie sich
nicht mehr vor die Tür. Man lacht uns aus.
    Wir
sind Witzblattfiguren geworden. Heute früh stand, mit Kreide hingeschmiert, an
der Hauswand: ›Klavierunterricht erteilen ab heute vierhändig Kriminalkommissar
a. D. Steinbeiß und Gemahlin / Anmeldungen im 3. Stock.‹ Wir haben die Klingel
abgestellt und das Telefon auf Kundendienst schalten lassen. Es war nicht mehr
zum Aushalten.«
    »Dieser
Lopez ist ein Erzgauner«, sagte Mister Drinkwater.
    »Aber
wer sind seine hiesigen Hintermänner? Wer hat das Klavier bezahlt? Wer hat den
Krankenwagen bestellt? Und wer die zehn Kisten mit dem blöden Essig?«
    »Die
Polizei weiß es nicht. Lauter falsche Namen und Adressen. Nur die Geldscheine
waren echt.«
    »Wer
hat das Charterflugzeug gemietet? Wer war der Reiseleiter? Wer war der Pilot?
Wie wurde das ›Unternehmen Dornröschen‹ im Einzelnen durchgeführt? Wo ist das
Flugzeug von Tempelhof aus mit diesem Kahlen Otto und dem Bernhard
hingeflogen?«
    »Die
Polizei weiß es nicht. In Paris wissen sie so wenig wie wir. Unser Laboratorium
hat die Zusammensetzung des

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