Der Kleine Prinz (German Edition)
und mitnehmen. Wenn ich eine Blume habe, kann ich meine Blume pflücken und mitnehmen. Aber du kannst die Sterne nicht pflücken!«
»Nein, aber ich kann sie in die Bank legen.«
»Was soll das heißen?«
»Das heißt, dass ich die Zahl meiner Sterne auf ein kleines Papier schreibe. Und dann sperre ich dieses Papier in eine Schublade.«
»Und das ist alles?«
»Das genügt.«
Das ist amüsant, dachte der kleine Prinz. Es ist fast dichterisch. Aber es ist nicht ganz ernst zu nehmen.
Der kleine Prinz dachte über die ernsthaften Dinge völlig anders als die großen Leute.
»Ich«, sagte er noch, »ich besitze eine Blume, die ich jeden Tag begieße. Ich besitze drei Vulkane, die ich jede Woche kehre. Denn ich kehre auch den erloschenen. Man kann nie wissen. Es ist gut für meine Vulkane und gut für meine Blume, dass ich sie besitze. Aber du bist für die Sterne zu nichts nütze …«
Der Geschäftsmann öffnete den Mund, aber er fand keine Antwort, und der kleine Prinz verschwand.
Die großen Leute sind entschieden ganz ungewöhnlich, sagte er sich auf der Reise.
XIV
Der fünfte Planet war sehr sonderbar. Er war der kleinste von allen. Es war da gerade Platz genug für eine Straßenlaterne und einen Laternenanzünder. Der kleine Prinz konnte sich nicht erklären, wozu man irgendwo im Himmel, auf einem Planeten ohne Haus und ohne Bewohner, eine Straßenlaterne und einen Laternenanzünder braucht. Doch sagte er sich:
Es kann ganz gut sein, dass dieser Mann ein bisschen verrückt ist. Doch ist er weniger verrückt als der König, der Eitle, der Geschäftsmann und der Säufer. Seine Arbeit hat wenigstens einen Sinn. Wenn er seine Laterne anzündet, so ist es, als setzte er einen neuen Stern in die Welt oder eine Blume. Wenn er seine Laterne auslöscht, so schlafen Stern oder Blume ein. Das ist eine sehr hübsche Beschäftigung. Es ist auch wirklich nützlich, da es hübsch ist.
Als er auf dem Planeten ankam, grüßte er den Laternenanzünder ehrerbietig.
»Guten Tag. Warum hast du deine Laterne eben ausgelöscht?«
»Ich habe die Weisung«, antwortete der Laternenanzünder. »Guten Tag.«
»Was ist das, ›die Weisung‹?«
»Die Weisung, meine Laterne auszulöschen. Guten Abend.«
Und er zündete sie wieder an.
»Aber warum hast du sie soeben wieder angezündet?«
»Das ist die Weisung«, antwortete der Anzünder.
»Ich verstehe nicht«, sagte der kleine Prinz.
»Da ist nichts zu verstehen«, sagte der Anzünder. »Die Weisung ist eben die Weisung. Guten Tag.«
Und er löschte seine Laterne wieder aus.
Dann trocknete er sich die Stirn mit einem rotkarierten Taschentuch.
»Ich tue da einen schrecklichen Dienst. Früher ging es vernünftig zu. Ich löschte am Morgen aus und zündete am Abend an. Den Rest des Tages hatte ich zum Ausruhen und den Rest der Nacht zum Schlafen …«
»Ich tue da einen schrecklichen Dienst.«
»Und seit damals wurde die Weisung geändert?«
»Die Weisung wurde nicht geändert«, sagte der Anzünder. »Das ist ja das Trauerspiel! Der Planet hat sich von Jahr zu Jahr schneller und schneller gedreht und die Weisung ist die gleiche geblieben!«
»Und?«, sagte der kleine Prinz.
»Und jetzt, da er in der Minute eine Umdrehung macht, habe ich nicht mehr eine Sekunde Ruhe. Jede Minute zünde ich einmal an, lösche ich einmal aus!«
»Das ist lustig! Die Tage dauern bei dir eine Minute!«
»Das ist ganz und gar nicht lustig«, sagte der Anzünder. »Das ist nun schon ein Monat, dass wir miteinander sprechen.«
»Ein Monat?«
»Ja, dreißig Minuten. Dreißig Tage! Guten Abend.«
Und er zündete seine Laterne wieder an.
Der kleine Prinz sah ihm zu, und er liebte diesen Anzünder, der sich so treu an seine Weisung hielt. Er erinnerte sich der Sonnenuntergänge, denen er früher nachging, indem er seinen Sessel weiterrückte. Er wollte seinem Freund beispringen:
»Weißt du … ich kenne ein Mittel, wie du dich ausruhen könntest, wenn du wolltest …«
»Ich will immer«, sagte der Anzünder.
Denn man kann treu und faul zugleich sein.
Der kleine Prinz fuhr fort:
»Dein Planet ist so klein, dass du mit drei Sprüngen herumkommst. Du musst nur langsam genug gehen, um immer in der Sonne zu bleiben. Willst du dich ausruhen, dann gehst du … und der Tag wird so lange dauern, wie du willst.«
»Das hat nicht viel Witz«, sagte der Anzünder, »was ich im Leben liebe, ist der Schlaf.«
»Dann ist es aussichtslos«, sagte der kleine Prinz.
»Aussichtslos«, sagte
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