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Der Kleine Prinz (German Edition)

Der Kleine Prinz (German Edition)

Titel: Der Kleine Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine de Saint-Exupéry
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ihm:
    »Aber … was machst denn du da?«
    Da wiederholte es ganz sanft, wie eine sehr ernsthafte Sache:
    »Bitte … zeichne mir ein Schaf …«
    Wenn das Geheimnis zu eindrucksvoll ist, wagt man nicht zu widerstehen. So absurd es mir erschien – tausend Meilen von jeder menschlichen Behausung und in Todesgefahr –, ich zog aus meiner Tasche ein Blatt Papier und eine Füllfeder. Dann aber erinnerte ich mich, dass ich vor allem Geografie, Geschichte, Rechnen und Grammatik studiert hatte, und missmutig sagte ich zu dem Männchen, dass ich nicht zeichnen könne. Es antwortete:

Das ist das beste Porträt, das ich – erst zu einem späteren Zeitpunkt – in der Lage war zu malen.

»Das macht nichts. Zeichne mir ein Schaf.«
    Da ich nie ein Schaf gezeichnet hatte, machte ich ihm eine von den einzigen zwei Zeichnungen, die ich zuwege brachte. Die von der geschlossenen Riesenschlange. Und ich war höchst verblüfft, als ich das Männchen sagen hörte:
    »Nein! Nein! Ich will keinen Elefanten in einer Riesenschlange. Eine Riesenschlange ist sehr gefährlich und ein Elefant braucht viel Platz. Bei mir zu Hause ist wenig Platz. Ich brauche ein Schaf. Zeichne mir ein Schaf.«
    Also habe ich gezeichnet.
    Das Männchen schaute aufmerksam zu, dann sagte es:
    »Nein! Das ist schon sehr krank. Mach ein anderes.«

    Ich zeichnete.
    Mein Freund lächelte artig und mit Nachsicht:
    »Du siehst wohl … das ist kein Schaf, das ist ein Widder. Es hat Hörner …«

    Ich machte also meine Zeichnung noch einmal. Aber sie wurde ebenso abgelehnt wie die vorigen:
    »Das ist schon zu alt. Ich will ein Schaf, das lange lebt.«

    Mir ging die Geduld aus, es war höchste Zeit, meinen Motor auszubauen, so kritzelte ich diese Zeichnung da zusammen und knurrte dazu:
    »Das ist die Kiste. Das Schaf, das du willst, steckt da drin.«

    Und ich war höchst überrascht, als ich das Gesicht meines jungen Kritikers aufleuchten sah:
    »Das ist ganz so, wie ich es mir gewünscht habe. Meinst du, dass dieses Schaf viel Gras braucht?«
    »Warum?«
    »Weil bei mir zu Hause alles ganz klein ist …«
    »Es wird bestimmt ausreichen. Ich habe dir ein ganz kleines Schaf geschenkt.«
    Er neigte den Kopf über die Zeichnung:
    »Nicht so klein wie … Aber sieh nur! Es ist eingeschlafen …«
    So machte ich die Bekanntschaft des kleinen Prinzen.

III
    Ich brauchte lange Zeit, um zu verstehen, woher er kam. Der kleine Prinz, der viele Fragen an mich richtete, schien die meinen nie zu hören. Zufällig aufgefangene Worte haben mir nach und nach sein Geheimnis enthüllt. So fragte er, als er zum ersten Mal mein Flugzeug sah (ich werde mein Flugzeug nicht zeichnen, das ist eine viel zu komplizierte Sache für mich):
    »Was ist das für ein Ding da?«
    »Das ist kein Ding. Das fliegt. Das ist ein Flugzeug. Es ist mein Flugzeug.«

    Und ich war stolz, ihm sagen zu können, dass ich fliege. Da rief er:
    »Wie! Du bist vom Himmel gefallen?«
    »Ja«, sagte ich bescheiden.
    »Ah! Das ist ja lustig …«
    Und der kleine Prinz bekam einen ganz tollen Lachanfall, der mich ordentlich ärgerte. Ich lege Wert darauf, dass meine Unfälle ernst genommen werden.
    Er aber fuhr fort:
    »Also auch du kommst vom Himmel! Von welchem Planeten bist du denn?«
    Da ging mir ein Licht auf über das Geheimnis seiner Anwesenheit, und ich fragte hastig:
    »Du kommst also von einem anderen Planeten?«
    Aber er antwortete nicht. Er schüttelte nur sanft den Kopf, indem er mein Flugzeug musterte:
    »Freilich, auf dem Ding da kannst du nicht allzu weit herkommen …«
    Und er versank in eine Träumerei, die lange dauerte. Dann nahm er mein Schaf aus der Tasche und vertiefte sich in den Anblick seines Schatzes.

Der kleine Prinz auf dem Asteroiden B 612
    Ihr könnt euch vorstellen, wie stark diese Andeutung über die »anderen Planeten« mich beunruhigen musste. Ich bemühte mich also, mehr zu erfahren:
    »Woher kommst du, mein kleines Kerlchen? Wo bist du denn zu Hause? Wohin willst du mein Schaf mitnehmen?«
    Er antwortete nach einem nachdenklichen Schweigen:
    »Die Kiste, die du mir da geschenkt hast, hat das Gute, dass sie ihm nachts als Haus dienen kann.«
    »Gewiss. Und wenn du brav bist, gebe ich dir auch einen Strick, um es tagsüber anzubinden. Und einen Pflock dazu.«
    Dieser Vorschlag schien den kleinen Prinzen zu kränken:
    »Anbinden? Was für eine komische Idee!«
    »Aber wenn du es nicht anbindest, wird es doch weglaufen …«
    Da brach mein Freund in ein neuerliches

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